Dokumentation

Revision des Indienbildes im Schulunterricht

 


Themenkatalog Geschichte


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Inhalt


ALTERTUM/MITTELALTER (ca. 2500 v. Chr. - 1500 n. Chr.)

1) Die Harappa-Kultur soll als Beispiel für eine frühe hochentwickelte Stadtkultur im Zusammenhang mit den bereits in den Lehrplänen vertretenen Reichen Ägypten und Mesopotamien behandelt werden.

2) Die buddhistische Weltmission unter Kaiser Ashoka (268-233 v. Chr.) soll als in ihrer Zeit einzigartiges kulturelles Phänomen Berück- sichtigung finden. Die Bedeutung für den gesamten eurasischen Raum (Ashoka Säulen in aramäisch und griechisch) soll dabei her- ausgearbeitet werden.

3) Die Globalisierung des Handels und der Kulturbeziehungen um die Zeitenwende und die Existenz einer `eurasischen Ökumene' kann anhand der Darstellung des Handels zwischen Rom, Indien und Han-China (Seidenstraße) veranschaulicht werden.

4) Hunnensturm und Völkerwanderung eignen sich zur Demonstration von Analogien und Parallelen zwischen europäischer und indischer Geschichte, da beide Regionen nahezu zeitgleich von diesen Phänomenen betroffen waren.

5) Das gleiche gilt für die Islamische Expansion im 8. Jahrhundert. Die Analogie der Eroberung Sinds mit der Durchdringung Spaniens durch die Mauren soll ebenso zur Sprache kommen, wie die kulturellen Errungenschaften, welche aus Indien über die Vermittlung islamischer Reiche nach Europa gelangten (indische Zahlen etc.).

6) Religiöse Entwicklungen im Mittelalter (8.-12.Jh.) weisen ebenfalls erstaunliche Parallelen auf. Der Hinduismus bildet sich zu seiner heutigen Form heraus, zeitgleich formiert sich die katholische Kirche in Europa. In beiden Religionen bildet sich ein elaboriertes Wallfahrt- wesen aus. Die beiden größten Sakralbauten der Welt entstehen gleichfalls nahezu synchron (Speyrer Dom, Tempel von Tanjore).

7) Ähnlich wie die Ausbreitung von Hunnen und Arabern sollte die Dar- stellung der Expansion von Mongolen und Türken deutlich machen, daß es sich um gesamt-eurasiatische Phänomene handelt, von denen Indien genauso betroffen ist wie Europa (Plünderung Delhis unter Tamerlan, Delhi -Sultanat).

8) Im Zusammenhang mit der Darstellung des Zeitalters der Entdeckungen und der europäischen Expansion wäre darauf hinzuweisen, daß bereits vor den Unternehmungen von Heinrich dem Seefahrer das erste asiatische Seereich in China etabliert wird.

 

MOGULHERRSCHAFT UND KOLONIALISMUS (ca. 1500- 1947)

9) Die Bedeutung der Landung Vasco da Gamas in Indien 1498 für die Globalisierung des Welthandels sollte gebührend gewürdigt werden (Silberstrom: Lateinamerika-Europa-Indien).

10) In einem Themenschwerpunkt Staatenbildung sollte die parallele Entstehung von frühmodernen Großreichen im 16. Jahrhundert (Moguln, Safawiden, Osmanen) untersucht und mit der Herausbil- dung absolutistischer Zentralstaaten in Europa verglichen werden.
(Imitation mogulischer Pracht an europäischen Fürstenhöfen).

11) Bei der Behandlung des 7-jährigen Krieges (1756-1763) soll auf die Totalität der Ereignisse abgehoben werden, indem der nordamerikanische und der indische Kriegsschauplatz berücksichtigt werden (Siebenjähriger Krieg = `erster Weltkrieg').

12) Für eine Beschäftigung mit der Periode der englischen Kolonial- herrschaft in Indien bieten sich mehrere Schwerpunkte, bzw. An- knüpfungsmöglichkeiten an.

a) Im Zuge der Beschäftigung mit der Industrialisierung Englands könnten die Folgen der Modernisierung für eine Kolonie exemplarisch am Beispiel Indien abgehandelt werden.

b) Ergiebig wäre eine Analyse des Raj auch im Kontext der Lehrplaneinheit Imperialismus (Berliner Togo-Konferenz fällt mit Gründung des Indian National Congress zusammen)

c) ebenfalls passend scheint das indische Beispiel im Zusammen- hang mit der Diskussion über die Entstehung der Nationalstaaten in Europa. Die Konsequenzen des Exportes der Nationalstaatsidee in die kolonisierte Welt könnte anhand der Rezeption in Indien aufge- zeigt werden.

13) Der Indische Freiheitskampf bietet sich als paradigmatisches Beispiel für eine antikoloniale Bewegung an, da er eine ganze Welle von Dekolonisationsbewegungen und -bestrebungen lostrat und somit die Entwicklung der Weltgeschichte in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts maßgeblich beeinflußte. In Abweichung bzw. Ergänzung zu bisherigen Darstellungen in deutschen Schulbüchern wären dabei folgende Punkte besonders zu berücksichtigen:

a) Die unverhältnismäßig gewichtige Rolle, die Gandhi in den meisten existierenden Darstellungen zukommt, müßte durch eine angemessene Berücksichtigung anderer Führer und Tendenzen der indischen Nationalbewegung relativiert werden.

b) Die Genese des Muslim Nationalismus und die Entstehung Pakistans verdienen größere Beachtung.

c) Im Sinne einer ausgewogeneren Darstellung müssten sowohl Brüche als auch Kontinuitäten mit der britischen Herrschaft und dem unabhängigen Indien aufgezeigt werden.

 

DAS UNABHÄNGIGE INDIEN (1947-1998)

14) Unter dem Stichwort `Von non-alignment zur Atombombe' bietet sich eine Beschäftigung mit der indischen Außenpolitik seit der Unab- hängigkeit an.

Die Rolle Indiens als Vorkämpfer der Blockfreien-Bewegung müßte ebenso zur Sprache kommen wie die geo-politische Konstellation in Südasien und ihre Folgen.

15) Das parlamentarische System Indiens (etwa im Vergleich mit den Systemen Deutschlands und der USA) böte geeigneten Stoff für ein Schwerpunktthema. Behandelt werden müßten die Unterpunkte

Parteien
Wahlen
Rechtsstaatlichkeit
Quoten
die Rolle von Frauen in der Politik, etc.

16) Ein weiteres ergiebiges Schwerpunktthema ließe sich unter dem Stichwort `multikulturelle Gesellschaft' zusammenfassen. Dort wäre Raum für eine Auseinandersetzung mit den Fragen

Föderalismus und nationale Integration

Subnationale Bewegungen und Separatismus

Säkularismus und Politisierung von Religion

Auch hier böte sich selbstverständlich Gelegenheit für einen Vergleich mit ähnlichen Problemen in Europa.


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