Dossier

Hate Speech - Hassrede im Netz

Im echten (analogen) Leben sind wir eher selten offenen Beleidigungen oder Hass ausgesetzt. Im Internet hingegen lesen wir deutlich häufiger wütende, hasserfüllte Kommentare, Snaps, Tweets und Posts - gegen uns oder gegen andere. Für diesen Hass im Netz gibt es den Begriff „Hate Speech“.

Hate Speech ist ein Phänomen, dem fast 80 Prozent der Onliner ab 14 Jahren schon einmal im Internet begegnet sind. Besonders stark zeigt sich das bei jungen Menschen im Alter zwischen 14 und 24 Jahren, von denen nur wenige ein Internet ohne Hass(kommentare) kennen. Das macht die jährliche forsa-Umfrage im Auftrag der Landesanstalt für Medien NRW (LfM) deutlich.

Nach oben

Was ist Hate Speech?

Hate Speech ist ein Begriff aus dem Englischen. Er bezeichnet Hassreden, die Nutzerinnen und Nutzer im Internet und in sozialen Netzwerken posten, liken und rechtfertigen.

Gegen wen richtet sich Hate Speech?

Hasspostings enthalten Äußerungen, die Einzelne oder Gruppen diskriminieren, zum Beispiel wegen ihrer Herkunft, Religion, ihrer sozialen Zugehörigkeit, wegen einer Behinderung oder wegen ihres Geschlechts. Ziel der sogenannten Hater ist es, Hass auszudrücken und zu verbreiten und Gruppen oder einzelne Personen abzuwerten. Die Täter versuchen, Gruppen oder Einzelne als weniger wert darzustellen.

Der Fachbegriff dafür ist „Diskriminierung". Bei Diskriminierung werden einzelne Personen oder Personengruppen anders als der Rest der Bevölkerung behandelt und dadurch benachteiligt bzw. schlechtergestellt.

Hasskommentare normalisieren häufig Diskriminierung, bilden eine „Wir“ und eine „Ihr“-Gruppe oder nutzen manchmal Verschwörungstheorien. Welche Elemente Hate Speech kennzeichnet, hat die Amadeu-Antonio-Stiftung hier aufgelistet.

Nach oben

Welche Rolle spielt das Internet?

Das Internet ist die Plattform für Hate Speech. Im Netz hat Hate Speech eine große Reichweite und verbreitet sich schnell. Die Eindämmung von Hasskommentaren ist dadurch schwierig und diskriminierende, hasserfüllte Äußerungen sind für jeden zugänglich.

Das führt zu folgenden Problemen: 

  • Verzerrtes Bild von der Verbreitung von Hass
    Ziel ist es, mit Hass-Kampagnen in Kommentarspalten den Eindruck zu erwecken, die Hetze stelle ein verbreitetes Meinungsbild dar, das also die Debatte eine gesellschaftliche Stimmung abbilde. Die reale Meinung der Mehrheit kommt oft nicht zum Ausdruck, denn die Meinung einer kleinen Minderheit stellt sich durch die einfache Verbreitung im Netz als Meinung der Mehrheit dar.
     
  • Anonymität im Netz
    Wer Hassreden verbreitet, kann dank falscher Profile sehr einfach anonym bleiben und von mehreren Accounts gleichzeitig schreiben. Eine rechtliche Verfolgung der Täter wird dadurch erschwert. Eine Untersuchung des Londoner Institute for Strategic Dialogue auf Grundlage von Hunderten Diskussionen unter Facebook-Beiträgen von Bild, Focus Online, Kronen-Zeitung, Spiegel Online, tagesschau.de, Welt und den ZDF-Heute-Nachrichten zeigt: Die Hälfte der Likes bei Hasskommentaren auf Facebook gehen auf nur fünf Prozent der Accounts zurück. Der Analyse zufolge lassen sich 25 Prozent der Likes auf nur ein Prozent der Profile zurückführen.
     
  • Enthemmterer Hass
    Im realen Leben sieht jemand, der andere beleidigt und diskriminiert, die Reaktion des Opfers. Anders ist das im Netz: Der Täter wird nicht direkt mit der Reaktion des Opfers konfrontiert und muss keine direkte kritische Reaktion der Umwelt fürchten. Das enthemmt das Verhalten der Hassredner und die psychische Hetze kann noch extremere Formen annehmen.

Hate Speech auf Facebook und YouTube

Die Betreiber sozialer Netzwerke sind seit Februar 2022 nicht nur dazu verpflichtet, Hassdelikte zu löschen, sondern diese auch beim Bundeskriminalamt zu melden (Quelle). 

Seit ein paar Jahren gehen Facebook und YouTube verstärkt gegen Hate Speech vor. So entfernte Facebook etwa im ersten Quartal 2020 rund zehn Millionen Inhalte der Kategorie „Hate Speech“ von der Plattform, wie Statista berichtet. Die erhöhte Anzahl der gelöschten Posts und Kommentare seien nach Angaben des US-Konzerns vor allem auf eine Verbesserung der hauseigenen Erkennungstechnologie zurückzuführen.

YouTube hat im zweiten Quartal 2019 über 100.000 Videos mit Hate Speech Inhalten gelöscht, mehr als 17.000 Kanäle gesperrt und über 500 Millionen Kommentare entfernt, wie die Infografik bei Statista zeigt. Im Kontext wirken diese Zahlen nicht so beeindruckend: In den ersten neun Monaten des Jahres 2019 hat YouTube 26 Millionen Videos gelöscht - davon nur 0,6 Prozent aufgrund von Hate Speech.

Nach oben

Folgen von Hate Speech

Folgen für die Opfer

Hass im Netz, das sind doch nur Worte, oder? Nein. Worte sind ein Mittel, um Menschen auszugrenzen. Je hilfloser man sich dabei fühlt, je größer diese Bedrohung im Netz ist, desto schwieriger können wir es verarbeiten. Hass ist nicht folgenlos. Betroffene leiden häufig unter den Auswirkungen, die Hass haben kann. Dazu gehören unter anderem ein geringes Selbstbewusstsein, eine geminderte Leistungsfähigkeit, Ess- oder Schlafstörungen und im Extremfall Selbstmordgedanken.

Wie kann ich als Betroffener oder als Betroffene mit Hate Speech umgehen? Wer selbst Opfer von Hass im Netz ist oder diesem begegnet, kann den Kommentar oder Post melden oder eventuell selbst löschen. Wie man auf Hate Speech auch rechtlich reagieren kann, haben wir hier aufgelistet.

Grundsätzlich hilft ein Austausch mit anderen Betroffenen, auch sollte das soziale Umfeld miteinbezogen werden. Rede mit deinen Eltern, Freunden oder anderen Vertrauenspersonen darüber, was dir im Netz begegnet. 
 

Folgen für die Täter

Hasspostings bleiben allerdings auch für die Täter nicht folgenlos. Wenn andere Nutzerinnen und Nutzer ihre Texte melden, müssen Sie mit Löschen ihres Textes oder Profils, Strafanzeigen, Geldstrafen oder in extremen Fällen sogar Haftstrafen rechnen. Daher ist es wichtig, Hate Speech auf den Plattformen zu melden oder bei einem Gesetzesverstoß der Polizei anzuzeigen.

Welche Schritte man dabei beachten sollte, haben wir hier aufgelistet. 

Nach oben

Was kann ich gegen Hate Speech tun?

Von Counterspeech bis zur Anzeige

Immer weniger Menschen ignorieren Hasskommentare. Vor allem junge Menschen zwischen 14 und 24 Jahren melden diese überdurchschnittlich oft bei den entsprechenden Portalen und kontern Hassrede, so die  forsa-Umfrage im Auftrag der Landesanstalt für Medien NRW (LfM). Und: Fast alle Befragten finden Hasskommentare im Netz feige - Gleichgültigkeit gegenüber dem Hass ist immer seltener eine Option. (Quelle)

1) Counterspeech! Gegenrede!

Hass sollte nie unkommentiert stehen bleiben. Lehne diskriminierende Aussagen klar ab. Noch besser wirkt Counterspeech bzw. Gegenrede, wenn du klar benennst, warum die Aussage diskriminierend ist oder die Fakten falsch sind und dagegen argumentierst. Zurückweisen, Enttarnen, Argumentieren. Wenn man nicht weiß, wie man reagieren soll, gibt es Tipps und Hilfe, zum Beispiel:

  • die Online-Trainings und Community von love-storm.de
  • die Tipps und Memes von no-hate-speech.de
  • Hashtags wie #ichbinhier oder #organisierteliebe, um um Unterstützung zu bitten.

    2) Melden! 

    Auf Social-Media Plattformen kann jeder einen Post, einen Kommentar oder ein Profil „melden". Damit wird dem Seitenbetreiber gesagt, dass er den Inhalt des gemeldeten Posts überprüfen muss. Meist dauert das wenige Stunden oder maximal wenige Tage. YouTube, Facebook und Co. löschen eher einzelne Kommentar oder Posts als ein ganzes Profil, das vorher noch nicht durch Hetze aufgefallen ist.

    Seit 2017 gibt es das Netzwerkdurchsetzungsgesetz. Unter Androhung hoher Geldbußen zwingt es Internetunternehmen wie Facebook, Twitter, Instagram oder Youtube dazu, gemeldete mutmaßlich rechtswidrige Inhalte innerhalb bestimmter Fristen zu löschen.

    Inhalte, die offensichtlich zu Hass und Gewalt aufrufen, können bei der Meldestelle Respect! oder bei Hass im Netz gemeldet werden. 

    Bei der Anlaufstelle „Initiative Toleranz im Netz“ können sich Betroffene schnell und unkompliziert informieren und bei Bedarf gleich an Melde- oder Beratungsstellen vermittelt werden.
     

    3) Dokumentieren!

    Dokumentiere Hass im Netz immer, indem du einen Screenshot machst, dir die URL des Beitrags und den Namen des Profils speicherst. Das erleichtert es zum Beispiel, bei einer Anzeige einen bereits gelöschten Kommentar zu bewerten.
     

    4) Anzeigen!

    Nicht jede Hassrede ist eine Straftat. Verschiedene Äußerungen, die hier aufgelistet sind, sind strafrechtlich relevant.

    Eine Strafanzeige kann jeder mündlich oder schriftlich bei der Polizei oder der Staatsanwaltschaft einreichen. Es gibt auch die Möglichkeit, anonym Anzeige zu erstatten. Dann kann der Täter die Daten den Anzeigenden nicht einsehen. Aber dafür bekommt man auch nicht mitgeteilt, wie das Verfahren ausging. Wichtig ist, niemanden ohne guten Grund oder sogar böswillig anzuzeigen, dann kann man sich selbst strafbar machen. Aber ebenso wichtig ist, dass Täter die rechtlichen Konsequenzen zu spüren bekommen. Wer sich unsicher ist, ob der Fall strafrechtlich relevant ist, kann damit auch bei der Polizei vorbei gehen und sich eine Einschätzung holen. Eine Möglichkeit, Hinweise an die Polizei in Baden-Württemberg abzugeben, ist die Internetwache.
     

    Und ein letzter Tipp: die Eltern nicht vergessen!

    Falls der Täter selbst noch jung ist: Ein Brief oder eine Mail an die Eltern mit einem Screenshot, was ihr Kind im Netz von sich gibt, hilft manchmal Wunder.

    Weitere Strategien gegen Hate Speech hat die Bundeszentrale für politische Bildung zusammengestellt.

    Nach oben

    Gesetze gegen Hate Speech

    Netzwerkdurchsetzungsgesetz 

    Der Bundestag hat ein Gesetz zur Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken erlassen, das 2017 in Kraft trat: das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG). Das Gesetz zwingt Betreiber gewinnorientierter sozialer Netzwerke - dazu gehören Internetunternehmen wie Facebook, Twitter, Instagram oder Youtube - dazu, gemeldete mutmaßlich rechtswidrige Inhalte binnen 24 Stunden nach Eingang einer Beschwerde zu löschen. Dabei geht es um Strafrecht: Volksverhetzung, terroristische Inhalte, aber auch um Beleidigungen. Über die Löschungen müssen die Unternehmen halbjährlich öffentlich Bericht erstatten. Bei Nichtbeachtung drohen den Unternehmen Bußgelder von bis zu 50 Millionen Euro.
     

    Freie Meinungsäußerung und die Grenze

    Im Artikel 5 unseres Grundgesetzes steht unter anderem, dass jede Person das Recht hat, ihre Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten. Aber man darf nicht alles sagen!

    Was darf man nicht sagen? Unser Recht auf eine freie Meinungsäußerung hat seine Grenzen, und zwar „in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze sowie den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutz der Jugend und der persönlichen Ehre". Beleidigungen, Lügen über eine Person oder Diskriminierung einer Person oder einer ganzen Gruppe von Menschen sind nicht erlaubt und nicht von unserem Recht auf Meinungsfreiheit gedeckt.

    Nicht jede Hassrede ist strafrechtlich relevant. Es gibt unter anderem folgende Gesetze:

    Außerdem kann ein Opfer jemanden direkt wegen Beleidigung, übler Nachrede oder Verleumdung anzeigen: 

    Alle Gesetze sind auch in dieser Broschüre des Flüchtlingsrat Thüringen gegen Hate Speech auf Seite 6 aufgelistet. Noch detaillierter listet diese Seite des No Hate Speech Movement alle Gesetze auf.

    Nach oben

    Angebote der LpB BW zum Thema

    E-Learning-Kurs: Mit Herz gegen Hate Speech!

    Sensibilisierung für einen fairen Umgang miteinander
    Was ist Hate Speech überhaupt und wie kann man damit umgehen? Es lohnt sich, mit der Schülerin Mia den Online-Kursraum „Mit Herz gegen hate speech!“ zu entdecken. Der Kursraum ist offen zugänglich und für die Nutzung ab Klasse 7 geeignet.

    zum Kursraum
    weitere Infos

    Zeitschrift: Wehrhafte Demokratie

    Politik & Unterricht (2021)

    Das aktuelle Heft setzt sich mit extremistischen und demokratiefeindlichen Entwicklungen in Deutschland auseinander. „Politik & Unterricht“ enthält zudem Materialien für den Unterricht, darunter eine Einheit zu Lovestorm gegen Hass im Netz und zum Netzwerkdurchsetzungsgesetz.

    Bestellen/Download
    Zusatzmaterialien

    Zeitschrift: Digital ist besser?

    Politik & Unterricht (2019)

    Mit dem Megatrend Digitalisierung und seinen Begleiterscheinungen setzt sich die Zeitschrift auseinander. Das Heft hilft mit umfangreichen Materialien dabei, Schülerinnen und Schüler für die Herausforderungen der Digitalisierung zu sensibilisieren und die digitale Informationskompetenz zu stärken.

    Bestellen und Download

    Heft: Hate Speech. Gegen Hass im Internet

    mach's klar! (2016)

    Was genau versteht man unter „Hate Speech“, welche Rolle spielt dabei das Internet und was kann man dagegen tun? Das erklärt die Unterrichtshilfe in einfacher Sprache auf vier Seiten.

    Bestellen
    Download (PDF)

    Gaming-Workshop: Computerspiel Minetest

    Hate Speech und Diskriminierung

    In diesem Gaming-Workshop für Jugendgruppen wird das Phänomen Hate Speech im Computerspiel Minetest erkundet. In einer eigens für diesen Workshop gebauten Welt, mit verschiedenen Orten und Stationen beschäftigen wir uns damit, wie Hate Speech funktioniert, was Diskriminierung bedeutet und was wir dagegen tun können.

    Handreichung zum Computerspiel Minetest
    Information und Anmeldung

    Nach oben

     

     

    Linksammlung

    Quellen & weitere Infos

    Dossier der Bundeszentrale für politische Bildung

    bpb-Dossier zu Hate Speech

    Kostenlose PDF-Broschüren zu Hate Speech

    Studien

    • JIM-Studie
      Wie stark sind Jugendlich mit Hass im Netz konfrontiert? Das erfahren Sie auch in der JIM-Studie. Seit 1998 wird mit ihr im jährlichen Turnus eine Basisstudie zum Medienumgang der Zwölf- bis 19-Jährigen durchgeführt. Neben einer aktuellen Standortbestimmung sollen die Daten zur Erarbeitung von Strategien und Ansatzpunkten für neue Konzepte in den Bereichen Bildung, Kultur und Arbeit dienen.
      zur JIM-Studie
    • #Hass im Netz. Der schleichende Angriff auf unsere Demokratie
      Eine bundesweite repräsentative Untersuchung zum Thema Hate Speech im Auftrag von Campact e.V., durchgeführt vom Meinungsforschungsinstitut YouGov und ausgewertet vom Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft (IDZ) im April und Mai 2019. 
      zur Studie
    • Forsa Befragung zur Wahrnehmung von Hassrede
      Bereits seit 2016 erhebt forsa im Auftrag der Landesanstalt für Medien NRW in einer jährlichen Umfrage die Wahrnehmung von Hassrede im Netz. Die Ergebnisse bestätigen über die Jahre den Eindruck, dass es hier einen Handlungsbedarf gibt.
      zur Forsa-Studie

    Nach oben

    Autor: Internetredaktion LpB BW | Letzte Aktualisierung: 2022.

    Cookieeinstellungen
    X

    Wir verwenden Cookies

    Wir nutzen auf unseren Websites Cookies. Einige sind notwendig, während andere uns helfen, eine komfortable Nutzung diese Website zu ermöglichen. Einige Cookies werden ggf. für den Abruf eingebetteter Dienste und Inhalte Dritter (z.B. YouTube) von den jeweiligen Anbietern vorausgesetzt und von diesen gesetzt. Gegebenenfalls werden in diesen Fällen auch personenbezogene Informationen an Dritte übertragen. Bitte entscheiden Sie, welche Kategorien Sie zulassen möchten.