März 2012

Miriam Makeba (1932-2008) – Symbol der Hoffnung im Kampf gegen die Apartheid

Zenzi Makeba Qgwashu Nguvama Yiketheli Nxgowa Bantana Balomzi Xa Ufun Ubaphekeli Mbiza Yotshwala Sithi Xa Saku Qgiba Ukutja Sithathe Izitsha Sizi Khabe Singama Lawu Singama Qgwashu Singama Nqamla Nqgithi.

So lautet der vollständige Geburtsname der Musikerin Miriam Makeba, in dem all ihre weiblichen Vorfahren vereinigt sind. Zenzi war das 4. Kind und eine schwierige Geburt war der Mutter vorhergesagt worden. Deshalb soll Zenzis Großmutter sanft scheltend zu ihrer Tochter „uzenzile“ gesagt haben, was in Swazi soviel bedeutet wie „du darfst niemanden anklagen, nur dich selbst“.

Jahrzehnte nach ihrer Geburt am 4. März 1932 nahe Johannesburg schrieb Zenzi Miriam Makeba als „Mama Africa“ Musikgeschichte und wurde zu einem Symbol der Hoffnung für die durch das Apartheids-System unterdrückte schwarze Bevölkerung Südafrikas.

Erste Auftritte in Südafrika

Miriam Makeba entwickelte früh eine  Leidenschaft für Musik, sie sang im Schulchor und in der Kirche, als Jugendliche begeisterten sie Jazz-Sängerinnen wie Ella Fitzgerald oder Billie Holiday.
Nach der Scheidung von ihrem gewalttätigen ersten Mann verdiente sie den Lebensunterhalt für sich und ihre Tochter Bongi nicht nur als Haushaltshilfe, sondern trat auch auf Hochzeiten und bei ähnlichen Anlässen als Sängerin auf.

Mit 21 Jahren wurde sie Teil der in Südafrika äußerst populären A-Capella Band Manhattan Brothers, mit der sie die ersten Aufnahmen im Tonstudio machte. Bald darauf gründete Miriam Makeba das Frauenquartett Skylarks – eine Besonderheit im damaligen südafrikanischen Musikbetrieb.

Schwarze Künstler und Künstlerinnen waren durch das zunehmend restriktive Apartheids-System in ihrer künstlerischen Tätigkeit sehr eingeschränkt und konnten im Land keine Perspektiven entwickeln. Für Miriam Makeba war die Popularität der Manhattan Brothers und der Skylarks auch über die Grenzen Südafrikas hinaus daher auch ein Karriere-Sprungbrett: Sie erhielt erste Filmrollen von amerikanischen Filmproduzenten.

Jahre im Exil: Karriere als Musikerin und Kampf gegen Rassismus

Miriam Makeba, die in dem Spielfilm Come Back, Africa, einem Film über die Willkür und Gewalt des Apartheids-Systems, eine Hauptrolle gespielt hatte, wurde im Jahr 1959 zur Premiere des Films nach Venedig eingeladen. Hier begegnete sie Harry Belafonte, ihrem späteren Mentor, mit dem sie nach New York weiterreiste. Belafonte, den sie freundschaftlich „Big Brother“ nannte, verhalf Miriam Makeba zum internationalen Durchbruch im Musik- und Filmgeschäft: mit Songs wie dem traditionellen Xhosa-Lied Pata Pata, mit Wimoweh oder Click Song, der wie viele andere Songs seinen Reiz aus den schnalzenden und  klickenden Lauten des Xhosanischen, der Erstsprache Makebas, bezieht.

Miriam Makeba gilt als Pionierin des Genres der World Music, da sich in ihrer Musik unterschiedliche Musikstile und –traditionen miteinander verbinden: Musiktraditionen afrikanischer Länder, Jazz und die Folk Music verschiedener europäischer Länder.

Die weiße Regierung Südafrikas betrachtete Makebas Reise nach Venedig und in die USA als willkommene Gelegenheit, sie des Landes zu verweisen und ihr die südafrikanische Staatsangehörigkeit abzuerkennen: Längst war sie, die den Rassismus der weißen Regierung beim Namen nannte, den Machthabern ein Dorn im Auge. Nicht einmal zum Begräbnis ihrer Mutter im Jahr 1960 durfte sie einreisen.

Nach dem Massaker in der Township Sharpeville bei dem 69 schwarze Männer, Frauen und Kinder während einer Demonstration gegen das politische System von der Polizei erschossen worden waren, nutzte Miriam Makeba alle Einflussmöglichkeiten, die sich ihr als international anerkannter Musikerin boten, um die internationale Gemeinschaft auf die Lage der schwarzen südafrikanischen Bevölkerung aufmerksam zu machen und auf eine politische Veränderung der Verhältnisse hinzuwirken.

In den Jahren 1964 und 1975 sagte sie als Zeugin vor der UNO über den Apartheids-Terror aus, 1963 hielt sie eine öffentlichen Rede vor der UNO in New York, in der sie die Rassentrennung in Südafrika und in den USA verurteilte. Wie selbstverständlich durchwehten die politischen Ereignisse und die Geschichte (Süd-)Afrikas auch ihre Lieder, zum Beispiel in Sophiatown is Gone, in dem sie an die Township Sophiatown erinnert, die in den vierziger und fünfziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts ein vibrierendes kulturelles Zentrum der schwarzen Bevölkerung war bevor es von der weißen Regierung vollständig zerstört wurde.

Miriam Makeba spürte auch in den USA die Auswirkungen von Rassismus und sozialer Ungleichheit hautnah: Sie verliebte sich in Stokely Carmichael, einen Aktivisten der schwarzen Bürgerrechtsbewegung in den USA; die beiden wurden ein Paar und heirateten im Jahr 1968. Daraufhin entzog die Musikindustrie Miriam Makeba jeglichen Rückhalt, sie und ihr Ehemann wurden vom FBI verfolgt und so – erneut - ins Exil gezwungen

 

„It was not a ban from the government; it was a cancellation by people who felt I should not be with Stokely because he was a rebel to them. I didn´t care about that. He was somebody I loved, who loved me, and it was my life.”

Miriam Makeba in einem Interview mit dem Musikkritiker Robin Denselow im Londoner Guardian im Mai 2008

Das Ehepaar ging, auf Einladung des dortigen Präsidenten Sekou Touré, nach Guinea, Westafrika. 1978 ließen sich Makeba und Carmichael scheiden, Makeba blieb weiterhin in Guinea und unternahm von dort Musiktourneen in die USA, afrikanische Länder und Europa.


YouTube: Aufnahme und Einblicke:
Musik von und ein Interview mit Miriam Makeba aus dem Jahr 1966:

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Rückkehr nach Südafrika

Im Jahr 1991, nach 31 Jahren im Exil und dem Ende des Apartheids-Regimes kehrte Miriam Makeba nach Südafrika zurück.

Sie unterstützte das „neue“ Südafrika als ´Goodwill Ambassador´ bei der UNO. In den Jahren nach dem offiziellen Ende der Apartheid machte Miriam Makeba die Weltöffentlichkeit auf die weiterhin drängenden Probleme Südafrikas aufmerksam: auf die Schwierigkeit, die Apartheid wirklich zu überwinden, auf die Verdrängungsmechanismen der neuen Regierung, auf den Analphabetismus, die Umweltverschmutzung, innerfamiliäre Gewalt und darauf, wie die Regierung wirksame Strategien zur Bekämpfung von Aids verhindert.

Sie tourte weiter durch die Welt und setzte sich mit Solidaritätskonzerten für verfolgte Künstler und Künstlerinnen ein. So auch für Roberto Salviano, den 33-jährigen italienischen Schriftsteller, der in „Gomorrha. Reise in das Reich der Camorra (2007)“ die weitverzweigten kriminellen Strukturen der kampanischen Mafia analysiert und sich damit selbst in Lebensgefahr gebracht hatte.

Nach einem Auftritt auf einem Solidaritätskonzert in Castel Volturno für Roberto Saviano im November 2008 starb Miriam Makeba infolge eines Schwächeanfalls. Miriam Makeba selbst hat die Zuschreibung, eine politische Sängerin zu sein, abgelehnt:

„I am not a political singer. I don´t know what that word means. People think I consciously decided to tell the world what was happening in South Africa. No! I was singing about my life, and in South Africa we always sang about what was happening to us – especially the things that hurt us.“

aus dem Interview im Londoner Guardian im Mai 2008

Nelson Mandela hat ihre Bedeutung für die Geschichte Südafrikas nach ihrem Tod so ausgedrückt:

„Her haunting melodies gave voice to the pain of exile and dislocation she felt for 31 years. At the same time, her music inspired a powerful sense of hope in all of us. She was South Africa´s first lady of song and so richly deserved the title of Mama Africa. She was a mother to our struggle and to the young nation of ours."

 

März 2012 ( Kerstin Grimm )

 


Zum Weiterlesen und -hören

Autobiographie von Miriam Makeba:

Literatur zur Apartheid und zu Südafrika heute:

  • Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg (Hg.):
    Politik & Unterricht. Südafrika. Land der Gegensätze. Zeitschrift für die Praxis der politischen Bildung. Villingen-Schwennigen 1/2010
    Bestellen und Download
  • Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg (Hg.):
    Politik & Unterricht. Südliches Afrika. Zeitschrift für die Praxis der politischen Bildung. Villingen-Schwennigen 1/2003
    Bestellen und Download 

  • Adam, Heribert/Moodley, Kogila: Südafrika ohne Apartheid? Frankfurt/Main 1987
  • Tutu, Desmond: „Gott segne Afrika“. Texte und Predigten des Freidensnobelpreisträgers. Reinbek bei Hamburg 1984

Graphic Novel:

  • de villiers, Karlien: Meine Mutter war eine schöne Frau. Zürich 2006

Bilderbuch:

  • Silei, Fabrizio/A.C.Quarello, Maurizio: Der Bus von Rosa Parks. Berlin 2011

Discographie (Auswahl):
Soloalben

  • Miriam Makeba, 1960
  • The Voice of Africa, 1964
  • An Evening With Belafonte/Makeba (mit Harry Belafonte), 1965
  • The Click Song, 1965
  • Pata Pata, 1967
  • A Promise, 1974
  • Reflections, 2003
  • Homeland, 2000
  • Forever, 2006

Zusammenstellungen:

  • Africa 1960–65 recordings, 1991
  • The Best Of Miriam Makeba & The Skylarks 1956–59 recordings, 1998
  • Mama Africa: The Very Best of Miriam Makeba, 2000
  • The Guinea Years, 2001
  • The Definitive Collection, 2002
  • The Best of the Early Years, 2003

Filmographie:

  • Come Back, Africa, Spielfilm, Südafrika, USA, 1959, Regie: Lionel Rogosin
  • Sarafina! Musikfilm, Südafrika, Großbritannien, USA, 1992, Regie: Darrell Roodt
  • When We Were Kings. Dokumentarfilm, Regie: Leon Gast
  • Amandla! A Revolution in Four-Part Harmony. Dokumentarfilm, Südafrika, 2002, Regie: Lee Hirsch
  • Mama Africa. Dokumentarfilm, Deutschland, Südafrika, Finnland, 2011,, Regie: Mika Kaurismäki

 

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