Laurenz Hermann

Stellplatzfrei und Wohnen ohne eigenes Auto - Das Freiburger Modell

Laurenz Hermann arbeitet beim Forum Vauban e. V. in Freiburg



1. Einleitung

Im Rahmen der Konversion ist in Freiburg ein Gelände von ca. 35 ha freigeworden. In diesem Zusammenhang hat sich im Forum Vauban e.V. als Träger eine Bürgerbeteiligung gegründet. Neben verschiedenen anderen ist die Frage der Mobilität ein zentraler Diskussionspunkt mit der Verwaltung.

Wohnen ohne eigenes Auto

Wohnen ohne eigenes Auto gewinnt immer mehr Anklang und Anhänger. Häufig ist es den Leuten jedoch nicht möglich, ihre Vorstellungen auch umzusetzen. Wer heutzutage kein eigenes Auto besitzt, subventioniert in der Regel den Stellplatz seines Nachbarn und hat den Verkehr vor seinem Haus. Das Vauban-Gelände soll ein Auffangbecken für diejenigen werden, die diesen Umständen entfliehen möchten. Außerdem sollen den Autoanhängern die Vorteile einer vom Kfz-Verkehr befreiten Wohnumgebung vor Augen geführt werden.

Bevor näher auf das konkrete Konzept für das Vauban-Gelände eingegangen wird, werden anfangs allgemeingültige Zusammenhänge erläutert und auf andere sich in der Planung oder der Umsetzung befindliche Projekte Bezug genommen. Das Freiburger Modell versucht aus den bisher gemachten Erfahrungen zu lernen und einzelne Komponenten aus verschiedenen Projekten zusammenzuführen. Der hier dargelegte Entwicklungsstand ist vom April 1996. Der Beschluß des Bebauungsplanes ist für den Sommer 1996 geplant. Wir hoffen auf eine Entscheidung in unserem Sinne.


2. Stellplatzfrei

Im Rahmen der modernen Stadtplanung gerät die Frage nach der Aufteilung der Stellplätze immer stärker in das Zentrum der Diskussion. Innovative Stellplatzkonzepte suchen umsetzbare Lösungen vor allem für die folgenden Zielvorgaben:

- Trennung der Stellplatzkosten von den allgemeinen Errichtungskosten

- Rückbau der Stellplätze aus Wohnanlagen

- Optimale Ausnutzung der Stellplatzmenge

- Kosten- und platzsparende Bauweise der Stellplätze

- Sicherheit der Stellplätze

- Anreize für Wohnen ohne eigenes Auto

- Flexible Planung

Trennung von Stellplatz- und Errichtungskosten

Es ist allgemeiner Brauch, daß die bei der Errichtung von Wohnungsanlagen gesetzlich vorgeschriebenen Stellplätze den Gesamtkosten des Gebäudes hinzugerechnet werden. Damit subventionieren Menschen, die selber keinen Stellplatz nutzen, durch erhöhte Mieten und Kaufpreise die Stellplatznutzung ihrer Nachbarn mit. Zudem gibt es in den Ballungsräumen eine Vielzahl von Stellplätzen auf öffentlichem Grund, die kostenlos benutzt werden können. Diese Stellplätze werden aus Steuermitteln und damit auch durch die nichtnutzenden Menschen ohne eigenes Auto finanziert. Dem kann eine Trennung der Stellplatzkosten von den allgemeinen Errichtungskosten und ein Abbau der Stellplatzsubventionen durch Einführung einer Parkraumbewirtschaftung entgegenwirken.

Rückbau der Stellplätze aus Wohnanlagen

Stellplätze können, zumindest soweit sie als Einzelplätze gebaut werden, nur über die Versiegelung von bis zu jeweils
25 Quadratmeter Fläche errichtet werden. In einer Gesellschaft mit immer weniger freier Fläche und sehr verdichteten Baugebieten wird die massive Ausweisung von Stellplätzen von den Bewohnern als Qualitätsverlust in ihrem Wohnbezirk empfunden. Zudem wird über eine massive Ausweisung von Stellplätzen An- und Abfahrtsverkehr angezogen.

Die mit diesem Verkehr verbundenen Geruchs- und Geräuschimmissionen werden von den Anwohnern als störend empfunden und überschreiten bereits bei 5000 Autos pro Tag die für ein reines Wohngebiet nach BImSchG maximal zulässige Immissionsbelastung. Der Rückbau von Stellplätzen in Wohnanlagen steigert demgegenüber die Wohnqualität und kann in Verbindung mit einem attraktiven Konzept für den öffentlichen Personennahverkehr zu einer verringerten PKW-Nutzung beitragen.

Optimale Ausnutzung der Stellplätze

Die unflexible Zuweisung eines einzelnen Stellplatzes für einen Nutzer läßt nur eine sehr schlechte Ausnutzung der errichteten Stellplätze zu. 70 % aller Wohnungsstellplätze stehen tagsüber leer, bei Nacht sind dagegen 85 % aller Gewerbestellplätze nicht genutzt (Coolens 1995). Diese Ineffizienz bedeutet eine erhöhte Bodenversiegelung und hohe finanzielle Belastungen für die Nutzer. Eine höhere Auslastung kann durch "kombinierte Nutzungsmodelle" erreicht werden. Nach diesem Konzept werden z.B. sämtliche Besucherparkplätze überflüssig, da alle Kurzparker vollkommen problemlos durch die leerstehenden Stellplätze der Wohnbevölkerung sinnvoll genutzt werden können. Geschieht dies außerdem noch gegen eine Mietgebühr verbunden mit einer Parkraumbewirtschaftung, ist die wirtschaftliche Tragfähigkit des Konzeptes für einen privaten Investor sehr wahrscheinlich. Ab einer Auslastung von 120 % bewegen sich solche Parkierungsanalagen unter rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten im grünen Bereich.

Flächensparendes Parken

Die Errichtung eines ebenenerdigen Stellplatzes kostet ca. 6.000 DM zuzüglich des Bodenpreises für ca. 25 Quadratmeter. Die hohen Grunstückskosten in den Ballungsgebieten führen häufig zu Gesamtkosten von bis zu 15.000,- DM. Durch eine Zusammenlegung der Stellpläzte kann sehr viel Fläche eingespart werden. Statt in die Breite wird in die Höhe gebaut. Zwei Geschosse halbieren die benötigte Fläche usw. Automatische Parkdecks verringern durch ihre Verschiebetechnik die Grundfläche im Vergleich zu herkömmlichen Parkhäusern noch einmal um 50 %, weil die inneren Erschließungsflächen minimiert werden. Derzeit stehen etwa zehn verschiedene Techniken und Konzepte für flächensparende Parkierungsanlagen in der Diskussion.

Vorteile mechanischer Sammelparkierungsanlagen sind die Entlastung der Wohnquartiere vom motorisierten Individualverkehr

- Verringerung der Attraktivität des motorisierten Individualverkehrs im Vergleich zu alternativen Verkehrsmitteln

- geringerer Flächenverbrauch; Reduzierung von Grundfläche und umbautem Raum auf etwa die Hälfte im Vergleich zu konventionellen Parkhäusern

- bessere Auslastung der Parkierungsanlage durch Doppelnutzung ist möglich

- wirtschaftliche Vorteile durch geringeren Flächenverbrauch, geringere Erstellungs- und Folgekosten sowie Doppelnutzung

Trennung von Stellplatz- und Wohnungsbaukosten

Eine Trennung von Stellplatz- und Wohnungsbaukosten wird gefördert bzw. ist naheliegend

- Kostenneutralität durch Betreibergesellschaft und Gebührensystem erreichbar

- Besitzerwechsel ist unproblematisch

- nur Transport ruhender Fahrzeuge; Vermeidung von Emmissionen beim Parkvorgang

- eine Be- und Entlüftungsanlage wird nicht benötigt

- persönliche Sicherheit in der Ein- und Ausfahrtstation wird garantiert

- Sicherheit gegen Überfall, Diebstahl und Rangierbeschädigung

- architektonische Freiheit in der Fassadengestaltung

In einer Zeit zunehmender Kriminalität und einer steigenden Verängstigung der Bevölkerung sind Stellplätze so zu errichten, daß eine größtmögliche Sicherheit der Stellplatznutzenden gesichert ist. Dies gilt vor allem für schutzbedürftigere Teile der Bevölkerung wie Frauen, alte Menschen und Kinder. Durch automatische Parkdecks fallen diese Angsträume weg, da sie überhaupt nicht mehr betreten werden.

Anreize für Wohnen ohne eigenes Auto

Die Aufhebung der Stellplatzpflicht und die damit verbundenen finanziellen und ökologischen Vorteile sind wichtige Anreize für die Entscheidung, ohne eigenes Auto zu wohnen. Die gesetzlichen Vorschriften (Stellplatzbestimmungen in den Landesbauordnungen der Länder) zielen auf die Funktion des Gebäudes und nicht auf den Bedarf der Bewohner. Privatrechtliche und öffentlich-rechtliche Hilfskonstruktionen sind daher erforderlich, damit Menschen nicht ein Stellplatz aufoktroyiert wird, den diese gar nicht benötigen.

Flexible Planung

Stellplätze sollen nur gebaut werden, solange und soweit ein tatsächlicher Bedarf nachgewiesen wird. Die derzeitigen gesetzlichen Bestimmungen schreiben ein festes Stellplatzkontigent bei der Errichtung der Gebäude vor, eine Anpassung an zukünftige Entwicklungen ist nicht vorgesehen. Sie fordern ein sehr hohes Stellplatzkontingent, das auch einem gesteigerten zukünftigen Stellplatzbedarf gerecht wird. Stellplatzkonzepte sollten so angelegt werden, daß eine flexible Anpassung an den jeweiligen Bedarf möglich ist. Ensprechend sollten bei der Errichtung von Neubausiedlungen und bei der Sanierung von Altbausubstanz ein geringes Stellplatzkontigent angesetzt und Flächen für eine spätere, platzschaffende Nachrüstung vorgesehen werden.


3. Wohnen ohne eigenes Auto

Hinter der Konzeption vom "Wohnen ohne eigenes Auto" steht die Vorstellung einer Siedlungsstruktur, in der kurze Wege, Nutzungsmischung und eine deutlich höhere urbane Wohnqualität die wichtigsten Leitziele sind. Wohnen ohne eigenes Auto geht über die Idee, die Autos aus dem Inneren von Wohnquartieren herauszuhalten, hinaus. Die Menschen entscheiden sich im Rahmen einer freiwilligen Selbstverpflichtung bewußt dafür, auf das eigene Auto zu verzichten, und erhalten dafür finanzielle Erleichterungen und eine deutlich höhere Wohnqualität. Zu diesen Stichworten einige kurze Anmerkungen:

Freiwillige Selbstverpflichtung

In verschiedenen Projekten ist eine ganze Bandbreite unterschiedlicher Lösungsansätze entstanden. Allen Projekten gemeinsam ist, daß sich alle Parteien, die an dieser Wohnform teilnehmen möchten, einer gemeinsamen rechtlichen Körperschaft anschließen. Als solche kommt ein rechtsfähiger Verein (autofrei e.V.), eine Genossenschaft oder eine Wohnungseigentümergemeinschaft in Betracht. Durch diese Rechtsfigur regeln die Parteien untereinander, daß sie kein eigenes Auto besitzen bzw. nutzen. Ferner wird hierdurch geregelt, wie die Kontroll- und Sanktionsmechanismen funktionieren.

Diese vertragliche Selbstverpflichtung läßt den Erwerb eines eigenen Autos grundsätzlich zu, macht ihn jedoch vom Vorliegen bestimmter Umstände abhängig und/oder knüpft ihn an bestimmte Sanktionen. Die Ausformung dieser Voraussetzungen und Sanktionen variieren zwischen den Projekten. Die konkrete Ausformung hängt auch stark von den Regelungen in der entsprechenden Landesbauordnung (LBO) ab.

Die grundsätzlichste Ausformung, wie im Projekt Bremen Hollerland realisiert, erlaubt die Anschaffung eines eigenen Autos nur für unzumutbare Härtefälle. Ansonsten ist die Anschaffung eines eigenen Autos mit dem Auszug aus der "Autofrei-Siedlung" verbunden.

Im Projekt Barmbecker Stichkanal in Hamburg ist der Erwerb des eigenen Autos mit der Sanktion verbunden, nachträglich die Ablösesumme für die nicht errichteten Stellplätze bezahlen zu müssen.

Für das Vauban-Gelände in Freiburg wird von der Bürgerbeteiligung ein Modell angestrebt, das einen Wechsel von "Autofrei" zu "Stellplatzfrei" erlaubt. Das heißt, wer aus der vertraglichen Verpflichtung, kein Auto zu besitzen oder zu nutzen, aussteigt, muß umgehend einen eigenen Stellplatz in einer Parkierungsanlage am Rande des Quartiers errichten, nachweisen bzw. mieten.

Höhere Lebensqualität

In einem Stadtquartier zum "Wohnen ohne eigenes Auto" wird der fließende und ruhende Autoverkehr konsequent aus dem Quartiersinneren ferngehalten. Auch die Stellplätze für die Car-Sharing-Fahrzeuge befinden sich außerhalb des Quartiers. Da auch die Straßen entsprechend dem verringerten Verkehrsaufkommen schmal gehalten sind, bleibt im autofreien Stadtquartier viel öffentliche Fläche übrig, die für gemeinsame Einrichtungen oder Grünflächen genutzt werden kann.

Der Umfang des erlaubten Restverkehrs variiert wiederum bei den einzelnen Projekten: So werden zum Beispiel im Projekt Amsterdam Westerpark auch die Müllfahrzeuge aus dem Quartiersinneren ferngehalten. Auf diese Weise wird der Bau von nur schwach befestigten, unversiegelten Erschließungswegen unterstützt. Insgesamt führen jedoch alle Projekte zu einer deutlichen Verringerung der Luft- und Lärmbelastung. Zudem werden die Verkehrswege deutlich sicherer, was vor allem Kindern und älteren Menschen zugute kommt.

Finanzielle Erleichterungen

Mit dem Wechsel vom eigenen Auto zu einem Car-Sharing-Auto sind bereits deutliche finanzielle Erleichterungen verbunden. Ein weiterer finanzieller Anreiz liegt im Wegfall der Kosten für die Errichtung eines Autostellplatzes.

Die Errichtung eines ebenerdigen Stellplatzes kostet zuzüglich der Grunstückserwerbskosten bis zu 15.000.- DM. Auf unterschiedlichen Wegen ist es praktisch in allen Landesbauordnungen rechtlich möglich, die Stellplatzerrichtungspflicht für Menschen, die ohne eigenes Auto wohnen möchten, zu erlassen oder zumindest zu stunden. Hier liegt ein zusätzlicher finanzieller Anreiz, der allerdings nur zur Geltung kommt, soweit die Kosten für die Errichtung des Gebäudes konsequent von denen der Errichtung der Stellplätze getrennt werden. Der Umfang der finanziellen Anreize hängt in hohem Maße davon ab, ob die Pflicht erlassen oder nur gestundet wird. In letzterem Fall sind durch Baulast gesicherte Vorhalteflächen nötig, die ihrerseits wieder eine finanzielle Belastung bedeuten. Durch die Zusammenlegung der Stellplätze und ein Bauen in die Höhe können diese Vorhalteflächen jedoch deutlich reduziert werden.

Autofreie Siedlungen werden derzeit in nahezu jeder größeren Stadt geplant. Angesichts der Fülle von Ansätzen kann bereits jetzt von einem deutlichen Umdenkungsprozeß gesprochen werden. Viele Menschen sind nicht länger bereit, die lästigen Auswirkungen der übermotorisierten Stadt zu ertragen und suchen neue Formen. Zugleich bleibt aber der Verzicht auf das eigene Auto eine Entscheidung von weitreichender praktischer Konsequenz und hoher emotionaler Dimension.

Klare Vorgaben notwendig

Die Erfahrungen eines der ersten größeren Projekte in Bremen Hollerland haben gezeigt, daß die individuelle Gestaltung und Ausrichtung des Projektes großen Eint1uß auf die Erfolgsaussichten hat. Hierbei sind vor allem die Ausformungen für die Voraussetzungen (Form der vertraglichen Verpf1ichtung, ggf. Eintrag ins Grundbuch) und die Sanktion im Falle der Entscheidung, nachträglich ein eigenes Auto anzuschaffen, von Bedeutung. Für eine positive Akzeptanz ist es unabdingbare Voraussetzung,, daß klare Vorgaben definier und eingehalten werden. Durch die teilweise enge Vernetzung der einzelnen Projekte untereinander ist zu erwarten, daß durch einen intensiven Lernprozeß in absehbarer Zeit Konzepte für Wohnen ohne eigenes Auto entwickelt werden, die eine breite Akzeptanz in der Bevölkerung finden.

Gleichzeitig gilt es jedoch, die in der Siedlungspolitik maßgeblichen Parteien, die Stadtverwaltungen, Bauträger und Architekten vom Potential dieser neuen Wohnidee zu überzeugen.


4. Das Freiburger Modell

Das Freiburger Modell versucht aus den bisher gemachten Erfahrungen zu lernen und einzelne Komponenten aus verschiedenen Projekten zusammenzuführen. Daraus hat sich ein Zwei-Schichten Modell entwickelt. Basis und Voraussetzungen ist eine Stellplatzfreiheit im Gebiet. Darauf aufbauend kann sich Wohnen ohne eigenes Auto in unterschiedlicher Form und Intensität entwickeln.

Gute Voraussetzungen

Das Vauban-Gelände bietet, u.a. aufgrund seiner City-nahen Lage, gute Voraussetzungen, um ein fortschrittliches Verkehrskonzept mit folgenden Komponenten zu verwirklichen:

- Stadtplanerische Voraussetzungen - ein Stadtteil der kurzen Wege: Verkehrsvermeidung durch Verwirklichung eines "Stadtteils der kurzen Wege" und Förderung von Nutzungsmischung (Wohnen - Gewerbe - Erholung),

- Förderung der Verkehrsmittel des Umweltverbundes: Verminderung des KFZ-Verkehrs durch ein attraktives Angebot im öffentlichen Personennahverkehr (kurze Fahrtzeiten aufgrund der innenstadtnahen Lage) sowie Förderung des Fahrrad- und Fußgängerverkehrs (Velorouten, verkehrsberuhigte Bereiche, etc.),

- Parkierungskonzept für den Stadtteil Vauban: umweltgerechtere Gestaltung des verbleibenden PKW-Verkehrs durch die Schaffung stellplatzfreier Wohnquartiere und eines Car Sharing-Angebotes.

Zudem sind die Voraussetzungen für ein "Wohnen ohne eigenes Auto" aufgrund der Lage des Vaubangeländes am Fuße des Naherholungsgebietes Schönberg und der geringen Entfernung zur Innenstadt sehr günstig.

Stadtplanerische Voraussetzungen

Um die oben angesprochene Verkehrsverminderung zu erreichen ist ein breites Angebot von Einrichtungen des öffentlichen Lebens notwendig. Ein Stadtteil der kurzen Wege bedeutet, daß die Wohnung in fußläufiger Entfernung liegt zu allen wichtigen Einrichtungen, vom Kindergarten über die Schule und Sporthalle bis hin zu den Cafés, Geschäften und der Straßenbahnhaltestelle. Als "kurzer Weg" wird eine Entfernung von weniger als 700 Metern angesehen; besondere Attraktivität für die Wohnbevölkerung haben Einrichtungen, die in einem Umkreis von 300 Metern liegen. Ein kleiner Wochenmarkt im Zentrum des Stadtteils fügt sich ideal in ein solches Konzept.

Auf dem Vauban-Gelände sind alle wichtigen Einrichtungen des täglich Bedarfs vorgesehen. Einer Konzentration von Läden und Geschäften allein am Rande an der Merzhauser Straße muß entgegengewirkt werden. Damit sich solche Einrichtungen entlang der Haupterschließungsachse in Form einer Allee in das Vaubangelände hineinziehen, müssen die entsprechenden städtebaulichen und bauplanungsrechtlichen Rahmenbedingungen erfüllt sein. In zentraler Lage sollte ein Platz mit Bauernmarkt, Café und Kiosk entstehen. Die Ausweisung eines Mischgebietes entlang der Allee (zusätzlich zum Misch- und Gewerbegebiet im Norden des Vaubangeländes) und die Förderung einer Gewerbeansiedlung in diesem Bereich würde zu einer Schaffung weiterer Arbeitsplätze führen, - im Idealfall zu Arbeitsplätzen für die im Stadtteil selbst lebende Bevölkerung.

Gestaltung der Erschließungswege

Bei den Verkehrsflächen auf dem Vauban-Gelände soll es sich nicht um Straßen im herkömmlichen Sinne handeln: Sofern für Fahrzeuge das Abstellen in Quartiersgaragen im Randbereich realisiert wird, können die Verkehrsflächen als sogenannte "Mischflächen" mit einem durchgehend einheitlichen Höhenniveau ausgestaltet werden. Hier wären alle Verkehrsteilnehmer gleichberechtigt, vom Rollstuhlfahrer über Fußgänger und Radfahrer bis hin zum motorisierten Anlieferverkehr. Bis auf die zentrale Allee sollten die Straßen bzw. Wege im Quartier als Fußgängerzonen oder verkehrsberuhigte Bereiche und Anliegerstraßen ausgewiesen werden. Diese sollten ergänzt werden durch ein Radwegenetz, das sich in ein übergeordnetes Netz von Velorouten einfügt.

Vor allem Kinder profitieren von den Verhältnissen in solchen weitgehend vom KFZ-Verkehr "befreiten" Quartieren. Der gewonnene "Freiraum" kann in eine Vielzahl privater, halböffentlicher und öffentlicher Räume gegliedert werden. Hier könnten allen Altersstufen die entsprechenden Möglichkeiten zur freien Entfaltung geboten werden: kleine Kinder können sich in Privatgärten oder in relativ abgeschirmten Wohnhöfen aufhalten und mit zunehmendem Alter in einem sich immer stärker erweiternden Umkreis um die Wohnung viel gefahrloser als in konventionell erschlossenen Quartieren "auf Entdeckungsreise gehen".

Bereits jetzt durchquert eine Buslinie das Gelände auf der Merzhauser Straße, so daß anfangs nur der Takt erhöht werden muß. Später soll der Bus in einer Schleife durch das Quartier westlich der Merzhauser Straße fahren, mittelfristig ist vorgesehen, ihn durch die Straßenbahn zu ersetzen. Diese würde eine weitere Komforterhöhung und zusätzlich einen höheren Idendifikationsgrad für die Bewohner mit sich bringen. Für die Übergangszeit sollte auch die Busanbindung über eine eigene Spur auf bzw. entlang der Merzhauser Straße erfolgen. Im Westen des Vaubangeländes soll ein Haltepunkte der geplanten Regio-S-Bahn entstehen.

An einem "Mobilitätskonzept für Vauban", das - in Abstimmung mit der geplanten Mobilitätszentrale am Freiburger Hauptbahnhof - auch die Einrichtung eines Mobilitätsbüros mit Car-sharing beinhaltet, wird derzeit noch gearbeitet.

Parkierungskonzept für den Stadtteil Vauban

Wenn der wesentliche Teil des Vauban-Quartiers als stellplatzfrei ausgewiesen wird, sollen den Stadtteil Vauban im Sinne einer besseren Ausnutzung sowohl die Stellplätze der Wohnbevölkerung, als auch die der Besucher und nach Möglichkeit auch jene der Gewerbetreibenden in Quartierssammelgaragen zusammengelegt werden. Hierbei wird ein entsprechend der Parkdeckhöhe geringer Platzverbrauch erreicht. Der Flächenbedarf für Parkierung kann - wenn die Höhe der automatischen Parkdecks mit 15 m jener der vorgesehenen 5-geschossigen Wohnbebauung entspricht - im Vergleich zu ebenerdigen Parkplätzen bis auf 10% gesenkt werden.

Durch eine Zusammenlegung von Wohn- und Gewerbeparkplätzen kann über eine teilweise Doppelnutzung der Stellplätze eine Ausnutzungsquote von annähernd 150 % erreicht werden. Die Vauban-Besucher und die im Gewerbe- bzw. Dienstleitungsbereich Beschäftigten können auf den Stellplätzen parken, die von der arbeitenden Wohnbevölkerung tagsüber nicht genutzt werden. Je näher die verschieden Funktionen Wohnen, Arbeiten und Handel beieinander liegen, desto besser läßt sich diese Doppelnutzung umsetzen.

Eine mögliche "Verteilung der einzelnen Wohnformen" im neuen Stadtteil Vauban zeigt die folgende Abbildung.

Die Untersuchungen zum Parkierungskonzept Vauban, insbesondere zur technischen, wirtschaftlichen und juristischen Umsetzung, sind noch nicht abgeschlossen. Die Aussagen gehen jedoch klar in die Richtung, daß keine unüberwindlichen Probleme in Sicht sind.

Aus technischer Sicht muß ausreichend Fläche im Randbereich für die Parkdecks ausgewiesen werden. Für eine wirtschaftliche Betreibung der Parkdecks durch eine Gesellschaft liegen schon ausreichend Erfahrungen vor. Aus juristischer Sicht ist es möglich, im Bebauungsplan eine Ausweisung von Stellplätzen auf dem Grundstück nicht zuzulassen und die Erstellung vielmehr als Sonderflächen auf einem Gebiet in zumutbarer Entfernung vorzusehen.

Ausweisen von Stellplätzen

Die Anzahl der auszuweisenden Stellplätze kann bei ausreichendem politischen Willen Stellplätzen grundsätzlich durch die Kombination mit "Wohnen ohne eigenes Auto" darüberhinaus noch weiter gesenkt werden.

Für die Wohnparteien ohne eigenes Auto gibt es nun zwei Varianten. Entweder wird die Herstellung des Stellplatzes gemäß LBO Baden-Württemberg § 37 Abs. 3 nur gestundet, also vorübergehend ausgesetzt. Die Nachweispflicht der Vorhaltefläche (Baulast) bleibt also gleich, nur die tatsächliche Erstellung wird nicht sofort eingefordert. Es ist darüberhinaus aber auch möglich, die Autofrei-Parteien von ihrer hohen Quote der Nachweispflicht von 1,0 Stellplätzen pro Wohneinheit zu befreien. Auf Grundlage des § 37 Abs. 6 (LBO B-W) könnte in Verbindung mit einer Gemeindesatzung diese Quote beispielesweise auf die Hälfte reduziert werden.

Wie bereits erwähnt basiert in unserem Modell ein Wohnen ohne eigenes Auto auf der Basis eines stellplatzfreien Gebietes. Durch dieses Konzept wird nämlich die Vorhaltefläche pro Stellplatz auf 10 % der Fläche reduziert, die bei ebenerdiger Parkierung notwendig wäre. Im konkreten Fall für das Vauban-Gelände bedeutet das bei einer Parkdeckhöhe von 15 m - entsprechend einer fünfstöckigen Bebauung - nur noch ca. 3 qm Grundfläche pro Stellplatz.

Wohnen ohne und mit eigenem Auto

Diesen Vorteil erfahren alle Leute, die kein eigenes Auto haben. Wenn sie ihrer Sache aber nicht so sicher sind, möchten sie sich vertraglich nicht festlegen. Schon gar nicht durch eine Eintragung im Grundbuch. Möglicherwiese legen sie sich in absehbarer Zeit doch wieder eine Auto zu. Bei Anschaffung eines Autos ohne Nachweis eines Stellplatzes muß nun der Preis für die Errichtung eines Stellplatzes an die Parkierungs-Betreibergesellschaft entrichtet oder zumindest ein Stellplatz angemietet werden. Der ehemalige Teilnehmer am "Wohnen ohne eigenes Auto" wechselt über zum "Stellplatzfreien Wohnen". Im Quartier selbst ändert sich dadurch nichts wesentliches.

Darüber hinaus kann es - sofern eine entsprechende Nachfrage vorhanden ist - auf dem Vaubangelände selbstverständlich auch Gebiete geben, in denen sich Menschen zusammenfinden, die eine "stringentere Autofrei-Konzeption" favorisieren (z.B. mit ebenso harten "Ausstiegsklauseln" wie beim Projekt Bremen-Hollerland). Interessierte an einer solchen "Autofrei-Konzeption" müssen sich jedoch schon frühzeitig zusammenfinden und gegenüber der Stadt als gemeinsamer Investor auftreten. Nur so haben sie die Möglichkeit, ein ausreichend großes, zusammenhängendes Gebiet zu erwerben. Die vertraglichen Regelungen bezüglich Einhaltung der Autofreiheit, Überwachung sowie Sanktionen können privatrechtlich geregelt werden.

Dies ist ein erklärtes Ziel des Forum Vauban e.V. als Träger der Bürgerbeteiligung. Die detaillierte Konzeption wird in den nächsten Monaten zusammen mit den zukünftigen Bewohnern erarbeitet.

Literaturverzeichnis

COOLENS, Dirk: Parkraumkonzepte; Leonberg, 1996

DITTRICH, Andrea; Institut für Landesentwicklung und Stadtplanung des Landes Nordrhein-Westfalen: Projektsammlung " Wohnen ohne eigenes Auto"