Dossier

Unabhängigkeit für Katalonien?

Katalonien soll ein eigener Nationalstaat werden - das ist der Wunsch der meisten Katalanen. In der spanischen Region finden immer wieder Massendemonstrationen für ein vom Zentralstaat Spanien unabhängiges Katalonien statt.

Seit dem 1. Oktober 2017 schwelt der Konflikt zwischen Spanien und Katalonien besonders stark. Die Unabhängigkeitsbewegung erreichte damals ihren Höhepunkt bei einem von der Zentralregierung verbotenen Referendum. 90 Prozent der Teilnehmenden stimmten für eine Unabhängigkeit Kataloniens. Allerdings nahmen - auch wegen des Verbots - nur 43 Prozent der Wahlberechtigten teil. Viele Separatistengegner hatten das verfassungswidrige Plebiszit boykottiert.

Lesen Sie mehr

Das katalanische Regionalparlament hat am 27. Oktober 2017 in Barcelona für die Konstituierung einer unabhängigen Republik gestimmt. Die Abgeordneten verabschiedeten eine Resolution über die Konstituierung "einer katalanischen Republik als unabhängigen und souveränen Staat", ohne eine Frist für die Ausrufung festzulegen. Kurz darauf stimmte der Senat in Madrid dafür, dass die Regierung Rajoys den Artikel 155 anwenden darf. Damit konnte die Zentralregierung in einem nächsten Schritt die katalanischen Separatisten entmachten und die katalanische Regionalregierung absetzen. Die autonome Region Katalonien wurde unter Zwangsverwaltung der Zentralregierung gestellt. Regionalpräsident Carles Puigdemont wurde unter anderem Rebellion und Auflehnung gegen die Staatsgewalt vorgeworfen. Auch die internationale Staatengemeinschaft erkannte die Unabhängigkeit nicht an. Katalonien stand anschließend unter Zwangsverwaltung aus Madrid. Für den 21. Dezember 2017 waren Neuwahlen angesetzt. Aus ihnen gingen die Unabhängigkeitsbefürworter wieder als Sieger hervor. Die Regierungsbildung zog sich hin, da die Spitzenkandidaten in Untersuchungshaft oder im Exil weilten. Nach monatelangem politischem Tauziehen hatte der frühere Regionalpräsident Carles Puigdemont am 10. Mai 2018 auf eine eigene Kandidatur verzichtet und so den Weg für die Wahl geebnet. Am 14. Mai 2018 hat das katalanische Regionalparlament Quim Torra zum Regionalpräsidenten gewählt. Er wurde nach Neuwahlen 2022 von Pere Aragonès abgelöst. Seine Regierung aus einer Koalition der beiden großen Unabhängigkeitsparteien – seiner Republikanischen Linken Kataloniens (ERC) und Gemeinsam für Katalonien (JxCat) kämpft für ein unabhängiges Katalonien und die Amnestie für alle, die wegen der Durchführung eines Unabhängigkeitsreferendums im Oktober 2017 juristisch verfolgt werden.

Die Unabhängigkeitsbestrebungen Kataloniens reichen weit zurück,  Kataloniens Zerwürfnis mit der Zentralregierung von Spanien ist über 300 Jahre alt. Katalonien ist eine wirtschaftsstarke Region mit eigener katalanischer Sprache und ausgeprägtem Nationalismus.

Die Abspaltung eines Autonomiegebietes ist in der spanischen Verfassung nicht vorgesehen. Dennoch gibt es zwei Möglichkeiten: Ein Referendum im ganzen Land oder eine Verfassungsänderung durch das spanische Parlament.

 

Seit 1978 besitzt Katalonien den Status einer Autonomen Gemeinschaft innerhalb des spanischen Zentralstaates.
 

Mit 7,5 Millionen Einwohnern auf 32.000 km² ist Katalonien ein kleines Land. Ganz Spanien hat 46 Millionen Einwohner auf 505.000 km².
 

Katalonien umfasst 16 Prozent der Bevölkerung und 6,3 Prozent der Fläche Spaniens.

Schwergewicht Barcelona: 5 Millionen Einwohner leben im Großraum Barcelona.Bruttoinlandsprodukt: Im Jahr 2022 wurde in Katalonien ein Bruttoinlandsprodukt von rund 270,7 Milliarden Euro erwirtschaftet. Dies entspricht etwas mehr als 20 Prozent des gesamten Bruttoinlandsprodukts von Spanien.

Amtssprachen sind Katalanisch, Spanisch und Aranesisch.

Wichtige Fragen zum Katalonien-Konflikt

Nach oben

  • Welche Ursachen hat der Konflikt?

    Wirtschaftskraft: Katalonien ist eine florierende Region, hat eine moderne Industrie als Rückgrat und ein hohes Pro-Kopf-Einkommen. Das Land ist neben der Hauptstadtregion der wichtigste Wirtschaftsstandort Spaniens, es trägt rund 20 Prozent zum Bruttoinlandprodukt (BIP) Spaniens bei. Aus dieser ökonomischen Stärke kommt das Selbstbewusstsein für eine politische Selbstständigkeit.

    Status: Spanien ist ein Zentralstaat, der in 17 Autonome Gemeinschaften gegliedert ist. Der Ministerpräsident Spaniens hat die Richtlinienkompetenz für die Zentralregierung und relativ freie Hand, mit den jeweiligen Kräften in den Autonomien zu Vereinbarungen zu kommen. Es herrscht ein unreguliertes Verhältnis zwischen Autonomien und Zentralregierungen vor. Katalonien ist eine von 17 Regionen, die jeweils unterschiedlich ausgeprägte Autonomierechte haben. Obwohl es viele Freiheiten genießt, ist Katalonien insbesondere mit der aktuellen Steuerregelung nicht zufrieden. Das Baskenland und die dazugehörige Provinz Navarra dürfen als Einzige ihre Steuern selber einziehen. So trägt das Baskenland wenig an den Ausgaben des Zentralstaats bei und beteiligt sich hauptsächlich an den Militärausgaben und dem Solidaritätsfonds der Regionen etwas bei. Viele Katalanen empfinden das als ungerecht.

    Nationalismus: In Katalonien ist es quasi Tradition, sich gegen den Zentralismus in Spanien zu wenden. Durch eine gezielte nationale Erziehung in katalanischen Schulen und Universitäten ist eine ganze Generation in diesem Geist aufgewachsen. Die Katalanen haben durch ihre eigene Sprache, Kultur und Geschichte ein ausgeprägtes Selbstbewusstsein. Sie sehen sich als eigene Nation. Mit diesem Nationen-Denken im Hinterkopf schlossen sich noch mehr Unterstützer der separatistischen Bewegung an, als die Polizei nach dem Unabhängigkeits-Referendum gewaltsam vorging. Das gewaltsame Einschreiten der Guardia Civil war für die Separatisten ein Beweis für die Unterdrückung Kataloniens durch den spanischen Staat.

  • Welche Probleme bringt eine Unabhängigkeit Kataloniens mit sich?

    Befeuerung anderer separatistischer Bewegungen: Viele Spanier und besonders die spanische Regierung befürchten, dass die katalanische Unabhängigkeit Separatisten in anderen Regionen ermutigen würde, ihre Unabhängigkeitsbestrebungen voranzutreiben, so im Baskenland, der Region Valencia und in Galizien. Aber auch auf europäischer Ebene könnte ein unabhängiges Katalonien für Nachahmer, zum Beispiel in Schottland, sorgen.

    Katalonien und die EU: In Katalonien leben etwa 7,5 Millionen EU-Bürger. Unklar ist, was mit ihren Rechten bei einer Abspaltung Kataloniens von Spanien geschehen würde. Von der EU-Kommission heißt es, sie respektiere die verfassungsmäßige Ordnung Spaniens. Ein möglicherweise unabhängiges Katalonien könnte keinesfalls automatisch Mitglied der EU werden. Katalonien wäre dem gleichen Beitrittsprozess unterworfen wie alle Mitgliedstaaten. Beitrittsverhandlungen ziehen sich normalerweise über Jahre hin. Zu ihrer Eröffnung wäre ein einstimmiger Beschluss nötig. Madrid könnte sie damit im Alleingang blockieren.

    Folgen für Wirtschaft und Leben: Eine Unabhängigkeit könnte Kataloniens Wirtschaft einen schweren Schlag versetzen. Erste Unternehmen haben schon nach dem gescheiterten Referendum ihren Abschied angekündigt. Weitere würden wohl folgen, vor allem, wenn Katalonien kein EU-Land wäre. Der Schuldenberg der Region würde ansteigen und die Kreditwürdigkeit schmälern.Ein unabhängiges Katalonien würde außerdem einen sehr hohen, nicht absehbaren administrativen Aufwand für Behörden, Schulen etc. bedeuten und somit in das tägliche Leben der Katalanen immens eingreifen.

  • Warum wurden sich die spanische und die katalanische 2017 Regierung nicht einig?

    Die Positionen der beiden Lager könnten nicht verfestigter sein, ihre Protagonisten, Spaniens ehemaliger Ministerpräsident Mariano Rajoy und der ehemalige katalanische Regierungschef Carles Puigdemont, nicht gegensätzlicher. Rajoy, der konservative Hardliner, Puigdemont, der mondäne Unabhängigkeitskämpfer.

    Rajoy ist hart gegen die katalanische Regierung vorgegangen. Er erklärte das Unabhängigkeitsreferendum als nicht rechtskräftig, setzte die katalanische Regionalregierung ab und stellte Katalonien unter Zwangsverwaltung. Seinen Worten nach gab es "keine Alternative". Alle Versuche, sich mit dem katalanischen Regionalpräsidenten Puigdemont zu einigen, seien fehlgeschlagen. Die Regierung von Katalonien hätte nur ein Ziel gehabt - das Unabhängigkeitsreferendum.

    Puigedemont bezeichnete das Vorgehen Rajoys als Staatsstreich. Er sei absolut davon überzeugt, dass der spanische Staat eine Welle sehr harter Repression vorbereitet habe - Gewalt, für die er und seine Regierung verantwortlich gemacht worden wären, hieß es von Puigdemont. Auf seine Dialogangebote sei Rajoy nicht eingegangen.

Jüngste Entwicklungen der Unabhängigkeitsbestrebungen

Im Januar 2016 trat der entschiedene Unabhängigkeitsbefürworter Carles Puigdemont an die Spitze der Regionalregierung. Er kündigte am 9. Juni 2017 an, dass die Bevölkerung in einem Referendum über die Unabhängigkeit von Spanien entscheiden solle.

Unter Puigdemonts Regierung wurde am 1. Oktober 2017 das umstrittene Unabhängigkeitsreferendum für die Loslösung Kataloniens von Spanien abgehalten. Das spanische Verfassungsgericht hatte die Volksabstimmung im Vorfeld für illegal erklärt. Puigdemont erklärte die Unabhängigkeit, allerdings im gleichen Atemzug auch ihre Inkraftsetzung aufzuschieben und die spanische Regierung um Dialog zu bitten. In Barcelona feierten zehntausende Menschen.

Das katalanische Regionalparlament stimmte am 27. Oktober 2017 für die Unabhängigkeit der autonomen Region von Spanien.

Nach oben

Lesen Sie mehr

Der spanische Senat der Regierung von Ministerpräsident Mariano Rajoy gab daraufhin grünes Licht für die Absetzung der katalanischen Regierung. Die Abgeordneten stimmten in Madrid einer Anwendung des Verfassungsartikels 155 zu. Dieser erlaubt Zwangsmaßnahmen gegen eine abtrünnige Region. Noch am selben Abend beschloss die spanische Regierung die Absetzung der Regionalregierung.

Rajoy übernahm am 28. Oktober 2017 offiziell die Amtsgeschäfte des abgesetzten katalanischen Regierungschefs Carles Puigdemont  Auch die übrigen Mitglieder der nach Unabhängigkeit strebenden Regierung in Barcelona wurden mit der offiziellen Veröffentlichung im Amtsblatt abgesetzt. Für den 21. Dezember 2017 wurden Neuwahlen angesetzt.

Spaniens Verbündete in Europa und die Partner in der Nato stellten sich eindeutig hinter Madrid. Die schottische Regierung zeigte Verständnis für die Katalanen.

Am 30. Oktober 2017 erhob die spanische Staatsanwaltschaft Anklage gegen Kataloniens ehemaligen Regionalpräsidenten Puigdemont und weitere Angehörige der abgesetzten Regierung. Der Vorwurf gegen die Angeklagten lautet unter anderem auf Rebellion, Auflehnung gegen die Staatsgewalt und Unterschlagung öffentlicher Gelder. Puigdemont flüchtete nach Belgien und entzog sich dadurch der spanischen Justiz. Er wird per Haftbefehl gesucht und kämpft in Brüssel gegen seine Auslieferung an Spanien.

 

Neuwahlen am 21. Dezember 2017

Die Parlamentswahl in Katalonien am 21. Dezember 2017 galt schon seit ihrer Festsetzung als eher ungewöhnlich. Einerseits ob der Verordnung durch den spanischen Ministerpräsidenten Rajoy als Reaktion auf das gescheiterte Unabhängigkeitsreferendum, andererseits weil einige Kandidaten in Untersuchungshaft oder im Exil weilen. So geht der in Brüssel festsitzende Ex-Regionalchef Carles Puigdemont mit einer Gruppe von Kandidaten unter dem Namen JxCat (Gemeinsam für Katalonien) ins Rennen. Kehrt er nach Spanien zurück, droht ihm die sofortige Festnahme. Der frühere linksnationalistische Partner Esquerra Republicana de Catalunya (ERC) tritt dieses Mal alleine an. Die Partei wollte das Bündnis mit Puigdemont nicht weiterführen. Der ERC-Spitzenkandidat Oriol Junqueras sitzt seit Wochen im Gefängnis. Dritte im Bunde der Independistas, der Unabhängigkeitsparteien, ist die linksradikale CUP, die den Separatisten nach der letzten Wahl 2015 zu einer Mehrheit im Parlament verholfen hatte. Hoffnungsträgerin der Gegner der Unabhängigkeit ist die katalanische Ciudadanos-Partei unter Inés Arrimadas. Die  konservative Volkspartei (PP) und die Sozialisten (PSC) gelten daneben als Constitucionalistas –Verfassungsparteien. Die Katalanen zeigten sich im Vorfeld der Wahl bei Umfragen gespalten, Unabhängigkeitsbefürworter und Gegner lieferten sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen.

Ergebnis der Regionalwahl am 21. Dezember 2017
Die Wahl in Katalonien hat den Konflikt um die Unabhängigkeit neu entfacht. Das Ergebnis dokumentierte ein weiteres Mal, wie tief gespalten die wirtschaftsstarke Region im Nordosten Spaniens geblieben ist. Bei den Regionalwahlen in Katalonien am 21. Dezember 2017 haben die Unabhängigkeitsgegner nicht die von Madrid erhoffte Mehrheit erhalten. Die Unabhänigkeitsparteien „Gemeinsam für Katalonien“, ERC und CUP kamen auf 47 Prozent. Aufgrund der Besonderheiten des Wahlsystems erhielten sie eine absolute Mehrheit von 70 der 135 Sitze im Regionalparlament.
Stärkste Partei mit 37 Sitzen wurde die wirtschaftsliberale Ciudadanos (Bürger) mit ihrer Spitzenkandidatin Inés Arrimadas, die sich für die Einheit Spaniens einsetzt. Die Partei des abgesetzten Regierungschefs Carles Puigdemont Junts per Catalunya (JxCat) wurde mit 34 Sitzen stimmenstärkste Kraft unter den Separatisten. Die linksnationalistische Partei ERC des in U-Haft sitzenden Spitzenkandidaten Oriol Junqueras holte 32 Sitze. Das Ergebnis ist auch eine Ohrfeige für die Partido Popular (PP) von Ministerpräsident Rajoy. Die PP fiel von elf auf drei Sitze.
Die Wahlbeteiligung lag bei einem Rekordwert von knapp 82 Prozent.

In Barcelona stehen jetzt langwierige und möglicherweise ergebnislose Sondierungen und Koalitionsverhandlungen bevor. Die Separatisten haben zwar eine Mehrheit, aber ihre beiden Spitzenkandidaten sind in Untersuchungshaft oder in Belgien.

Nach oben

Lesen Sie mehr

Roger Torrent zum neuen Präsidenten des Regionalparlaments gewählt

Am 17. Januar 2018 wählte Kataloniens Parlament Roger Torrent von der linksnationalistischen Partei ERC zum Präsidenten des neuen Parlaments in der Region. Der 38-Jährige kam mithilfe der separatistischen Parteien ins Amt. Bei der konstituierenden Sitzung in Barcelona waren nur 127 der insgesamt 135 Abgeordneten anwesend. Drei separatistische Politiker sitzen in U-Haft, fünf weitere - darunter Ex-Regionalchef Carles Puigdemont - hatten sich nach Brüssel abgesetzt, um einer Festnahme zu entgehen. Torrent war bisher Bürgermeister der katalanischen Kleinstadt Sarriá de Ter. Er muss nun wichtige Entscheidungen fällen. Vor allem geht es darum, ob Puigdemont auch in Abwesenheit erneut zum Regionalpräsidenten gewählt werden kann.

Die beiden größten separatistischen Parteien - Puigdemonts Liste Junts per Catalunya und die Esquerra Republicana de Catalunya (ERC) - hatten sich zuvor darauf geeinigt, den 55-Jährigen als Kandidaten zu unterstützen. Der erste Wahlgang soll bis zum 31. Januar stattfinden. Puigdemont hatte zuvor angekündigt, sein Regierungsprogramm Ende des Monats per Videokonferenz zu erklären oder sich von einem Vertreter ersetzen zu lassen. Die Zentralregierung in Madrid, die die Region unter Zwangsverwaltung gestellt hat, will in diesem Fall vor Gericht ziehen. (Quelle: dpa)

Das katalanische Parlament hat seine für den 30. Januar 2018 geplante Sitzung zur Wahl des künftigen Regionalpräsidenten auf unbestimmte Zeit verschoben. Das spanische Verfassungsgericht hatte zuvor entschieden, dass Puigdemont nur dann erneut zum Präsidenten gewählt werden könnte, wenn er nach Spanien zurückkehren würde, wo ihm allerdings die sofortige Festnahme droht.

Puigdemont wird in Deutschland festgenommen

Am 25. März 2018 wird Ex-Präsident Puigdemont auf einer Autobahnraststätte bei Schleswig in Schleswig-Holstein gestoppt und festgenommen. Grundlage war ein europäischer Haftbefehl, der vom Obersten Gericht in Madrid reaktiviert worden war. Puigdemont war zuvor von Belgien nach Finnland gereist, um finnische Parlamentsabgeordnete zu treffen und eine Rede an der Universität Helsinki zu halten. Der 55-Jährige habe sich auf dem Rückweg nach Belgien befunden, so sein Sprecher.

Spaniens Oberstes Gericht hatte zwei Tage zuvor Strafverfahren gegen 13 katalanische Politiker - unter ihnen auch Puigdemont - eingeleitet.  Den Politikern soll der Prozess wegen Rebellion, Veruntreuung und Ungehorsam gemacht werden. Im Falle einer Verurteilung droht den Angeklagten bis zu 30 Jahre Haft. Unterdessen kam es in Barcelona und anderen Orten Kataloniens wieder zu Unruhen. Tausende Menschen trafen sich auf der Straße, um ihrem Unmut Luft zu machen. Dutzende Menschen wurden bei Zusammenstößen mit der Polizei verletzt.

Am 3. April 2018 beantragt die Generalstaatsanwaltschaft Schleswig-Holstein beim Oberlandesgericht, dass Puigdemont an Spanien ausgeliefert werden soll.
Das schleswig-holsteinische Oberlandesgericht hat am 5. April 2018 entschieden, dass Puigdemont  unter Auflagen aus der Abschiebehaft in Deutschland freigelassen wird. Es erließ zwar einen Auslieferungshaftbefehl, hat den Vollzug aber unter Auflagen ausgesetzt. Der Auslieferungshaftbefehl bezieht sich nur auf den Vorwurf der Veruntreuung, nicht auf den der Rebellion. Gegen Zahlung einer Kaution von 75.000 Euro ordnete das Gericht Haftverschonung für Puigdemont an. Zudem darf er Deutschland nicht verlassen.
 

Joaquim Torra ist in Barcelona zum Regionalpräsidenten gewählt worden

Nachdem Carles Puigdemont am am 10. Mai 2018 auf eine eigene Kandidatur verzichtet hatte, wählte das katalanische Regionalparlament am 14. Mai 2018 im zweiten Wahlgang den 55-jährige Anwalt und Schriftsteller Joaquim "Quim" Torra zum Regionalpräsidenten. Torra ist parteilos und unbelastet von den Justizproblemen vieler anderer katalanischer Politiker. Er gilt allerdings als überzeugter Unabhängigkeitsbefürworter. Er werde das Mandat des Referendums vom 1. Oktober 2017 erfüllen und „einen unabhängigen Staat, eine Republik“ aufbauen, sagte Torra. Dennoch zeigte er sich auch offen für Gespräche mit der spanischen Zentralregierung. Die Zeit hatte gedrängt: Wenn es bis zum 22. Mai 2018 keine neue Regierung gegeben hätte, hätten die Katalanen ein neues Parlament wählen müssen.

Spaniens Regierungschef Mariano Rajoy sagte, seine Regierung werde Torra "an seinen Taten messen".

Nach Misstrauenvotum: Pedro Sánchez wird spanischer Ministerpräsident

Der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy ist am 1. Juni 2018 vom Parlament gestürzt worden. Die Nachfolge übernimmt der Chef der sozialdemokratischen PSOE, Pedro Sánchez. Von den 350 Parlamentsabgeordneten hatten 180 für einen Misstrauensantrag gestimmt.

Rajoy stolperte über Korruptionvorwürfe. Im sogenannten „Gürtel“-Prozess wurden mehrere Parteifreunde von Mariano Rajoy zu Gefängnisstrafen von insgesamt 351 Jahren verurteilt. Keine Partei hatte so umfassend Korruption betrieben wie Rajoys Partido Popular.

Pedro Sánchez zeigte sich in der Katalonien-Frage gesprächsbereit, lehnte jedoch ein Referendum über die Unabhängigkeit ab. Spaniens neue Regierung geht auf die katalanischen Separatisten zu: Madrid schlägt zur Lösung der Krise eine Verfassungsreform vor.

Hohe Haftstrafen für prominente katalanische Unabhängigkeitsbefürworter

Der Katalonien-Konflikt ist wieder voll entbrannt. Tagelang demonstrierten Hunderttausende in Katalonien wieder für die Unabhängigkeit der Region. Allein in Barcelona kamen am 18. Oktober 2019 nach Angaben der Polizei rund 500.000 Menschen zusammen. Dabei kam es zu gewalttätigen Ausschreitungen, über 200 Menschen wurden verletzt.
Auslöser war ein Urteil von Spaniens Oberstem Gerichtshof am 14. Oktober 2019 gegen neun prominente katalanische Unabhängigkeitsbefürworter, die zu Haftstrafen von neun bis 13 Jahren wegen "Aufruhrs" und Veruntreuung öffentlicher Gelder verurteilt wurden. Den Angeklagten wurde vorgeworfen, im Oktober 2017 ein Unabhängigkeitsreferendum organisiert zu haben, das von der spanischen Justiz als illegal eingestuft wurde. Gegen den Anführer der separatistischen Bewegung, Carles Puigdemont, erließ das Oberste Gericht erneut einen europäischen Haftbefehl. Kurz nach Bekanntmachung des Urteils versammelten sich wie erwartet zahlreiche Demonstranten auf den Straßen. Ein Ende der Proteste und der Unruhen ist nicht in Sicht.
Die Separatisten forderten Madrid zu Verhandlungen auf. Der spanische Ministerpräsident Pedro Sanchez erklärte in Madrid, zunächst müsse sich Regionalpäsident Joaquim Torra viel deutlicher als bislang von der Gewalt durch radikale Separatisten distanzieren.

Regionalpräsident Quim Torra soll abgesetzt werden

Die spanische Wahlkommission (Junta Electoral Central) hat am 3. Januar 2020 die Absetzung von Kataloniens Regionalpräsident Quim Torra verfügt. Die Kommission entzog dem katalanischen Politiker sein Mandat im Regionalparlament in Barcelona. Damit muss er auch das Amt des Präsidenten abgeben. Im Dezember 2019 hatte ein Gericht Torra wegen "Ungehorsams" für 18 Monate die Berechtigung zum Ausüben öffentlicher Ämter entzogen, er hatte am Regionalparlament ein Transparent aufhängen lassen: „Freiheit für politische Häftlinge und Exilanten“. Grund für die Absetzung war seine Weigerung, Symbole der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung vom Sitz der Regionalregierung zu entfernen. Torra kündigte Widerstand an. Er erkenne die Entscheidung der Wahlkommission nicht an. Nach seinen Worten könne ihn nur das katalanische Regionalparlament absetzen. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig. Torra hat Berufung beim Obersten Gerichtshof in Madrid eingelegt.

 

Pere Aragonès wird neuer Präsident Kataloniens

Das katalanische Regionalparlament hat im Mai 2022 den gemäßigten Unabhängigkeits-Befürworter Pere Aragonès zum neuen Regionalpräsidenten der spanischen Region gekürt. Er will sich für ein neues Referendum über die Unabhängigkeit Kataloniens von Spanien einsetzen. Aragonès führt eine Koalition aus seiner Republikanischen Linken Kataloniens (ERC) und der Junts per Catalunya (JxCat – Gemeinsam für Katalonien) des im Exil lebenden ehemaligen katalanischen Regierungschefs Carles Puigdemont an. Die antikapitalistische CUP unterstützt Aragonès ebenfalls.

Geschichte des Katalonien-Konflikts

15. Jahrhundert

Bis ins 15. Jahrhundert waren die Staaten Kastilien und Aragon, zu dem Katalonien als eigenständiger Teil gehörte, die dominierenden Mächte auf der iberischen Halbinsel. 

Ab dem 15. Jahrhundert teilten sich die zwei Staaten dieselbe Monarchie. Sie blieben aber in ihren Zuständigkeiten autonom. Nach dieser Vereinigung begann sich die Rivalität zuzuspitzen. Die Katalanen besinnen sich auf ihre eigene Geschichte und Werte. Sie entwickeln ihre eigenen Nationalsymbole.

18. Jahrhundert

Mit dem spanischen Erbfolgekrieg endete die katalanische Unabhängigkeit. Nach über einem Jahr Belagerung erobert ein spanisch-französisches Heer Barcelona. Am 11. September 1714 musste die Stadt kapitulieren. Die Bourbonenherrschaft wird durchgesetzt. Katalonien verliert im neuen Einheitsstaat seine Sonderrechte, das Kastilische wird Amtssprache.  Der 11. September, der "Diada" gilt heute als katalanischer Nationalfeiertag. An diesem Tag wird der Kapitulation von damals gedacht.

19. Jahrhundert

1923 kassiert der Diktator Miguel Primo de Rivera bestehende kommunale Selbstverwaltungsrechte Kataloniens ein.

1934 ruft Lluis Companys, der Präsident der Generalitat de Catalunya, einen eigenständigen Staat Katalonien innerhalb einer Spanischen Bundesrepublik aus. Nach 10 Stunden unterdrückt die spanische Armee den Aufstand: Sie verhaftet die katalanische Regierung und deren Chef, Katalonien verliert sein Autonomiestatut, das es erst zwei Jahre zuvor erhalten hatte.

Zeit unter der Franco-Diktatur

1939 beginnen die Repressionen unter dem Gewaltherrscher General Franco. Katalonien hatte sich im Bürgerkrieg 1936-39 zu einer der Bastionen gegen den heraufziehenden Faschismus unter Franco entwickelt. Als die Franquisten in Barcelona einmarschieren, rächen sie sich auch dafür, dass die Katalanen im spanischen Bürgerkrieg auf den Seiten der Republikaner gegen ihn gekämpft haben. Das außer Kraft gesetzte Autonomiestatut von 1932 wird nun ganz abgeschafft. Während der Franco-Diktatur (1939-75) wurden Katalonien dann sämtliche Sonderrechte aberkannt. Das Katalanische verlor den Status einer Amtssprache und wurde aus dem öffentlichen Leben verdrängt.

Nach Franco - Katalonien bekommt mehr Autonomie

Mit dem Ende der Franco-Diktatur sollten die Katalanen wieder mehr Unabhängigkeit erlangen. Am 25. Oktober 1979 stimmten sie in einem Referendum für die Annahme eines Statuts, das ihren Regionen bestimmte Selbstverwaltungsrechte verlieh. Katalonien bekam weitgehende Autonomierechte im Bildungs- und Gesundheitssystem, zudem eine eigene Polizeieinheit, die "Mossos d'Esquadra".

Der katalanische Nationalismus gewann seit 2006 wieder an Kraft. Das spanische Parlament räumte Katalonien am 30. März 2006 weitgehende Vollmachten in der Steuergesetzgebung und im Justizwesen ein und erkannte Katalonien als "Nation" an.

Doch die konservative Volkspartei (PP) klagte gegen den Autonomiestatus. Im Jahr 2010 entschied das spanische Verfassungsgericht, die Beschreibung Kataloniens als "Nation" habe keine "Gesetzeskraft", eine Bevorzugung des Katalanischen in Kommunalverwaltungen sei nicht zulässig.

Im Juli 2010 setzten Massenkundgebungen gegen diese Gerichtsentscheidung in Barcelona ein.

Demonstrationen mit bis zu 1,5 Millionen Menschen zwangen die katalanischen Parteien im Herbst 2012 zu einer Parlamentsresolution zugunsten des Selbstbestimmungsrechts. Auf dieser Grundlage versuchte man 2014 ein Referendum ähnlich wie in Schottland durchzuführen. Dieses wurde jedoch verboten.

Bei der Regionalwahl im September 2015 gewann eine Koalition aus linken und rechten Nationalisten die absolute Mehrheit. Im November 2015 stimmte diese Koalition dafür, die Unabhängigkeit von Spanien anzustreben.

Nach oben

YouTube-Video: MrWissen2go

Nach oben

Hinweis: Das Baskenland liegt im Nordosten Spaniens!

Nach oben

Autor: Internetredaktion LpB BW | letzte Aktualisierung: Juli 2023.

Cookieeinstellungen
X

Wir verwenden Cookies

Wir nutzen auf unseren Websites Cookies. Einige sind notwendig, während andere uns helfen, eine komfortable Nutzung diese Website zu ermöglichen. Einige Cookies werden ggf. für den Abruf eingebetteter Dienste und Inhalte Dritter (z.B. YouTube) von den jeweiligen Anbietern vorausgesetzt und von diesen gesetzt. Gegebenenfalls werden in diesen Fällen auch personenbezogene Informationen an Dritte übertragen. Bitte entscheiden Sie, welche Kategorien Sie zulassen möchten.