Diskussion über Jugendstrafrecht (Archiv)

Jugend und Kriminalität ist seit Jahrzehnten ein gesellschaftliches, kriminalpolitisches und wissenschaftliches Dauerthema. Der schreckliche Überfall auf einen Münchener U-Bahn-Gast durch einen 17-jährigen Griechen und einen 20-jährigen Türken hat jetzt eine heftige Diskussion ausgelöst. Unionspolitiker stellen fest "Wir haben zu viele kriminelle junge Ausländer" und fordern eine Verschärfung des Jugendstraf- und Abschieberechts sowie Erziehungskamps für straffällig gewordene Jugendliche. Da schallt aus der SPD zurück, bei der Forderung handele es sich um Populismus, beim Jugendstrafrecht gebe es keine Gesetzeslücken, sondern allenfalls Handlungsdefizite. Neben dem Wahlkampfgetöse wird aber endlich auch über Missstände in der Integrationspolitik, über Gründe und Prävention von Jugendgewalt, über Trainingslager für orientierungslose, gewaltbereite junge Menschen und über Alternativen zu deren bloßer Wegschließung in Haftanstalten ernsthaft nachgedacht.

Jugendliche (14 bis 18 Jahre) und Heranwachsende (bis 21 Jahre) begehen mehr Straftaten als Erwachsene. Bei einem Bevölkerungsanteil von nur 5 bzw. 3,5 Prozent sind 12 Prozent aller Tatverdächtigen Jugendliche bzw. 11 Prozent Heranwachsende. Bei den Raubdelikten und bei Sachbeschädigung sind mehr als die Hälfte der Tatverdächtigen unter 21 Jahre alt. Diebstahlsdelikte gibt es in jungen Jahren sowohl bei Jungen als auch bei Mädchen. Männliche Jugendliche begehen aber grundsätzlich deutlich mehr Gewalttaten, mit zunehmendem Alter steigt der Abstand zwischen Jungen und Mädchen stark an.

Bei deutschen Jugendlichen liegen Ladendiebstähle an der Spitze der Statistik (23,4 Prozent im Jahr 2006). Danach folgen Körperverletzung (23,2 Prozent) und Sachbeschädigung (18,9 Prozent). Bei den Jugendlichen mit Migrationshintergrund steht Körperverletzung (28,5 Prozent) vor Ladendienstahl (22,9 Prozent) und Sachbeschädigung (9,4 Prozent).

Insgesamt geht die Kriminalität unter Jugendlichen und Heranwachsenden seit 1998 zurück. Erfasste die Polizei 1998 noch 8,2 Prozent der Jugendlichen und 8,9 Prozent der Heranwachsenden  als verdächtig, eine Straftat begangen zu haben, sank der Wert bis 2006 auf 7,4 Prozent unter den Jugendlichen und auf 8,4 Prozent unter den Heranwachsenden. Während die Häufigkeit von Mord, Totschlag und Raubdelikten in dieser Zeit ebenfalls zurückging, nahm die Häufigkeit schwerer Körperverletzungen unter Jugendlichen und Heranwachsenden zu. Gefährliche und schwere Körperverletzung wird nach der Definition im Gegensatz zur einfachen Körperverletzung von mehreren Tätern begangen oder mit Gegenständen ausgeführt, sei es durch Messerstiche oder Stiefeltritte. Unter Jugendlichen stieg von 1998 bis 2006 die entsprechende Tatverdächtigenziffer je 100.000 Personen von 670 auf 932, unter den Heranwachsenden von 707 auf 1008.

Der Anteil der Ausländer an den tatverdächtigen Jugendlichen und unter den Heranwachsenden beträgt etwa 16,4 bzw. 18,7 Prozent. Rechnet man die Personen mit fremdem ethnischem Hintergrund hinzu, werden 43 Prozent der Gewalttaten in Großstädten von Jugendlichen mit Migrationshintergrund begangen. Auf dem Land und in Kleinstädten sind es 17 Prozent. Im deutschen Durchschnitt dürften die Migranten an allen Gewalttaten Jugendlicher einen Anteil von etwa 27 Prozent haben.

Jugendkriminalität ist weniger ein ethnisches sondern eher ein soziales, familiäres und bildungspolitisches Problem. Gewalttäter gleichen sich unabhängig der Nationalität. Sie stammen meist aus sozialen Randgruppen. Das soziale Umfeld ist für die Entwicklungsmöglichkeit von Jugendlichen besonders wichtig. Vor allem die Situation in der Familie gilt als einer der Hauptfaktoren für die Entwicklung von Aggression und der Neigung zu Straftaten. Opfer elterlicher Gewalt werden deutlich häufiger selbst zum Täter. Je höher die schulische Bildung bei Jugendlichen, desto weniger fallen sie dann auch bei Straftaten auf. "Aggression und Gewaltbereitschaft lässt sich am besten durch gute Erziehung, Bildung, Ausbildung, und Orientierung verhindern," so Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU).

Die Jugendkriminalität muss ganzheitlich durch eine vernetzte Zusammenarbeit von Polizei, Staatsanwaltschaft, Jugendgericht und Jugendbehörden bekämpft werden. Neben dem pädagogisch wichtigen schnellen Abschluss der Verfahren unmittelbar nach der Tat kann so vor allem eine sehr intensive Analyse der Situation des Jugendlichen erreicht werden, die eine individuell passende Reaktion erlaubt. Einen neuen Weg geht hier das "Haus des Jugendrechts" in Stuttgart (s.u.). Eine angemessene Bestrafung verurteilter Jugendlicher muss sicherlich sein. Wir müssen aber auch zur Kenntnis nehmen, dass die bundesweite Rückfallquote von jungen und heranwachsenden Strafgefangenen 78 Prozent beträgt. Gerade der Jugendstrafvollzug kann also nicht beim Wegsperren stehen bleiben. Das wichtigstes Ziel ist daher die Resozialisierung von Straftätern. Ein Beispiel, dass der Jugendstrafvollzug auch neue und erfolgreiche Wege gehen kann, zeigt das "Projekt Chance" (s.u.) in Baden-Württemberg.

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Sind ausländische Jugendliche krimineller?
Kriminalität von Jugendlichen mit Migrationshintergrund

Artikel aus der Zeitschrift DER BÜRGER IM STAAT 1/2003
Sicherheit und Kriminalität (komplett online)

Von Kerstin Reich

Kerstin Reich ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Kriminologie der Eberhard-Karls-Universität Tübingen. Sie führte eine qualitative Untersuchung über junge Aussiedler durch. Das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft unterstützte Forschungsprojekt trägt das Thema: Prozesse von Integration, sozialer Ausgrenzung, deviantem und kriminellem Verhalten bei jungen männlichen Aussiedlern. 

    

 

Ein Problem, das in jüngster Zeit verstärkt diskutiert wird, ist die so genannte Ausländerkriminalität. Ein Blick in die Kriminalstatistiken zeigt, dass in der Tat ein hoher Anteil von Delikten von Nichtdeutschen begangen wird. Das Thema Ausländerkriminalität ist jedoch ein sensibles Feld. Eine unkritische öffentliche Diskussion darüber verstärkt vorhandene Vorurteile. Nicht umsonst ist es ein Lieblingsthema rechtsextremistischer Gruppierungen. Eine differenzierte Auseinandersetzung mit der Thematik ist also notwendig. Zunächst muss man berücksichtigen, dass ein nicht geringer Prozentsatz dieser Straftaten solche gegen das Ausländer- und Asylverfahrensgesetz sind, die nur von Ausländern begangen werden können. Rechnet man diese Straftaten aus der Statistik heraus und berücksichtigt diejenigen Delikte, die von durchreisenden Tätern und Touristen begangen werden, ergibt sich schon ein sachlicheres Bild. Der Beitrag von Kerstin Reich ist eine qualitative Situationsbeschreibung. Aufgrund der Migrationsgeschichte und der Lebensumstände junger Ausländer und Aussiedler ergeben sich besondere Problemkonstellationen. Ein differenzierter Einblick in das Kriminalitätslagebild und die aktuellen Entwicklungen im Strafvollzug zeigen die Notwendigkeit von Förder- und Integrationsaufgaben, die langfristig eine präventive Wirkung entfalten können. Kriminalität ist keine Frage des Passes, sondern auch eine Frage der sozialen Integration. Red.

LpB: Zeitschrift DER BÜRGER IM STAAT 1/2003

Sicherheit und Kriminalität (komplett online)

Die Beiträge in diesem Heft der Zeitschrift "Der Bürger im Staat" sollen ohne Dramatisierung und Bagatellisierung die Fragen von Sicherheit und Kriminalität behandeln. Geplant und realisiert worden ist dieses Heft in enger Kooperation mit Herrn Prof. Dr. Werner Maschke von der Fachhochschule Villingen-Schwenningen, Hochschule der Polizei.

  • Ist die Kriminalitätsrate in unserem Lande schlimmer geworden?
  • Kriminalitätsfurcht und ihre Ursachen
  • Kinder- und Jugenddelinquenz
  • Häusliche Gewalt – ein Problemaufriss aus kriminologischer Sicht
  • Gewalt in der Schule

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Ist der Anstieg der Jugendkriminalität auf ausländische Jugendliche zurückzuführen?

In den letzten Jahren häufen sich Meldungen über den Anstieg der Jugendkriminalität in Deutschland. Im Mittelpunkt des Interesses steht dabei vor allem der seit Ende der 90er-Jahre zu beobachtende deutliche Anstieg der Gewaltkriminalität junger Menschen. In der öffentlichen Debatte lautet eine häufig vorgetragene These, dass dieses Phänomen primär auf hier lebende ausländische, nichtdeutsche Jugendliche zurückzuführen sei 1. Bei den Straftaten der deutschen Jugendlichen wird seit einigen Jahren der Verdacht dahingehend geäußert, dass dafür mit steigendem Anteil auch Jugendliche mit Migrationserfahrung verantwortlich seien: Nämlich junge Aussiedler mit deutschem Pass, die Straftaten zu Lasten der Deutschen begehen, da junge Aussiedler - weil nicht gesondert registriert - in die Statistik mit eingerechnet werden. Diese Befunde stehen mit der (oft nicht ganz vorurteilsfreien) Wahrnehmung und Einstellung der einheimischen Bevölkerung im Einklang, die in Zeiten vermehrter Zuwanderung besonders sensibilisiert ist und allein schon die Zugehörigkeit zu einer anderen Nationalität mit kriminellem Verhalten in Zusammenhang bringt.

Die ausländische Bevölkerung ist keineswegs eine homogene Gruppe

Allein die Tatsache, dass die Jugendlichen aus einem anderen Land mit unterschiedlichem kulturellen Hintergrund in die Bundesrepublik zugewandert sind, impliziert nicht, dass es zwischen den verschiedenen Migrantengruppen nur Gemeinsamkeiten gibt. Aus der vergleichenden Migrationsforschung weiß man, dass bei Wanderungsbewegungen Voraussetzungen und Gründe der Auswanderung, die Umstände der Ausreise selber und auch die Lebenssituation in Deutschland eine entscheidende Rolle für die Integration, aber auch für die Entwicklung von Kriminalität spielen (Eisner 1998).

Voranstellen muss man, dass es sich bei "Ausländern" oder "Nichtdeutschen"2, auch wenn sie unzulässigerweise immer unter dieser Kategorie zusammengefasst werden, nicht um eine homogene Gruppe handelt. Wenn Arbeitsmigranten und Asylbewerber, Kriegsflüchtlinge und Touristen, Gaststudenten aus dem Ausland allesamt mit dem Etikett "Ausländer" versehen werden, unterschlägt man wichtige Differenzierungen. So auch die, dass sie sich aus ganz unterschiedlichen Motiven in Deutschland aufhalten und unter unterschiedlichen Bedingungen hier leben. Für eine vergleichende Betrachtung von Ausländern und Aussiedlern erscheint es sinnvoll, eine kurze Charakterisierung der in Deutschland lebenden ethnischen Minderheiten vorzunehmen 3. Die größte Gruppe mit circa 6,1 der 7,3 Millionen hier lebender Ausländer sind Arbeitsmigranten, die in den 60er-Jahren meist aus den mediterranen Ländern angeworben wurden, um Engpässe auf dem deutschen Arbeitsmarkt zu überwinden. Überwiegend sind es Türken, die hier leben, Angehörige der heutigen Bundesrepublik Jugoslawien, Italiener und Griechen. Danach folgen Polen, deren Zahl sich seit der Krise der sozialistischen Systeme in den 80er- Jahren drastisch erhöht hat. Lange Zeit wurde sowohl von den Zugewanderten als auch von Seiten der Aufnahmegesellschaft damit gerechnet, dass bei diesen Migranten ein fester Rückkehrwille besteht. Im Laufe der Jahre haben aber immer mehr Zuwanderer aus den ehemaligen Anwerbeländern ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland gefunden und sich für einen längeren oder dauerhaften Aufenthalt eingerichtet.

Bei der Zuwanderung von Aussiedlern hingegen handelt es sich aus historischer Perspektive um eine Rückwanderungsbewegung. Nach Deutschland kommen Aussiedler, deren Vorfahren vor mehr als hundert Jahren ausgewandert sind und die selbst nie innerhalb der Grenzen Deutschlands gelebt haben. Trotzdem sind sie gemäß dem in Deutschland geltenden Abstammungsprinzip (ius sanguinis) und im Sinne des Art. 116 Grundgesetz (GG) Deutsche und erhalten dementsprechend nach der Einreise einen deutschen Pass.

Im Gegensatz zu anderen Zuwanderern haben sie damit sofort nach der Einreise eine sichere Rechtssituation. Auch ist das Ausreisemotiv ein anderes: Ihre Ausreise nach Deutschland ist gewollt und auf Dauer angelegt. Die Option, in die GUSStaaten zurückzugehen, zieht von vorneherein niemand ernsthaft in Betracht.

Auch für die Kinder bietet das erhebliche Vorteile. Sie sind keine "Kofferkinder", die, wie bei anderen Gruppen durchaus üblich, zu ihrer Erziehung oder bei auftauchenden Problemen zurück zu Verwandten ins Herkunftsland geschickt werden.

Die Zuwanderung aus Osteuropa und der ehemaligen Sowjetunion hielt sich lange Zeit im Rahmen, da sie häufig nur aus Gründen der Familienzusammenführung zustande kam. Bis Ende der 80er-Jahre kamen Aussiedler überwiegend aus Polen und Rumänien. Erst mit dem Zusammenbruch der sozialistischen Systeme änderte sich dies drastisch. Nun wurde auch den Deutschen in der Sowjetunion erlaubt, Ausreiseanträge zu stellen. Dies führte schließlich dazu, dass seit Anfang der 90er-Jahre Aussiedler nahezu ausnahmslos aus den GUS-Staaten nach Deutschland kommen.

Die Motivation der Aussiedler zu diesem radikalen Wechsel der Lebensumstände hat sich über die Jahre gewandelt. Ursprünglich stand für die Ausreisewilligen an erster Stelle "als Deutsche unter Deutschen leben zu wollen" und nicht mehr wegen ihrer Volkszugehörigkeit diskriminiert zu werden. Folglich kamen sie mit der (Wunsch-) Vorstellung nach Deutschland, hier unter "ihresgleichen" leben zu können. Anfang der 90er-Jahre, nach dem "Massenansturm" von fast 400.000 Aussiedlern stand - nachdem bereits viele ausgereist waren - die Familienzusammenführung im Vordergrund. Inzwischen handelt es sich bei dieser Wanderungsbewegung um eine Kettenmigration, die den Nachteil hat, dass die Leute weniger aus eigener Motivation diesen Wechsel der Lebensbedingungen auf sich nehmen als aufgrund des Soges, der von den bereits ausgereisten Familienmitgliedern ausgeht. Natürlich hat auch der ökonomische Niedergang in der ehemaligen Sowjetunion dazu beigetragen, dass sich die Deutschstämmigen auf ihre Wurzeln besinnen und in der Heimat der Vorfahren eine Zukunftsperspektive - vor allem für ihre Kinder - suchen.

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Einstellungen und Stimmungen gegenüber Zuwanderern

Für die Wahrnehmung in der Bevölkerung macht der (aufenthalts-) rechtliche Status der Zuwanderer keinen bedeutenden Unterschied. Aussiedler werden - trotz ihrer deutschen Staatsangehörigkeit 4 - als Ausländer wahrgenommen. Die Einstellung und das Stimmungsbild gegenüber Zuwanderung steht damit offensichtlich stärker mit anderen Faktoren in Zusammenhang.

Hauptgrund für Diskriminierungen sind kulturelle Unterschiede, die sich in der Sprache ausdrücken, aber auch im Aussehen und für Einheimische ungewohnte, kulturell geprägte Verhaltensweisen und Umgangsformen. Nach Siebert-Ott (1990) besteht der Hauptunterschied zwischen den beiden Gruppen darin, dass in unseren Alltagskonzepten Ausländer meist als die ganz anderen, als "fremd" und damit zugleich als kulturelle Herausforderung erfahren werden, während Aussiedler zunächst als "bekannt", als "gleich" kategorisiert werden. Während bei den Ausländern die grundsätzlich positive Einschätzung der Möglichkeiten interkultureller Begegnung überwiegt und die Begegnung mit der fremden Sprache und Kultur in vielen Fällen als Bereicherung der eigenen Kultur gewertet wird, lässt die Einschätzung der Aussiedler diese zu einer kulturellen Herausforderung in einem ganz anderen Sinne werden. Die Diskrepanz besteht darin, dass Aussiedlerfamilien davon ausgehen, mit dem gleichen kulturellen Hintergrund zu kommen und sich daher selbst als "deutsch" einstufen. In den letzten Jahren wird aber beklagt, dass immer mehr Aussiedler mit immer weniger deutschen Sprachkenntnissen kommen und dass vor allem die Jugendlichen in der Alltagskultur des Herkunftslandes sozialisiert sind. Anpassungserwartungen, die an sie herangetragen werden, vermögen sie nicht zu erfüllen und damit erscheint die kulturelle Distanz doch ausgeprägter zu sein als die von ihnen angenommene Nähe. Dazu gesellt sich noch die Tatsache, dass gerade das Schicksal und die Geschichte der Russlanddeutschen in der Sowjetunion sie mit erheblichen Privilegien vor allem finanzieller Art nicht nur gegenüber anderen Zuwanderern, sondern dem verbreiteten Eindruck nach auch gegenüber der einheimischen deutschen Bevölkerung ausstattet. Wenn das in einer Zeit geschieht, in der wie in den letzten Jahren Ressourcen (z. B. auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt), aber auch staatliche Unterstützungsleistungen knapp werden, scheint sich ein Einstellungswandel breit zu machen.

Dies geht zumindest aus einer im Jahre 1988 vom Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales in Nordrhein-Westfalen in Auftrag gegebenen Repräsentativbefragung hervor, in der festgestellt wurde, dass die Grundhaltung der Bevölkerung den Aussiedlern gegenüber zum Zeitpunkt der Befragung einigermaßen aufgeschlossen und hilfsbereit war. Ähnlich wie bei den Arbeitsmigranten wurden auch Aussiedler bis Anfang der 90er- Jahre als begehrte Arbeitskräfte, die sich durch Fleiß und Zuverlässigkeit auszeichnen, willkommen geheißen. Eine Untersuchung des Ministeriums, die vier Jahre später mit ähnlicher Fragestellung durchgeführt wurde, ergab, dass insbesondere die hohe Anzahl - fast vier Millionen (davon zwei Millionen aus der GUS) seit 1990 nach Deutschland gekommener Aussiedler - das Solidaritätspotenzial erschöpft und wiederholt (vielfach) Abwehrreaktionen in der bundesdeutschen Bevölkerung hervorgerufen hat. Daraus wurde geschlossen, dass die soziale und humanitäre Grundsympathie rasch in eine ablehnende Haltung umschlagen kann, wenn materielle Eigeninteressen angetastet, die eigene Zukunftsperspektive und der eigene Lebensstandard der Eingesessenen als bedroht angenommen werden. Dass Zuwanderer den Sozialstaat "ausnützen" 5 ist nur eines der Vorurteile, die kursieren. Ein anderes, das sich vor allem aufgrund der zur Sensation neigenden Berichterstattung in den Medien hartnäckig hält, ist, dass Zuwanderer - besonders deren Kinder - kriminell sind und eine potenzielle Gefahr für die innere Sicherheit darstellen. In beiden Gruppen fällt nur ein geringer Anteil mit negativem oder gesetzeswidrigem Verhalten auf. Dennoch wird auf der Basis von Stereotypisierungen auf die ganze Gruppe geschlossen. So scheinen Ausländer und Aussiedler in der Wahrnehmung der Bevölkerung eine Metamorphose durchlaufen zu haben: Aus dem gesetzestreuen Arbeitsmigranten ist ein krimineller Ausländer geworden (Geissler 1999). Aus dem Aussiedler, vormals als Opfer des unmenschlichen sozialistischen Systems in Deutschland willkommen geheißen, ist ein Nutznießer des Sozialstaats geworden. Er wird in Zusammenhang mit der russischen Mafia gebracht und die Jugendlichen werden als "soziale Zeitbombe"  da sie als Mitverursacher der auffälligen Jugendkriminalität gelten, benannt. Es erübrigt sich darauf hinzuweisen, dass sich solche Dinge in den Köpfen abspielen und nicht zwangsläufig viel mit der Realität gemeinsam haben (Geissler 1999).

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Die Lebenssituation junger Ausländer und Aussiedler in Deutschland

Ausländische Arbeitnehmer stellen ein zentrales, unverzichtbares Segment des deutschen Arbeitsmarktes dar, da sie meistens Arbeitsplätze einnehmen, für die keine Deutschen zur Verfügung stehen. Zuwanderer verrichten überproportional häufig belastende und gefährliche Arbeiten. Sie sind nicht selten in krisenanfälligen Branchen beschäftigt und zudem in besonders bedrohten Positionen mit niedrigen Qualifikationsanforderungen. Somit sind die Arbeitsplatzrisiken und auch die Armutsrisiken besonders hoch. Alle diese Faktoren tragen dazu bei, dass Zuwanderer in vielen Fällen dem Prozess der Verarmung unterliegen.

Die berufliche Situation der Elterngeneration beeinflusst auch die (Aus-) Bildungschancen der Kinder und Jugendlichen. Zuletzt konnte die PISA-Studie (2002) bestätigen, was schon immer vermutet wurde, dass nämlich für Kinder aus sozial schwachen Familien - auch innerhalb der deutschen Bevölkerung - erhebliche Bildungsbarrieren bestehen. Wenn man davon ausgeht, dass die Bildungs- und Ausbildungschancen einen wichtigen Gradmesser der sozialen Integration ethnischer Minderheiten darstellen, so scheint diese nicht gelungen zu sein. Denn beim Vergleich der Schulabschlussquoten zeigt sich, dass der weit überwiegende Teil der Ausländer und Aussiedler die Hauptschulen besucht (Dietz/Roll 1998, Geissler 2000, Periodischer Sicherheitsbericht 2001).

Problematisch sind auch die Hindernisse für junge Ausländer und Aussiedler im Rahmen ihrer Berufsausbildung. Dem liegen zum einen Fehleinschätzungen innerhalb der Migrantenfamilien über den Wert einer guten Berufsausbildung beziehungsweise eines schnellen Verdienstes zugrunde. Zum anderen stoßen junge Migranten in Betrieben auf Vorurteile und Einstellungshindernisse (Toprak 2000).

Beeinflusst werden gesellschaftliche Teilhabechancen auch durch Abgrenzungen und Ausgrenzungen, die nicht nur von der Aufnahmegesellschaft, sondern auch von den Zuwanderern selbst ausgehen können. Die Elterngeneration der Zuwanderer kommt aus einer anderen als der hoch technisierten Welt mit ihrer scheinbar uneingeschränkten Freizügigkeit. In der Begegnung mit den gesellschaftlichen Bedingungen hierzulande kann deshalb ein Kulturkonflikt zum Ausdruck  kommen, der sie verwirrt, überfordert und dazu veranlasst, sich auf die eigene Ethnie zurückzuziehen, um weiter die Traditionen und gewohnten Normen, Werte und Verhaltensmuster zu pflegen.

Durch die unterschiedliche Geschwindigkeit und Bereitschaft von Eltern und Jugendlichen, sich in die neue Umgebung einzuleben, driften die Einstellungen von Eltern und Jugendlichen auseinander.

Schließlich wird der Kulturkonflikt in die Familien hineingetragen und dort zu einem offenen Generationenkonflikt. Die Jugendlichen sind dann gefordert, in einem Balanceakt die Erwartungen und Ansprüche der Eltern mit den Anforderungen der Aufnahmegesellschaft in Einklang zu bringen (Reich u.a. 1999).

Die besonderen Lebensbedingungen von Ausländern und Aussiedlern werden auch durch ihre Wohnsituation charakterisiert, die Trends zur Segregation aufweist. Besonders Aussiedler sind davon betroffen. Bei ihnen folgt der ein- bis zweijährigen Unterbringung in einem meist entlegenen Übergangswohnheim der Umzug in Wohngegenden, die als "ethnische Enklaven" im deutschen Umfeld bezeichnet werden können (Luff 2000).

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Das Lagebild der Ausländer- und Aussiedlerkriminalität in der offiziellen Berichterstattung

Um Aussagen zur Kriminalität von jungen Ausländern und Deutschen treffen zu können, werden als Grundlage meist die Daten, die in der Polizeilichen Kriminalstatistik ( PKS) enthalten sind, herangezogen. Abgesehen davon, dass die Polizeiliche Kriminalstatistik als Rechenschaftsbericht der polizeilichen Tätigkeit nicht verbindlich festgestellte "Kriminalität", sondern "Tatverdacht" widerspiegelt, gibt es für beide Gruppen Probleme bei der Erstellung eines Kriminalitätslagebildes. Insofern finden sich auch hier Parallelen, denn es lassen sich keine exakten oder verlässlichen amtlichen Zahlen über die von Ausländern und Aussiedlern begangenen und registrierten Straftaten - und damit Belastungszahlen - ermitteln. Die jungen Aussiedler sind von vornherein kriminalstatistisch unauffällig, weil sie als Deutsche nicht gesondert in der Polizeilichen Kriminalstatistik ausgewiesen werden 6.

Für die Gruppe der Nichtdeutschen gilt, dass sie gesondert registriert wird. In Fachkreisen wird aber an der Aussagekraft der Daten der Polizeilichen Kriminalstatistik gezweifelt, weil bestimmte Verzerrungsfaktoren vorhanden seien, die im Wesentlichen zu einer Überschätzung der Kriminalitätsbelastung im Vergleich zu einheimischen Deutschen führen würden 7. So ist man sich in der Kriminologie einig, dass dem ersten Blick allein nicht Glaube geschenkt werden darf. Bestimmte Aussagen oder Schlussfolgerungen aus den kriminalstatistischen Daten können erst dann abgeleitet werden, wenn diese Faktoren möglichst umfassend kontrolliert wurden und man von einer (trotzdem nicht vollständigen oder idealen) Vergleichbarkeit der Gruppen ausgehen kann (Villmow 1999). Geissler (1995) hat für die vergleichende statistische Analyse deshalb ein mehrstufiges Bereinigungsverfahren vorgeschlagen, dass folgende Faktoren beachten muss:

  1. Es müssen Tatverdächtige ausgeschlossen werden, die mit ausländerspezifischen Straftaten wie Verstößen gegen das Ausländer- und Asylverfahrensgesetz auffallen. Deutsche können nur schwerlich unter Verdacht geraten oder dagegen verstoßen.
  2. Tatverdächtige, die nicht zur Bevölkerung gehören, dürfen nicht aufgenommen werden. In die Bevölkerungsstatistik, die der Berechnung der Belastungszahlen zugrunde liegt, gehen illegale Zuwanderer, Touristen usw. nicht ein. Sie werden aber in der Kriminalstatistik registriert.
  3. Migrantengruppen weisen meist mit einem höheren Anteil an jungen, männlichen Personen eine andere soziostrukturelle Zusammensetzung auf als die einheimische Bevölkerung (Waters 1999). Weitere strukturelle Unterschiede sind darin zu sehen, dass sie häufig in Großstädten angesiedelt sind und, bedingt durch die Arbeitsplatzsituation, häufiger der Unterschicht angehören (Periodischer Sicherheitsbericht 2001). All diese Faktoren legen nach kriminologischem Erkenntnisstand von vornherein eine höhere Kriminalitätsbelastung nahe und erhöhen das Risiko, als tatverdächtig polizeilich aufzufallen.
  4. Die Anzeigebereitschaft der Bevölkerung sowie die Intensität und Dichte polizeilicher Kontrollen haben eine erhebliche Bedeutung dafür, wie strafrechtlich relevante Verhaltensweisen vom Dunkel- ins Hellfeld gelangen. Ein "ethnischer Selektionsmechanismus" kann bei der Bevölkerung und bei der Polizei 8 dazu führen, dass die Straftaten von Kindern und Jugendlichen ethnischer Minderheiten häufiger angezeigt und registriert werden als diejenigen der jungen Deutschen.

Diese Verzerrungsfaktoren sind Fehlerquellen, die Anlass dazu geben, bei der Interpretation der Kriminalitätsstatistik Sorgfalt walten zu lassen. Allerdings stößt man auch dann noch auf Schwierigkeiten, denn der wichtigste Variablenbereich, die soziale Situation - zu der Bildung, Beruf, Wohnverhältnisse genauso wie die Akzeptanz und die Integrationsbereitschaft der sozialen Umgebung gehören - taucht in keiner Statistik auf und kann daher nicht kontrolliert werden. Insofern lassen sich mehr oder weniger Aussagen nur über sich abzeichnende Trends formulieren. Letztlich können keine exakten Werte geliefert werden. Einigkeit besteht allerdings über die Tendenz, dass von einer Zunahme der Kriminalität, insbesondere bei den jungen Zuwanderern, auszugehen ist. Nur noch wenige nehmen an, dass sich die Unterschiede bei der Kriminalitätsbelastung zwischen Deutschen und Nichtdeutschen auch bei Kontrolle aller oben genannten Faktoren eliminieren ließen. In der Konsequenz ist vor allem die nachwachsende Generation aufgrund ihrer Delinquenzbelastung häufiger Gegenstand besorgter Kommentare, die regelmäßig mit dem Hinweis auf erhebliche existierende Konfliktlagen versehen werden.  

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Die Entwicklung der registrierten Kriminalität bei jungen Zuwanderern

Neuere Studien (z.B. die Schülerbefragungen des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen) kommen zu dem Ergebnis, dass sich die Integrationsdefizite in den letzten Jahren besonders bei den jungen Migranten in einer hohen Rate krimineller Handlungen niederschlagen und gerade diese Gruppe besonders für Gewalt- und Eigentumsdelikte anfällig macht. In Übereinstimmung damit zeigen die Daten der Polizeilichen Kriminalstatistik, dass die ausländischen Kinder, Jugendlichen und Heranwachsenden teilweise deutlich höher belastet erscheinen, als die entsprechenden deutschen Gruppen (z.B. Steffen 1995, Pfeiffer u.a. 1998, Kaiser 1996, Schwind 1998; im Überblick vgl. Periodischer Sicherheitsbericht 2001).

Nach Schwind (2002) übersteigt der Prozentsatz an Tatverdächtigen regelmäßig denjenigen, den sie an der Bevölkerung haben. Belegt wird dies durch eine Studie der Sonderforschungsgruppe der bayerischen Kriminalpolizei, wonach der Anteil der Nichtdeutschen an der gleichaltrigen Bevölkerung relativ stabil über die Jahre etwa 10 % beträgt. Im Jahr 1999 wurde aber jeweils ein Fünftel (jeweils 22,1%) der ausländischen Kinder und Jugendlichen als Tatverdächtige erfasst (Steffen/Elsner 2000).

Vergleicht man nun die Entwicklungen der deutschen und der nichtdeutschen Bevölkerungsgruppe seit 1993, so fällt auf, dass diese ganz unterschiedlich verlaufen sind. Die Kurve der gesamten Jugendkriminalität zeigt bei den Deutschen 1995 mit 16,9% den stärksten Anstieg, danach flachte die Zunahme kontinuierlich ab. Einen Rückgang der Registrierungshäufigkeiten gab es erstmals 1999.

Bei den ausländischen Jugendlichen gab es 1994 einen Rückgang und von 1995 bis 1997 Steigerungsraten, die aber geringer ausgeprägt waren als bei den gleichaltrigen Deutschen (Traulsen 2000). Bereits ein Jahr früher, 1998, setzte bei den Nichtdeutschen wieder ein Rückgang ein.

Beim Vergleich der absoluten Zahlen, die der Abbildung zu Grunde liegen, dominieren nach wie vor die Deutschen. Vor allem im Zeitraum von 1993 bis 1999 hat die Zahl der tatverdächtigen deutschen Kinder um 81,1% zugenommen, die der nichtdeutschen nur um 24,5%. Bei den Jugendlichen war ein Anstieg im gleichen Zeitraum um 63% bei den deutschen und um 1,9% bei nichtdeutschen Jugendlichen zu verzeichnen.

Auch wenn damit in den 90er-Jahren die absolute Zahl der tatverdächtigen Ausländer wieder abnimmt, kommt die von Pfeiffer u.a. auf dem Jugendgerichtstag 1998 vorgestellte Studie zu dem Ergebnis, dass der andauernde und enorme Anstieg der Jugendkriminalität bei den 14- bis 21- Jährigen zu einem Großteil den Nichtdeutschen zugeschrieben werden kann. Relativiert wird dies durch die gegenläufige Entwicklung der jeweiligen Bevölkerungszahlen, nach der die 14- bis 21-jährigen Deutschen um 36,8% abgenommen haben, während sie bei den Ausländern um 34% zugenommen haben.

Für den Anstieg der Tatverdächtigenzahlen bei den jungen Deutschen wird die Gruppe der jungen Aussiedler mitverantwortlich gemacht. Dazu existiert zwar kein vergleichbares Zahlenmaterial, jedoch hat das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen (1996) die Auswirkungen vermehrter Aussiedlerzuwanderung auf die Kriminalitätsentwicklung für die Jahre 1990 bis 1996 in einem Landkreisvergleich untersucht. In die Studie gingen fünf niedersächsische Landkreise mit besonders hoher und vier Landkreise mit geringer Zuwanderung ein. Im Vergleich zeigte sich, dass in Landkreisen mit vermehrter Zuwanderung von Aussiedlern besonders die 14- bis 21-jährigen deutschen Tatverdächtigen hohe Anstiegsquoten besonders bei Diebstahlsund Gewaltdelikten aufwiesen, während Landkreise mit niedriger Zuwanderung von dieser Entwicklung verschont blieben. Vielfach wurden Kritikpunkte gegen diese Vergleichsstudie vorgebracht, aber zumindest der nachgewiesene "Trend" scheint sich nicht wegdiskutieren zu lassen, wie auch eine wiederholte Analyse im Jahr 1997 bestätigte.

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Vergleiche einzelner Deliktsgruppen sind aufschlussreich

Viel bedeutsamer als die Betrachtung der Entwicklung der Gesamtkriminalität ist die genauere Betrachtung, bei welchen Deliktarten Migranten besonders hohe Belastungsquoten aufweisen. Denn diese Angaben prägen entscheidend das Bild der Bevölkerung von den Zuwanderern und beeinflussen Einstellungen, Stimmungen und Vorurteile. Sie legen Konfliktlinien fest und beeinflussen die Qualität der Gestaltung sozialer Begegnungen.

Diebstahl als häufigstes Delikt

Der weitaus größte Teil der jungen Deutschen wie der jungen Nichtdeutschen wird mit Diebstahlsdelikten registriert.

Seit Öffnung der Grenzen nach Osten und der damit einhergehenden Wanderungsbewegung hat sich die Registrierungsrate bei den nichtdeutschen Jugendlichen verdoppelt, bei den nichtdeutschen Heranwachsenden sogar vervierfacht. In Zahlen ausgedrückt bedeutet das eine Zunahme des Anteils der Nichtdeutschen an den registrierten Jugendlichen im Zeitraum von 1984 bis 1993 von 14,6% auf 33,3%. Danach folgt von 1993 bis 1999 ein Rückgang auf 21%. Bei den Heranwachsenden stieg der Anteil bis 1993 von 13,6% auf 49,1%. Danach ergab sich ein Rückgang auf 30 % bis zum Jahr 1999. Der Anstieg in diesem Deliktsbereich von 1988 bis 1993 wird zu zwei Dritteln mit der Zunahme der Asylbewerber begründet. Dafür spricht, dass nach dem Inkrafttreten der neuen Asylgesetzgebung im Jahr 1993, die eine deutliche Verringerung von Asylbewerbern zur Folge hatte, bis 1999 ein Rückgang der nichtdeutschen Tatverdächtigen bei Diebstahlsdelikten festzustellen ist (Periodischer Sicherheitsbericht 2001).

Auch bei den jungen Aussiedlern ergeben sich aus den Sonderauswertungen der bayerischen Forschungsgruppe (Luff 2000), dass der Schwerpunkt der kriminellen Auffälligkeit bei allen Altersgruppen durchgehend der einfache Ladendiebstahl ist. Ganz eindeutig fällt diese Deliktspräferenz bei den kindlichen und jugendlichen Tatverdächtigen auf. Somit sind die 10- bis 13-Jährigen 3,4-mal so hoch belastet wie die einheimischen Deutschen in dieser Altersgruppe (Grundies 2000).

Als Erklärungen für dieses übereinstimmende Bild, dass sich hinsichtlich der zahlenmäßig stark vertretenen Deliktsart bei Aussiedlern und Ausländern ergibt, könnten die Armutshypothese (Pfeiffer 1998) sowie anomietheoretische Überlegungen besonders gut greifen. Danach sind junge Migranten überdurchschnittlich von Armut und Arbeitslosigkeit betroffen. Dies trifft besonders dann zu, wenn Jugendliche schon einige Zeit in Deutschland leben und deutsche (Konsum-)Ansprüche entwickelt haben. Die Feststellung, dass diese Ansprüche nicht erfüllt werden können, ist von der Gefahr begleitet, zu "innovativen" Lösungsmöglichkeiten überzugehen und sich auf illegalem Weg das zu beschaffen, was einem mit legitimen Mitteln verwehrt bleibt.

Abb. 1: Entwicklung der absoluten Tatverdächtigenzahlen

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Gewaltdelikte haben besorgniserregend zugenommen

In der öffentlichen Diskussion und in Problemanalysen steht jedoch eine ganz andere Deliktgruppe im Mittelpunkt: die der Gewaltstraftaten. Hier hat sich eine besonders dramatische Entwicklung ergeben und es wird auf die überdurchschnittlichen Anteile der jungen Ausländer daran hingewiesen (Steffen/Elsner 2000, Pfeiffer 1999). Die Steigerung, die sich ergeben hat, ist nur zu einem Bruchteil den einheimischen Deutschen zuzurechnen. Die meisten Taten gehen auf das Konto von jungen Ausländern und Spätaussiedlern sowie eingebürgerten Deutschen (Pfeiffer 1998).

Aus der Abbildung 2 geht hervor, dass sowohl bei den deutschen, als auch bei den jungen nichtdeutschen Tatverdächtigen die Häufigkeit, mit der sie mit Gewaltdelikten erfasst werden, zugenommen hat. 1999 wurden 6,7% der deutschen gegenüber 11,9% der nichtdeutschen Kinder (8-13 Jahre) registriert. 1989 waren es jeweils noch um die 3%. Für die 14- bis 17- Jährigen liegen diese Werte bei den Deutschen 1999 um 12% und 19,6% für die Nichtdeutschen. Auch hier waren die Zahlen ein Jahrzehnt vorher deutlich niedriger (7,1 bzw. 11,4%).

Abb. 2: Entwicklung der Gewaltdelikte

Trotz der starken Zunahme der Gewaltkriminalität, die auch bei den jungen Deutschen auftaucht, werden die Nichtdeutschen immer noch überdurchschnittlich häufig in diesem Bereich registriert. Nach der Untersuchung der bayerischen Kriminalpolizei haben in der Gruppe der Nichtdeutschen Kinder einen Anteil von 32,1%, an allen Jugendlichen einen Anteil von 31,7%.

Vor allem nach 1993 hat es einen Anstieg an Tatverdächtigen gegeben. Eine Untersuchung der kriminologischen Forschungsgruppe der bayerischen Polizei (Elsner/Steffen/Stern 1998) hat hier auf der Basis von Sonderauswertungen die Erkenntnis geliefert, dass vor allem der Anteil der 14- bis 17-jährigen Nichtdeutschen an den Gewaltstraftaten im Jahr 1995 mit 60 % doppelt so hoch wie noch Mitte der 80er-Jahre war (Periodischer Sicherheitsbericht 2001).

Was sind mögliche Gründe für den besorgniserregenden Anstieg in diesem Deliktsbereich? Pfeiffer (1999) führt zwei Gründe dafür an, dass vor allem junge Ausländer zunehmend zu Gewalttaten neigen. Erstens handele es sich um eine besonders benachteiligte Gruppe und zweitens seien traditionelle Vorstellungen junger Türken und Südeuropäer von männlicher Macht dafür verantwortlich. Bei jungen Türken werden Gewalthandlungen durch ihre Auffassung von Ehre und Ehrverletzungen ausgelöst oder motiviert. So ist die Ehre des Mannes dann in Frage gestellt, wenn ein Mitglied der Familie von Außenstehenden verbal oder tätlich angegriffen werden. Ein Mann muss dann Stärke und Selbstbewusstsein demonstrieren und solche Ehrverletzungen ahnden, wenn er die Sicherheit der Familie gewährleisten will (Toprak 2000). Der Einsatz von Gewalt ist damit für solche Fälle legitimiert und die Interpretationen von Situationen können vielfältig und von den Begleitumständen (z. B. Alkoholkonsum) abhängig sein.

Werden Erklärungen ins Feld geführt, dass bestimmte Formen von Kriminalität - insbesondere die Gewaltkriminalität - kulturell geprägt sein könnten, so interessiert die Frage, ob es sich um "importierte" oder um "hausgemachte" Kriminalität handelt. Um dies beantworten zu können, ist ein Blick auf die Aufenthaltsdauer der jungen Tatverdächtigen hilfreich: Halten sich die auffälligen Ausländer und/oder Aussiedler erst seit kurzer Zeit in Deutschland auf oder leben sie seit vielen Jahren bzw. von Geburt an hier und wurden sie hier sozialisiert?

Abb. 3: Raten der aktiven Gewalttäter nach ethnischer Herkunft

Prozentanteile

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Im Berichtsjahr 1999, in dem erstmals auch die Aufenthaltsdauer - allerdings nur für Bayern und Niedersachsen - registriert wurde, lebte deutlich mehr als die Hälfte der bis 21-Jährigen, die mit Delikten der Gewaltkriminalität erfasst wurden, zumindest länger als vier Jahre in Deutschland und ein nicht unerheblicher Teil wurde hier geboren (Steffen/Elsner 2000). Auch in den Schülerbefragungen des  Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen (1998 und 2000) hat sich gezeigt, dass die Gewalttäterraten der jungen Migranten umso höher ausfallen, je länger sie sich bereits in Deutschland aufhalten.

Ergänzend dazu gibt es allerdings eine weitere qualitative Beobachtung der Forschungsgruppe der bayerischen Polizei. Demnach hat sich der für die Kriminalität verantwortliche Personenkreis geändert. So hat sich die Jugendkriminalität der Nichtdeutschen dahingehend gewandelt, dass sich die Flüchtlingsbewegungen aus dem ehemaligen Jugoslawien in den Statistiken niederschlugen und damit nicht mehr wie vor dem Zerfall Jugoslawiens von der zweiten und dritten Generation der Gastarbeiterfamilien geprägt ist.

Dieser Befund zeigt sich auch in der Dunkelfeldstudie des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen (Pfeiffer u. a.1998). In einer Schülerbefragung in der 9. Klassenstufe zur selbstberichteten Delinquenz weisen türkische Jugendliche mit 34,9% die höchste Gewalttäterrate auf. An zweiter Stelle liegen die eingebürgerten früheren Ausländer, dicht gefolgt von Jugendlichen aus Jugoslawien.

Damit handelt es sich aber um eine Gruppe, die erst in den 90er-Jahren zugewandert ist und deren Delinquenz damit nicht nur ein Hinweis auf ihre problematische Lebenslage in Deutschland sein kann, sondern auch mit Aspekten des Herkunftslandes in Zusammenhang zu bringen ist. Insgesamt kann man davon ausgehen, dass es sich zwar weit weniger als vermutet, um importierte Kriminalität handelt, dass aber gerade im Bereich der Gewalthandlungen von den jungen Migranten auf kulturell geprägte Verhaltensmuster zurückgegriffen wird, wenn die Rahmenbedingungen ihres Aufwachsens in Deutschland ihnen die Erfüllung essenzieller Bedürfnisse nach Anerkennung und Zugehörigkeit vorenthalten.

Im Bereich der Gewaltstraftaten hat sich bei den Aussiedlern eine ganz ähnliche Entwicklung abgezeichnet. In Bayern, wo Aussiedler gesondert registriert werden, hat die kriminologische Forschungsgruppe der bayerischen Polizei ermittelt, dass für den Zeitraum von 1997 bis 1999 Straftaten, die von Aussiedlern begangen wurden, von 5,1% auf 7 % gestiegen sind und hier auch die Jugendlichen am häufigsten mit der Begehung von Gewaltstraftaten auffallen (Luff 2000). Bei den Heranwachsenden ist eine Verschiebung hin zur Drogenkriminalität zu beobachten.

Diese Befunde decken sich mit den Ergebnissen einer Freiburger Kohortenstudie (Grundies 2000), wonach es die jungen und gerade auch die in jüngster Zeit nach Deutschland gekommenen Aussiedler sein dürften, welche die relativ höchsten Auffälligkeitsraten aufweisen. Noch in der zweiten Hälfte der 80er-Jahre unterschieden sich die Prävalenzraten der Aussiedler wenig von denjenigen der sonstigen Deutschen. In der ersten Hälfte der 90er-Jahre allerdings ist ein erheblicher Anstieg zu verzeichnen, der überwiegend auf die seit 1991 eingereisten Aussiedler zurückzuführen sein dürfte (Grundies 2000).

Damit trifft für Aussiedler wie auch für Ausländer zu, dass die Kriminalitätsraten gerade in den 90er-Jahren zugenommen haben. Diese Entwicklung dürfte ein Hinweis darauf sein, dass die Integration von Aussiedlern und Ausländern in den 80er- Jahren noch besser gelungen sein muss als in den letzten Jahren. Bei den Aussiedlern werden dafür insbesondere die nach der massiven Zuwanderung im Jahre 1993 beschlossenen Kürzungen bei den finanziellen Unterstützungsleistungen mitverantwortlich gemacht.

Dunkelfelderhebungen beleuchten bei den jungen Aussiedlern Aspekte, die im Hellfeld nicht auftauchen. Gerade im Bereich der Gewalttaten wird angenommen, dass ein erhebliches Dunkelfeld vorliegen könnte. Dietz und Roll (1998) weisen darauf hin, dass Gewaltdelikte innerhalb der Gruppe der jungen Aussiedler selten zur Anzeige kommen. Hier spielt zum einen das traditionelle, aus dem Herkunftsland mitgebrachte Misstrauen gegenüber staatlichen Institutionen und deren Repräsentanten eine Rolle. Zum anderen wird auch bei den männlichen Aussiedlern ein verbreiteter Ehrenkodex wirksam, der auf Zusammenhalt, Männlichkeit und Stärke beruht und eine Anzeige bei der Polizei als Schande betrachtet.

Die Schülerbefragung des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen (1998) ergab, dass die jungen Aussiedler in ihrer selbstberichteten Delinquenz nahe bei den Angaben deutscher Schüler liegen. Sogar für den Bereich der Gewaltstraftaten ergibt sich eine vergleichbare Belastung. Zu ähnlichen Ergebnissen kommen auch Strobl und Kühnel (1998) in ihrer Befragung zur selbstberichteten Delinquenz. Danach wären die jungen Aussiedler sogar geringer belastet. Einschränkend merken sie jedoch an, dass hier diejenigen Aussiedler herausfallen, die aus unterschiedlichen Gründen nicht mehr zur Schule gehen. Es ist zu vermuten, dass es sich bei diesen aber um die eigentlich kritische Gruppe handeln könnte.

Die Schülerbefragung des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen zeigt auch bei jungen Aussiedlern den Zusammenhang, dass mit wachsender Aufenthaltsdauer die Quote derjenigen steigt, die nach eigenen Angaben Gewalttaten begangen haben. So haben junge Aussiedler, die seit mindestens fünf Jahren in Deutschland leben oder hier geboren sind, zwei- bis dreimal mehr Gewalttaten zugegeben als einheimische Deutsche und Ausländer, die erst seit wenigen Jahren in Deutschland leben. Einen entsprechenden Befund ergab auch die Aktenanalyse. Geschlossen wird daraus, dass junge Migranten offenbar eine Zeit lang bereit sind, anfängliche Probleme als unvermeidbar hinzunehmen. Wenn sich daraus jedoch dauerhafte soziale Nachteile ergeben, wächst unter ihnen im Laufe der Jahre die Tendenz, sich zu Delinquentengruppen zusammenzuschließen. Je länger sie soziale Ungerechtigkeit erfahren, umso größer wird die Wahrscheinlichkeit, dass sie aus dieser Situation heraus Gewaltdelikte begehen.

Neben empirischen Arbeiten existieren vor allem regionale Situationsberichte meist aus polizei-praktischer Sicht. Detailinformationen, die in der Statistik nicht auftauchen oder untergehen, werden hier genannt. In diesen Berichten werden junge Aussiedler - im Gegensatz zu einigen empirischen Arbeiten - durchaus als Problemgruppe beschrieben, die zu ungewöhnlicher Gewaltbereitschaft neigt, sich beängstigende Bandenkriege mit Angehörigen anderer Ethnien liefert und als unzugängliche oder sich selbst genügende ethnische Gruppe mit Widerstandshandlungen gegenüber der Polizei auffällt (Sasse 1999). Charakteristisch ist, dass Delikte durch Gruppen begangen werden und dass Straftaten nicht selten unter erheblichem Alkoholeinfluss verübt werden.

 Abb. 4: Entwicklung der Zusammensetzung der Haftinsassen
    
bei den Zugängen in den Jugendstrafvollzug von Baden-Württemberg, JVA Adelsheim

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Junge Aussiedler und Ausländer im Strafvollzug

Ein Blick auf die Entwicklungen im Strafvollzug zeigt deutlich die Auswirkungen, die die Zuwanderung von Aussiedlern und Nichtdeutschen für die Jugendkriminalität hat. Das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen (Pfeiffer/ Dworschak 1999) hat 1998 eine Umfrage in allen deutschen Jugendvollzugsanstalten durchgeführt, wonach der Anteil der jungen Aussiedler unter den Gefangenen im Schnitt 10 % beträgt. Auch der Anteil der Nichtdeutschen ist im Laufe der 90er- Jahre stark angestiegen und hat in den Haftanstalten 20% bis hin zu 54% erreicht. Die einheimisch Deutschen stellen danach im Strafvollzug mancherorts eine Minderheit dar.

Für den Jugendstrafvollzug in Baden- Württemberg gibt die Justizvollzugsanstalt Adelsheim einen Überblick. Adelsheim ist die größte Jugendstrafanstalt dieses Bundeslandes und beherbergt die zentrale Aufnahmeabteilung des baden-württembergischen Strafvollzugs. Nahezu ausnahmslos kommt jeder männliche, zu einer Jugendstrafe ohne Bewährung Verurteilte hierher, sodass von hier aus auch eine Einschätzung der schweren oder wiederholten Straffälligkeit junger männlicher Aussiedler im Vergleich zu Nichtdeutschen und Deutschen möglich ist. 

Haus des Jugendrechts

Das in Stuttgart Bad Cannstatt eingerichtete Pilotprojekt "Haus des Jugendrechts" stellt eine neue Form der vernetzten Zusammenarbeit von Polizei, Staatsanwaltschaft, Jugendgericht und Jugendbehörden dar, die es sich zum Ziel gesetzt haben, die Jugendkriminalität ganzheitlich zu bekämpfen. Das Pilotprojekt, das sich um delinquente Kinder, Jugendliche und Heranwachsende kümmert, startete im Juni 1999 und wurde drei Jahre lang unter wissenschaftlicher Begleitung getestet (s.u.). Seit Juni 2002 arbeitet das Projekt unbefristet als Denk- und Experimentierwerkstatt weiter.
Eingehende Fälle werden sofort in Fallkonferenzen besprochen, die generelle Zusammenarbeit in Hauskonferenzen organisiert. Die Zuständigkeit wird für Polizei und Staatsanwaltschaft einheitlich nach dem Wohnortprinzip behandelt. Die Jugendgerichtshilfe wird noch während der Ermittlungen tätig, um eine rasche Beurteilung der Täterpersönlichkeit zu ermöglichen. Sie sorgt darüber hinaus dafür, dass andere Institutionen und soziale Dienste frühzeitig informiert und eingeschaltet werden. Es hat sich gezeigt, dass im Zeitraum vor einer Gerichtsverhandlung die Motivation, etwas zu verändern, besonders hoch ist. So kann im Vorfeld etwa an Anti-Gewalt-Trainings teilgenommen werden, es können Nachweise über Gespräche bei Beratungseinrichtungen oder Bescheinigungen von Schulen, dass es zu keinerlei Fehlzeiten kam, vorgelegt werden. Die Ausgestaltung der Zusammenarbeit im Haus des Jugendrechts führt zu einem wichtigen Austausch zwischen den beteiligten Institutionen. Neben dem pädagogisch wichtigen schnellen Abschluss der Verfahren kann so vor allem eine sehr intensive Analyse der Situation des Jugendlichen erreicht werden, die eine individuell passende Reaktion erlaubt. Die Verfahrensdauer konnte mit diesen Maßnahmen halbiert werden. Verschiedene Städte sind inzwischen dabei, Arbeitsstrukturen aus dem "Haus des Jugendrechts" zu übernehmen.

Haus des Jugendrechts
Das Haus des Jugendrechts in
Stuttgart Bad Cannstatt
Konzeption und empirische Befunde (PDF)
Prof. Dr. WOLFGANG FEUERHELM
Institut für Sozialpädagogische Forschung Mainz

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 Nach  Grübl und  Walter (1999) hat die Zahl der Jugendlichen und Heranwachsenden ohne deutsche Staatsangehörigkeit im Jugendstrafvollzug seit vielen Jahren langsam zugenommen, stagniert aber seit 1993 bei einem Anteil von circa 50%. Gleichzeitig nahm die Zahl der Inhaftierten mit deutscher Staatsangehörigkeit, die außerhalb von Deutschland geboren sind - fast ausschließlich handelt es sic  um Aussiedler -, zu. Um die Entwicklung in Zahlen auszudrücken: Bis 1993 waren etwa 3% der Neuzugänge Aussiedler, danach stieg ihr Anteil auf 14 % an (wobei bei über 10% das Geburtsland die ehemalige Sowjetunion war, bei den restlichen Polen oder Rumänien).

Diese Zahlen sind alarmierend hoch, denn der Anteil der 14- bis 21-jährigen Aussiedler an der Wohnbevölkerung wird auf etwa 5,4 % geschätzt. Danach sind etwa zweieinhalbmal mehr jugendliche und heranwachsende Aussiedler inhaftiert als nach ihrem Bevölkerungsanteil zu erwarten wäre.

Dieser Befund steht nicht im Einklang mit anderen empirischen Befunden oder der inzwischen vielfach zitierten Kernaussage aus dem Periodischen Sicherheitsbericht der Bundesregierung (2001) wonach "generell keine besonders erhöhte oder qualitativ besonders schwere ‚Aussiedlerkriminalität' im Vergleich zur alteingesessenen Bevölkerung vorliegt."

Einige Unterschiede zwischen einheimischen deutschen Inhaftierten und inhaftierten jungen Aussiedlern deuten darauf hin, dass für diese Diskrepanz zum Teil die unterschiedliche justizielle Verfahrenspraxis als Erklärung in Frage kommen dürfte. Aussiedler werden zu längeren Jugendstrafen verurteilt. Dies gleicht sich im Lauf der Haft aber wieder aus, weil sie weniger Folgeverurteilungen bekommen, die die Haftzeit verlängern könnten. Die Jugendstrafe wird bei ihnen seltener zu Bewährung ausgesetzt. Auch Diversionsmaßnahmen und ambulante Maßnahmen kommen bei ihnen seltener zur Anwendung. Außerdem verbüßen sie prozentual häufiger Untersuchungshaft vor dem Jugendstrafvollzug, was eine anschließende Strafverbüßung in Haft nahe legt.

Möglicherweise ist auch der hohe Prozentsatz an Wiederkehrern für ihren hohen Anteil an jungen Häftlingen verantwortlich. Hier erreichen die Aussiedler mit 27% einen Spitzenwert im Vergleich zu 11%-14 % bei allen anderen Gruppen. Zu ergänzen ist, dass auch das Intervall zwischen Haftentlassung und erneuter Inhaftierung mit sechs Monaten sehr viel kürzer ist als mit 14-16 Monaten bei den Vergleichsgruppen.

Dieser Befund ist deswegen beunruhigend, weil er als ein Hinweis auf eine nur unzureichende Integration zu werten ist. Offensichtlich konnten oder wollten die jungen Aussiedler hiesige Normen und Werte nicht kennen lernen, geschweige denn übernehmen. Insofern ist es auch schwer vorstellbar, dass sie Verhaltensstrategien entwickeln konnten, die ihnen ein straffreies Leben ermöglichen würden.

Um den qualitativen Aspekt zu berücksichtigen, soll der Blick auf die Delikte gelenkt werden, wegen denen junge Aussiedler, Nichtdeutsche und einheimisch Deutsche in den Vollzug kommen.

Bei den Betäubungsmitteldelikten liegen die jungen Aussiedler mit 26% an der Spitze; die Nichtdeutschen liegen etwas darunter. Bei den Deutschen ist mit 14,5 % nur etwa die Hälfte deswegen inhaftiert. Außerordentlich hoch liegen die Aussiedler mit 6,4% (8,3% bei Aussiedlern aus der GUS) bei Verurteilungen für Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung gegenüber nur 2% bei allen übrigen Gruppen (Walter und Grübl 1999).

Kaum überrepräsentiert sind sie unerwarteter Weise bei Verurteilungen wegen Körperverletzung mit 11% und Raubtaten (15%).

Weniger die Umstände, wie sie in die Haft kamen, haben in letzter Zeit dazu geführt, dass die jungen Aussiedler im Strafvollzug zu einem brisanten Thema wurden. Es ist vielmehr ihr problematisches Verhalten in den Gefängnissen selbst.9 Damit ziehen sie inzwischen mehr Aufmerksamkeit auf sich als inhaftierte Ausländer, deren kulturell vielfältige Zusammensetzung mit ihrer Sprachenvielfalt und den unterschiedlichen Lebensgewohnheiten früher als enorme Herausforderung für den Vollzug betrachtet wurde (Dolde 2002).

Abgelöst wird die Problematik nun durch die Abschottung bzw. ihre dominante Stellung als eine eigene Gruppe in den Anstalten. Konsequenterweise bezeichnen sie sich als "Russen" und es gibt bedrohliche Anzeichen der Bildung einer kriminellen Subkultur mit einem eigenen Regelwerk und ausgeklügelten Kommunikationspfaden (Otto/Pawlik-Mierzwa 2000). Die Verhaltensprobleme, die daraus resultieren, sind hohe Gewaltbereitschaft, zahlreiche Verstöße gegen Anstaltsregeln, keine Kooperationsgemeinschaft mit Bediensteten, sondern nur gruppeninterner Zusammenhalt und die Abkapselung von den anderen Mitgefangenen.

Dieses auffällige Verhalten korrespondiert schließlich auch mit der Anzahl der Disziplinarmaßnahmen im Vollzug, die sie häufiger und hauptsächlich aufgrund von Schmuggel oder Konsum von Betäubungsmitteln oder Auseinandersetzungen mit Mitgefangenen bekommen als andere Häftlinge.

Abb. 5: Zum Überblick eine Tabelle über ausgewählte Delikte von Jugendstrafgefangenen nach Staatsangehörigkeit und Geburtsland.

Jugendstrafgefangene nach Staatsangehörigkeit und Geburtsland, Zugänge 1997 bis 25.5. 1999, N =1703

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Kriminalität ist ein Seismograf für misslungene Integration

Ob Kriminalität ein Ausdruck misslungener Integration ist und die Kriminalitätszahlen die Belege dafür liefern, ist noch immer strittig. Eine konsensfähige Annahme dürfte aber sein, dass Kriminalität und insbesondere Jugendkriminalität stets auch Symptome für soziale Probleme sind und insofern die wichtige Funktion eines Warnsystems erfüllen, das auf individuelle und soziale Problemlagen aufmerksam macht.

Auch wenn für die Integration junger Migranten die Frage, ob die Kriminalitätsbelastung gestiegen ist oder nicht, zweitrangig erscheint, ist eine realistische Bestandsaufnahme notwendig. Eine Überschätzung dieser Frage könnte unangenehme politische und gesellschaftliche Folgewirkungen wie eine restriktive Ausländerpolitik oder die Rechtfertigung fremdenfeindlicher Handlungen oder Gewalt gegen ethnische Minderheiten (Geissler 1995) nach sich ziehen. Genauso dramatisch könnte aber ein "Herunterreden" der Kriminalität ethnischer Minderheiten als statistisches Artefakt die Etablierung sinnvoller und notwendiger Maßnahmen der Kriminalprävention verhindern.

Analysen über die Kriminalität von Migranten sollten nicht als Anlass dafür genommen werden, diese Probleme als Defizite einseitig den Migranten zuzuschreiben und damit weiterer Diskriminierung Vorschub zu leisten. Vielmehr sollten sie als Hinweise für Probleme in der bundesdeutschen Gesellschaft (z.B. die abnehmende Aufnahmebereitschaft der Bevölkerung oder die Versäumnisse in der Integrationspolitik) verstanden werden. Deutschland hat sich lange Zeit nicht als Einwanderungsland verstanden und damit auch keine Integrationskultur entwickelt. Die kriminellen Verhaltensphänomene sowie die Ursachenbeschreibungen verdeutlichen, dass langfristig die Wirkungen der Migration auf das Kriminalitätsaufkommen entscheidend von der Einwanderungs- und Integrationspolitik abhängen werden. Sinnvolle Förder- und Integrationsaufgaben müssen Lebensbedingungen schaffen, die den Jugendlichen ein straffreies Leben ermöglichen. Dazu gehört in erster Linie die Vermittlung von Sprache, hiesigen Werten und Normen, aber auch das Heranführen an das schulische Leistungsniveau und Wissen der jungen Einheimischen und die Bereitstellung von Ausbildungs- und Arbeitsplätzen. Damit erst wird gesellschaftliche Partizipation ermöglicht und verhindert, dass die jungen Migranten sich an den Rändern der Gesellschaft wieder finden. Insofern kann eine effiziente bedarfsgerechte Integrationsarbeit die beste Kriminalprävention darstellen. 

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Projekt Chance (Red.)

Dass der Jugendstrafvollzug auch neue und erfolgreiche Wege gehen kann, zeigt das "Projekt Chance" in Baden-Württemberg. Seit 1953 bietet § 91 Abs. 3 JGG (Jugendstrafvollzug in freien Formen) einen Weg für einen innovativen Jugendstrafvollzug. Diesen Weg ist jetzt erstmals das Justizministerium Baden-Württemberg gegangen. Seit 2003 gibt es zwei solcher Einrichtungen in Deutschland: das Projekt Chance in Creglingen und das Seehaus Leonberg.  Das Ziel dieser Projekte ist die gelingende Reintegration verurteilter Jugendlicher in die Gesellschaft.  Der Jugendhof Seehaus in Leonberg ist neben dem Kloster Frauental in Creglingen ein Standbein des vom baden-württembergischen Justizminister Prof. Dr. Ulrich Goll (FDP) initiierten, bundesweit einzigartigen Modells für einen fortschrittlichen, stark vom Erziehungsgedanken geprägten Jugendstrafvollzug in Baden-Württemberg. "Projekt Chance" wendet sich an junge Mehrfach- und Intensivtäter im Alter von 14 bis 18 Jahren, die erstmals zu einer Haftstrafe ohne Bewährung verurteilt wurden. Statt Inhaftierung in einer Justizvollzugsanstalt absolvieren die Jugendlichen ein speziell für sie konzipiertes, zeitlich befristetes Training. Dieses Trainingsprogramm forciert konsequent die Übernahme von Verantwortung jedes einzelnen Jugendlichen für sein Reden und Tun, für seine Anstrengungsbereitschaft, seine Zuverlässigkeit, seine Durchhaltefähigkeit, sein Engagement in der Gruppe.

Seehaus Leonberg - Jugendstrafvollzug in freien Formen
CJD Creglingen - "Projekt Chance"
      
Spiegel-Online: Projekt Leonberger Seehaus

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Literaturhinweise:

Bade, K./Oltmer, J. (Hrsg.): Aussiedler: deutsche Zuwanderer aus Osteuropa. Osnabrück 1999 Beauftragte der Bundesregierung für Ausländerfragen (Hrsg.): Migrationsbericht der Ausländerbeauftragten im Auftrag der Bundesregierung. Berlin 2001

Boers, K./Eisner, M.: Jugendkriminalität als Folge sozialer Unterprivilegierung? Ein kriminologisches und kriminalpolitisches Gespräch mit dem Leiter des KFN Christian Pfeiffer. In: Neue Kriminalpolitik, 1/1999, S. 10-15

Bundesministerium des Innern/Bundesministerium der Justiz (Hrsg.): Erster Periodischer Sicherheitsbericht. Berlin 2001

Dietz, B./Roll, H.: Jugendliche Aussiedler - Portrait einer Zuwanderergeneration. Frankfurt/M. 1998

Dolde, G.: Spätaussiedler - "Russlanddeutsche" - ein Integrationsproblem. In: Zeitschrift für Strafvollzug und Straffälligenhilfe, 3/2002, S. 146-151

Eisner, M.: Konflikte und Integrationsprobleme. In: Neue Kriminalpolitik, 4/1998, S. 11-13

Elsner, E./Steffen, W./Stern, G.: Kinder- und Jugendkriminalität in München. Untersuchung von Ausmaß und Ursachen des Anstiegs der Deliktzahlen im Bereich der Kinder- und Jugendkriminalität am Beispiel eines Großstadtpräsidiums. München 1998

Geißler, R.: Das gefährliche Gerücht von der hohen Ausländerkriminalität. In: Aus Politik und Zeitgeschichte, 35/1995, S. 30-39

Geißler, R.: Der bedrohliche Ausländer. Zum Zerrbild ethnischer Minderheiten in Medien und Öffentlichkeit. In: Ottersbach, M. u.a. (Hrsg.): Integration durch soziale Kontrolle? Zu Kriminalität und Kriminalisierung allochthoner Jugendlicher. Köln 1999, S. 23-38

Geißler, R.: Struktur und Entwicklung der Bevölkerung. In: Informationen zur politischen Bildung: Sozialer Wandel in Deutschland. Nr. 269. Herausgegeben von der Bundeszentrale für politische Bildung. Bonn 2000

Grübl, G./Walter, J.: "Russlanddeutsche" im Jugendstrafvollzug. In: Bewährungshilfe, 4/1999, S. 360-374

Grundies, V.: Kriminalitätsbelastung junger Aussiedler. Ein Längsschnittvergleich mit in Deutschland geborenen jungen Menschen anhand polizeilicher Registrierungen. In: Monatsschrift für Kriminologie und Strafrechtsreform, 5/2000, S. 290-305

Kaiser, G.: Kriminologie. Ein Lehrbuch. Heidelber 1996

Luff, J.: Kriminalität von Aussiedlern. Polizeiliche Registrierung als Hinweis auf misslungene Integration? München 2000

Ministerium für Arbeit, Gesundheit, Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen (Hrsg.): Aussiedler - Wissen und Einstellungen der Bevölkerung in Nordrhein- Westfalen. Ergebnisse einer Repräsentativbefragung Ende November 1988. Düsseldorf 1988

Pawlik-Mierzwa, K./Otto, M.: Wer beeinflusst wen? Über die Auswirkungen subkultureller Bindungen auf die pädagogische Beziehung und Lernprozesse bei inhaftierten Aussiedlern. In: Zeitschrift für Strafvollzug und Straffälligenhilfe, 4/2000, S. 227-230

Pfeiffer, Ch./Brettfeld, K./Delzer, I.: Kriminalität in Niedersachsen. Eine Analyse auf der Basis der Polizeilichen Kriminalstatistik 1988-1995. Hannover 1996

Pfeiffer, Ch./Delzer, I./Enzmann, D./Wetzels, P.: Ausgrenzung, Gewalt und Kriminalität im Leben junger Menschen. Kinder und Jugendliche als Opfer und Täter. Hannover 1998

Pfeiffer, Ch./Dworschak, B.: Die ethnische Vielfalt in den Jugendvollzugsanstalten. Ergebnisse einer Umfrage aus dem Sommer 1998. In: DVJJ-Journal, 2/1999, S. 184-188

PISA-Studie (2002): ( http://www.pisa.oecd.org ) Zuletzt abgerufen am 9. Januar 2003

Reich, K./Weitekamp, E.G.M./Kerner, H.-J.: Jugendlich Aussiedler. In: Bewährungshilfe, 4/1999, S. 335-359

Reichertz, J./Schröer, N.: Beschuldigtennationalität und polizeiliche Ermittlungspraxis. In: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, 4/1999, S. 755-771 Sasse, G.: Integrationsprobleme junger Aussiedler. Eine höchst aktuelle gesamtgesellschaftliche Aufgabe. In: Kriminalistik 4/99, S. 225-231

Schwind, H.-D.: Kriminologie. Eine praxisorientierte Einführung mit Beispielen. Heidelberg 2002

Siebert-Ott, G.: Kulturverlust - Sprachverlust - Identitätsverlust. Gedanken zur Neuorientierung einer Pädagogik als Ethnopädagogik oder interkultureller Pädagogik. In: Diskussion Deutsch 21, 114/1990, S. 434-448 Steffen, W./Elsner. E. (2000): Kriminalität junger Ausländer. (http://www.polizei.bayern.de) Zuletzt abgerufen am 9. Januar 2003

Steffen, W.: Streitfall "Ausländerkriminalität". Ergebnisse einer Analyse der von 1983 bis 1994 in Bayern polizeilich registrierten Kriminalität ausländischer und deutscher Tatverdächtiger. In: Bewährungshilfe, 2/ 1995, S. 133-154

Strobl, R./Kühnel, W.: Junge Aussiedler im Jugendstrafvollzug. In: Bade, Klaus J./Oltner, J. (Hrsg.): Aussiedler: deutsche Zuwanderer aus Osteuropa. Osnabrück 1999

Toprak, A.: Türkische Jungen - Belastungsfaktor für die Mitte der Gesellschaft? Ein Abriss über die Sozialisationsbedingungen. In: DVJJ-Journal, 4/2000, S. 364-370 Traulsen, M.: Entwarnung. Zur Entwicklung der Kriminalität junger Ausländer. In: DVJJ-Journal, 4/2000, S. 398-402

Villmow, B.: Ausländer als Täter und Opfer. In: Bilsky, W. (Hrsg.): Ethnizität, Konflikt und Recht. Probleme von Assessment und Begutachtung in Strafverfahren mit Beteiligten ausländischer Herkunft. Monatsschrift für Kriminologie und Strafrechtsreform, Sonderheft/ 1999, S. 22-29

Walter, J./Grübl, G.: Junge Aussiedler im Jugendstrafvollzug. In: Bade, Klaus J./Oltner, J. (Hrsg.): Aussiedler: deutsche Zuwanderer aus Osteuropa. Osnabrück 1999 Waters, T.: Crime and immigrant youth. Thousand Oaks et al. 1999

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Anmerkungen:

1 In den Aufsatz gehen an einigen Stellen Befunde eines Forschungsprojektes im Institut für Kriminologie der Universität Tübingen mit ein. Das Forschungsprojekt  hat das Thema: Prozesse von Integration, sozialer Ausgrenzung, deviantem und kriminellem Verhalten bei jungen männlichen Aussiedlern - Eine explorative kriminologische Studie von Strafgefangenen und einer Vergleichsgruppe in Freiheit. Das Projekt wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert

2 Dieser Begriff wird in der Polizeilichen Kriminalstatistik pauschal verwendet  

3 Auf die Gruppe der Asylbewerber wird hier nicht näher eingegangen. Asylbewerber werden durch Krieg oder Armut aus ihrer Heimat vertrieben und dabei häufig von der Familie getrennt. Solange ihr Aufnahmeverfahren in Deutschland noch nicht abgeschlossen ist, leben sie ohne Sicherheiten, ohne Perspektiven und werden von Abschiebung bedroht. Sie  unterliegen strikten Reglementierungen: Ihr Aufenthalt  ist auf den Bezirk der Ausländerbehörde beschränkt  Sie bekommen keine Arbeitserlaubnis und  beziehen Leistungen, die unter dem Sozialhilfeniveau  liegen. Dies alles sind Bedingungen, die sie mit den anderen Migrantengruppen wenig vergleichbar machen.

4 Allerdings droht selbst ihr rechtlicher Status in Frage gestellt zu werden, wenn bekannt wird, dass sich das Verhältnis der Zuwanderer aus den GUS-Staaaten hinsichtlich  der deutschen Abstammung umgekehrt hat. Mittlerweile können nur 20% die deutsche Abstammung nachweisen, 70 % sind Familienangehörige un  10% angeheiratete Familienangehörige oder ähnliches (Migrationsbericht der Ausländerbeauftragten 2001)

5 Unter dem Strich entlasten die oben genannten Zuwanderer den deutschen Steuerzahler bzw. sind ein Gewinn, da sie deutlich mehr an Steuern und Versicherungsbeiträgen einzahlen, als sie an Leistungen von der öffentlichen Hand und den Versicherungen erhalten (Geissler 2000)

6 Niedersachsen und Bayern konnten durch den Eintrag des Geburtslandes in der Kriminalitätsstatistik Sonderauswertungen durchführen und daraus Rückschlüsse auf die Aussiedlerkriminalität ziehen. Auch Baden-Württemberg will sich diesem Vorgehen ab 2003 anschließen, junge Aussiedler mit der Angabe des Geburtslandes zu erfassen

7 Durch gestiegene Zahlen der Einbürgerungen drohen die Daten der PKS in Zukunft zunehmend unsicher zu werden, denn eingebürgerte Ausländer werden als Deutsche gezählt und Zuwanderer sind - genauso wie bei den Aussiedlern - nicht mehr identifizierbar  8 Mehr zu einem "ethnisch selektiven Polizeieffekt" in: Reichertz/Schröer (1993)

9 Innerhalb des Vollzugs werden die Aussiedler von den Nichtdeutschen als privilegiert angesehen, weil bei ihnen nicht die Gefahr der Abschiebung oder Ausweisung wegen einer Straftat erfolgen kann, während dieses Damoklesschwert über den Ausländern schwebt (Grübl und Walter 1999)
 

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