Armut

Weder in der Wissenschaft noch in der Politik gibt es eine einheitliche Definition für Armut. Je nach Verständnis und Kontext kann der Begriff unterschiedlich definiertwerden.


In Sozialberichterstattung und Sozialwissenschaft wird in der Regel der Begriff Armut als Mangel an Verwirklichungs- und Teilhabechancen verstanden. Somit spielt für die Beurteilung, ob eine Person arm ist oder nicht, nicht nur das Einkommen und Vermögen eine Rolle. Auch Aspekte wie Gesundheit, Bildung, Wohnen, Erwerbstätigkeit, Beziehungen, soziale Netzwerke und politische Teilhabe sind von Bedeutung.

Laut dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung gibt es drei Typen von Armut:

Durch die verschiedenen Armutsbegriffe wird Armut sehr unterschiedlich ausgelegt.

Absolute Armut bedeutet laut Weltbank weniger als 1,90 US-Dollar pro Kopf und Tag zur Verfügung zu haben. Davon sind rund zehn Prozent der Weltbevölkerung betroffen. Laut dieser Definition wäre nicht alle Obdachlosen in Deutschland arm.


Bekämpfte Armut wird daran bemessen, ob man Anspruch auf soziale Mindestsicherung hat, also z. B. Arbeitslosengeld, Sozialgeld, Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung, Hilfe zum Lebensunterhalt, Asylbewerberleistungen oder Kriegsopferfürsorge.


Ob relative Armut vorliegt, wird anhand des Einkommens geprüft. Hat jemand sechzig Prozent oder weniger Einkommen als das Durchschnittseinkommen in einer Region, gilt er oder sie als relativ arm.


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Armut in Deutschland

Spricht man über Armut in Deutschland, sind hiermit meist Typ zwei und drei, also bekämpfte und relative Armut, gemeint.

In allgemeinen Statistiken wie dem offiziellen deutschen Armutsbericht wird stets relative Armut betrachtet.

Armut in Deutschland ist eine Tatsache: Mehr als 16 Prozent der Bevölkerung gelten als armutsgefährdet. Das ist etwa jede sechste Person in Deutschland. Die Statistiken belegen auch, dass dieser Anteil an Menschen, der weniger als sechzig Prozent des mittleren Nettoeinkommens in Deutschland zur Verfügung hat, in den letzten Jahren im Großen und Ganzen gleichgeblieben ist. Weitere Befunde kommen hinzu: Die Ungleichheit bei den Vermögen hat sich verfestigt. Die reichsten zehn Prozent der Haushalte besitzen mehr als die Hälfte des gesamten Nettovermögens, die untere Hälfte der Bevölkerung dagegen nur ein Prozent.

Zudem kommt der wirtschaftliche Aufschwung der letzten Jahre nicht bei allen an. Vor allem die unteren Einkommensgruppen verdienen real weniger als noch in den 1990er-Jahren.
 

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Armut und Wohnen

Die Versorgung mit angemessenem Wohnraum ist ein elementares Grundbedürfnis jedes Menschen. Eine Unterversorgung mit qualitativ akzeptablem Wohnraum ist eine Erscheinungsform von Armut und stellt häufig eine Einschränkung des täglichen Lebens und der gesellschaftlichen Teilhabe dar.

Je geringer das Einkommen, desto höher ist oft der Anteil, der für die Wohnkosten aufgewendet wird. Besonders bei einkommensschwachen Haushalten kann die Wohnkostenbelastung zu starken Einschränkungen führen. Als weiterer Kostenfaktor kommen die Energiekosten hinzu, die in den vergangenen Jahren stark gestiegenen sind. Auch dies stellt gerade für einkommensschwache Haushalte eine überdurchschnittlich starke finanzielle Belastung dar.

Liegt der Anteil der Wohnkosten am verfügbaren Haushaltseinkommen höher als vierzig Prozent, geht man einer EU-Konvention folgend von einer Wohnkostenüberbelastung aus. 

Knapp 14 Prozent der in Deutschland lebenden Personen fühlten sich 2016 nach eigener Einschätzung durch ihre monatlichen Wohnkosten wirtschaftlich stark belastet. Unter der von Armut betroffenen Bevölkerung traf das auf 25 Prozent zu. Gegenüber 2008 hat sich die Belastung nach Einschätzung der befragten Haushalte damit verringert (2008 insgesamt: 24 Prozent; armuts­gefährdet: 36 Prozent).

Der Anteil am verfügbaren Haushaltsnetto­einkommen, den Menschen für Wohnkosten aufwenden mussten, lag 2016 bei durchschnittlich 27 Prozent, bei armutsgefährdeten Personen sogar bei 51 Prozent. Am stärksten betroffen waren armuts­gefährdete Alleinlebende (60 Prozent) sowie armutsgefährdete Menschen in Haushalten von Allein­erziehenden (49 Prozent).

Acht Prozent der armuts­gefährdeten Bevölkerung waren nach eigenen Angaben bei Rechnungen von Versorgungs­betrieben in Zahlungsverzug (Bevölkerung insgesamt: drei Prozent). Auch bei Hypotheken- oder Mietzahlungen hatten vier Prozent der armutsgefährdeten Zahlungs­rückstände (insgesamt: zwei Prozent).

Bei der selbstbewohnten Wohnung bzw. dem selbstbewohnten Haus traten in vielen Fällen Feuchtigkeits­schäden auf: Rund ein Fünftel (21 Prozent) der armuts­gefährdeten Bevölkerung gab 2016 an, das Dach sei undicht, es gebe Feuchtigkeits­schäden in Wänden, Böden bzw. im Fundament oder Fenster­rahmen und Böden seien von Fäulnis befallen. Insgesamt beklagten 13 Prozent der Bevölkerung solche Mängel.

Weitere Belastungen durch die Wohnsituation betrafen die nähere Wohnumgebung: Jede vierte Person (25 Prozent) litt 2016 unter Lärm­belästigung. Bei den Armuts­gefährdeten war es jede dritte Person (32 Prozent). Auch Kriminalität und Vandalismus sowie Umwelt­verschmutzung im Wohnumfeld belasteten die Wohnqualität vieler Menschen in Deutschland.
Quelle: Statistisches Bundesamt)

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Quellen

Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren Baden-Württemberg (Hrsg.): Erster Armuts- und Reichtumsbericht Baden-Württemberg, FamilienForschung Baden-Württemberg, Stuttgart 2015

Homepage Bundeszentrale für politische Bildung: Soziale Ungleichheit – Eine Gesellschaft rückt auseinander, www.bpb.de/politik/grundfragen/deutsche-verhaeltnisse-eine-sozialkunde/138379/soziale-ungleichheit (Zuletzt aufgerufen: 4.12.2017)

Stand: Januar 2018

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