OB-Wahl Tübingen 2022

Klarer Sieg für Palmer

Mit 52,4 Prozent der Stimmen gewinnt der amtierende Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer die OB-Wahl in der Universitätsstadt klar und lässt seine beiden stärksten Konkurrentinnen weit hinter sich. Laut vorläufigem amtlichen Endergebnis erzielte Ulrike Baumgärtner von Bündnis 90/Die Grünen 22 Prozent, Sofie Geisel von der SPD 21,4 Prozent. Rund 69.000 Tübingerinnen und Tübinger waren am 23. Oktober 2022 dazu aufgerufen, das Oberhaupt ihrer Stadt neu zu wählen. Palmer wird nun für eine dritte Amtszeit die Geschicke im Tübinger Rathaus lenken. Er ist seit 2006 im Amt. In unserem Dossier finden Sie alles Wissenswerte rund um die OB-Wahl und die Kandidierenden in Tübingen.

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Kurz & knapp: Wissenswertes über die OB-Wahl in Tübingen 2022

  • Für die OB-Wahl am 23. Oktober waren rund 69.000 Tübingerinnen und Tübinger wahlberechtigt.
  • Laut vorläufigem amtlichen Endergebnis erzielten die sechs Kandidierenden folgende Ergebnisse: Boris Palmer (unabhängig): 52,4 Prozent, Dr. Ulrike Baumgärtner (Bündnis 90/Die Grünen): 22 Prozent, Sofie Geisel (SPD): 21,4 Prozent, Markus Vogt (DIE PARTEI): 2,2 Prozent, Frank Walz (unabhängig): 1,0 Prozent, Sandro Vidotto (unabhängig): 0,8 Prozent.
  • Die Wahlbeteiligung lag bei 62,6 Prozent und damit deutlich höher als bei den vergangenen beiden OB-Wahlen (2014: 55 Prozent, 2006: 50 Prozent).
  • Amtsinhaber Boris Palmer ist seit 2006 Oberbürgermeister von Tübingen. 2014 und 2022 wurde er von den Wählerinnen und Wählern in seinem Amt bestätigt.
  • Der Oberbürgermeister ist stimmberechtigter Vorsitzender des Gemeinderats und leitet die Stadtverwaltung. Außerdem repräsentiert er die Kommune nach außen.
  • Gewählt wird das Amt des Oberbürgermeisters auf acht Jahre.
  • Bis zum 26. September konnten Bewerbungen für die OB-Wahl eingereicht werden. Am 27. September entschied der Gemeindewahlausschuss über die zugelassenen Bewerbungen.
  • Folgende Kandidatinnen und Kandidaten standen zur Wahl (Reihenfolge entspricht der auf dem Stimmzettel): Dr. Ulrike Baumgärtner (Bündnis 90/Die Grünen), Markus Vogt (DIE PARTEI), Sofie Geisel (SPD), Boris Palmer (unabhängig), Sandro Vidotto (unabhängig) und Frank Walz (unabhängig).
  • Am 5. Oktober fand in der Hermann-Hepper-Halle in Tübingen eine öffentliche Vorstellung der für die Wahl zugelassenen Bewerberinnen und Bewerber statt. Die Veranstaltung wurde als Livestream im Internet übertragen und aufgezeichnet. Zu den Video-Vorstellungen der Kandidierenden
  • Am 12. Oktober veranstaltete die Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg in Kooperation mit dem SWR und dem Schwäbischen Tagblatt im Sparkassen-Carré eine Podiumsdiskussion mit den Kandidierenden. Zum Live-Mitschnitt

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Wahlergebnis: Boris Palmer bleibt Oberbürgermeister

Boris Palmer (unabhängig) gewinnt die OB-Wahl im ersten Wahlgang mit einer absoluten Mehrheit von 52,4 Prozent der Stimmen. Auf dem zweiten Platz landet Dr. Ulrike Baumgärtner von Bündnis 90/Die Grünen mit 22 Prozent, dicht gefolgt von Sofie Geisel von der SPD mit 21,4 Prozent. Markus Vogt von DIE PARTEI kann 2,2 Prozent der Stimmen holen, die beiden unabhängigen Kandidaten Frank Walz und Sandro Vidotto 1 Prozent bzw. 0,8 Prozent.

Auf der Seite der Universitätsstadt Tübingen ist das vorläufige amtliche Wahlergebnis veröffentlicht. Das Endergebnis der Oberbürgermeisterwahl stellt der Gemeindewahlausschuss am Dienstag, 25. Oktober 2022, fest.

Wie ist das Wahlergebnis zu bewerten?

Dass Boris Palmer wie schon 2006 und 2014 die absolute Mehrheit gleich im ersten Wahlgang erreichen würde, war bei der diesjährigen OB-Wahl keineswegs sicher. Für seine Positionen zur Flüchtlings- und Coronapolitik wurde der Grünen-Politiker teils scharf kritisiert, unter anderem wegen Streitereien um Tabubrüche und Rassismusvorwürfe lief ein Parteiausschlussverfahren gegen ihn. Aktuell ruht seine Parteimitgliedschaft, weshalb er bei dieser Wahl als unabhängiger Kandidat antrat. Daher konnte er beim Wahlkampf auch nicht auf die finanzielle Unterstützung der Grünen setzen und sammelte selbst Gelder für seinen Wahlkampf. Obendrein sind die Grünen vor Ort gespalten und schickten mit Ulrike Baumgärtner eine offizielle Kandidatin der Partei ins Rennen. Sofie Geisel von der SPD (unterstützt auch von der FDP und der Tübinger Liste) war ebenfalls eine ernstzunehmende Konkurrentin.

Das klare Wahlergebnis zeigt nun aber, dass viele Tübingerinnen und Tübinger ihr Stadtoberhaupt wegen seiner erfolgreichen kommunalen Politik, seiner Hartnäckigkeit und seines Pragmatismus trotz aller Kritik schätzen und Palmer weiterhin als ihren Oberbürgermeister wollen. Man wird sehen, ob Palmer willens ist und ob es ihm gelingt, die Gräben zuzuschütten und wieder für mehr Einigkeit in der Stadt zu sorgen. Palmer betonte in einer ersten Reaktion nach der Wahl, dass man sich in Tübingen einig sei, was Klimaschutz, bezahlbaren Wohnraum, Kinderbetreuung und die Förderung der Wirtschaft angehe. In seiner nun dritten Amtszeit wolle er die ökologische Transformation der Stadt weiter konsequent vorantreiben. Die dritte Amtszeit von Boris Palmer beginnt am 11. Januar 2023 und endet am 10. Januar 2031 (Quellen: SWR, tagesschau.de).

Wie hoch war die Wahlbeteiligung?

Rund 69.000 Tübingerinnen und Tübinger waren am 23. Oktober dazu aufgerufen, ihr Stadtoberhaupt neu zu wählen. Die Wahlbeteiligung lag bei 62,6 Prozent und damit deutlich höher als bei den vergangenen OB-Wahlen in Tübingen. 2014 lag die Wahlbeteiligung bei 55 Prozent, 2006 bei knapp über 50 Prozent (Quelle: Stadt Tübingen).

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Wer waren die Kandidatinnen und Kandidaten?

Am 23. Oktober 2022 konnten die wahlberechtigten Tübingerinnen und Tübinger folgende zugelassene Kandidatinnen und Kandidaten wählen. Über die Zulassung der Bewerbungen und die Reihenfolge auf dem Stimmzettel hatte der Gemeindewahlausschuss in seiner Sitzung am 27. September 2022 entschieden. Die Reihenfolge entspricht der Reihenfolge auf dem Stimmzettel:

  1. Ulrike Baumgärtner (Bündnis 90/Die Grünen)
  2. Markus Vogt (DIE PARTEI)
  3. Sofie Geisel (SPD, unterstützt auch von der FDP und der Tübinger Liste)
  4. Boris Palmer (unabhängig)
  5. Sandro Vidotto (unabhängig)
  6. Frank Walz (unabhängig)

Zur Übersicht der Kandidierenden

Das Podium zur OB-Wahl in Tübingen

Aufnahme des Livestreams vom 12. Oktober 2022

Wer kann OB? Das Podium zur OB-Wahl in Tübingen.
Diskussionrunde der Kandidierenden in Tübingen. Eingeladen hatten der SWR, das Schwäbische Tagblatt und die Landeszentrale für politische Bildung.
Livestream-Aufnahme auf YouTube

Kandidat-O-Mat

Wen wählen? Zur Tübinger OB-Wahl am 23. Oktober leistet der „Kandidat-O-Mat“ wertvolle Orientierungshilfe. Das Online-Tool der Landeszentrale für politische Bildung und dem SWR bietet einen Überblick zu den Positionen der Kandidatinnen und Kandidaten. www.kandidatomat.de

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Was sind die Aufgaben des Tübinger Oberbürgermeisters?

Der Oberbürgermeister als Gemeindeoberhaupt vereinigt in seiner Position gleichzeitig drei Funktionen:

  • er ist stimmberechtigter Vorsitzender des Gemeinderats und aller seiner Ausschüsse,
  • er ist Chef einer Verwaltung mit rund 2.100 Beschäftigten,
  • er ist Repräsentant und Rechtsvertreter seiner Stadt.

In Stadtkreisen und Großen Kreisstädten (ab 20.000 Einwohnern) führt die Bürgermeisterin bzw. der Bürgermeister die Amtsbezeichnung Oberbürgermeisterin bzw. Oberbürgermeister. In Gemeinden mit mehr als 2.000 Einwohnern sind Bürgermeisterinnen und Bürgermeister hauptamtlich tätig. Auch in kleineren Gemeinden mit 500 bis 2.000 Einwohnern kann dies durch die Hauptsatzung festgelegt werden. Als Stadt mit 90.000 Einwohnerinnen und Einwohnern hat Tübingen einen hauptamtlichen Oberbürgermeister.

Was verdient ein OB in Baden-Württemberg?

Das hängt unter anderem von der Einwohnerzahl und dem Aufwand ab. Die höchste Besoldungsgruppe „B 11“ (14.839,37 Euro) gibt es ab 500.000 Einwohnern. Tübingen fällt mit 90.000 Einwohnerinnen und Einwohnern in die Besoldungsgruppe „B 7“ (bzw. „B 8“ im Falle der Wiederwahl). Somit erhält der Tübinger OB ein monatliches Gehalt in Höhe von 10.886,29 Euro (bzw. 11.443,72 nach erfolgter Wiederwahl). Geregelt wird das im Landeskommunalbesoldungsgesetz (LKomBesG). Häufig kommen zum regulären Gehalt noch weitere Einnahmen hinzu – etwa aus Tätigkeiten wie dem Aufsichtsratsvorsitz städtischer Gesellschaften, die bisweilen mit dem Amt des OB verknüpft sind.

Warum gibt es in Tübingen neben dem Oberbürgermeister noch weitere Bürgermeister:innen?

In größeren Städten wird die Arbeit der Verwaltung auf mehrere Dezernate verteilt. An deren Spitze steht jeweils ein vom Gemeinderat eingesetzter Dezernent, der zusätzlich den Titel Bürgermeister bzw. Bürgermeisterin tragen kann. Gibt es mehrere Bürgermeister, dann ist einer von ihnen als Erster Bürgermeister die ständige Vertretung des Oberbürgermeisters. In größeren Städten mit mehreren Bürgermeistern werden die einzelnen Positionen häufig nach Parteienproporz abgesprochen und dann entsprechend gewählt.

In Tübingen gibt es neben dem Oberbürgermeister zwei weitere hauptamtliche Bürgermeister: die Bürgermeisterin für Soziales, Ordnung und Kultur Dr. Daniela Harsch und den Bau- und Ersten Bürgermeister Cord Soehlke.

Rückblick: OB-Wahlen in Tübingen 2014

Klares Wahlergebnis

2014 stellte sich der amtierende Oberbürgermeister Boris Palmer erneut zur Wahl und kam direkt im ersten Wahlgang auf 61,7 Prozent der abgegebenen Stimmen. Stärkste Konkurrentin war die parteilose, aber von CDU und FDP unterstützte Beatrice Soltys, die 33,2 Prozent der Stimmen auf sich vereinen konnte. Die Wahlbeteiligung lag bei 55 Prozent (Quelle: Stadt Tübingen).

Hartnäckigkeit und Pragmatismus

Viele Tübingerinnen und Tübinger schätzten die Hartnäckigkeit und den Pragmatismus ihres Stadtoberhaupts jenseits von Parteidogmen. Die Grünen-Parteispitze Baden-Württemberg lobte nach der Wahl die gute Kinderbetreuung, Erfolge beim Klimaschutz und eine engagierte lokale Wirtschaftspolitik in der Universitätsstadt.

Hintergrund: Tübingens Stadtoberhäupter seit 1945

Tübingens Oberbürgermeister seit 1945 auf einen Blick:

  • Boris Palmer (Bündnis 90/Die Grünen) (2006–heute)
  • Brigitte Russ-Scherer (SPD) (1999–2006)
  • Dr. Eugen Schmid (Freie Wähler) (1975–1999)
  • Hans Gmelin (parteilos) (1955–1974)
  • Dr. Wolfgang Mülberger (CDU) (1949–1954)
  • Adolf Hartmeyer (SPD) (1946–1948)
  • Viktor Renner (Juni bis Dezember 1945)
  • Dr. Fritz Haussmann (April bis Juni 1945)

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Eine Rarität: die (Ober-)Bürgermeisterin

  • Unter den etwa 1.100 (Ober-)Bürgermeisterinnen und (Ober-)Bürgermeistern in Baden-Württemberg sind nur etwa 90 weiblich. Das sind nur rund acht Prozent (Stand 2021).
  • Frauen stellen sich seltener zur Wahl als Männer. Ihr Anteil unter den Bewerbern liegt bei etwa neun Prozent.
  • Nur 7,3 Prozent der Bürgermeisterwahlen zwischen 2010 und 2017 wurden von einer Frau gewonnen.
  • Bis Beate Weber (SPD) in Heidelberg 1990 zur Oberbürgermeisterin gewählt wurde, hatte es im Land nur Männer in dieser Position gegeben. Sie wurde 1998 im Amt bestätigt, 2006 trat sie nicht mehr zur Wahl an.
  • Folgende sechs Oberbürgermeisterinnen sind aktuell in Baden-Württemberg im Amt:
    • Cornelia Petzold-Schick (parteilos) in Bruchsal
    • Gabriele Zull (parteilos) in Fellbach
    • Ursula Keck (parteilos) in Kornwestheim
    • Carmen Haberstroh (Freie Wähler) in Metzingen
    • Dorothee Eisenlohr (parteilos) in Schramberg
    • Petra Becker (parteilos) in Stutensee

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Warum hat der (Ober-)Bürgermeister eine so starke Stellung in Baden-Württemberg?

Eigentlich ist der von den baden-württembergischen Bürgerinnen und Bürgern gewählte Gemeinderat „Hauptorgan der Gemeinde“. So steht es in der Gemeindeordnung (§ 24 Abs. 1 Satz 1). Er beschließt kommunale Rechtsvorschriften, kontrolliert Bürgermeister und Verwaltung, stellt Gemeindepersonal ein und befindet über Steuerhebesätze und Ausgaben. Doch die kommunale Wirklichkeit sieht oft anders aus: Zentraler Akteur auf der kommunalpolitischen Bühne ist die (Ober-)Bürgermeisterin bzw. der (Ober-)Bürgermeister. Die besten Voraussetzungen für diese starke Position schafft die Süddeutsche Ratsverfassung, das kommunale Verfassungssystem in Baden-Württemberg. 

So ist das Gemeindeoberhaupt als einziges Mitglied des Gemeinderats in allen drei Phasen des kommunalen Geschehens entscheidend mit dabei: 

  • in der Phase der Entscheidungsvorbereitung,
  • in der Phase der Vorbereitung und rechtsgültigen Entscheidung im Gemeinderat,
  • in der Phase der Entscheidungsausführung.

Außerdem hat die Bürgermeisterin bzw. der Bürgermeister das Recht, „in dringenden Angelegenheiten (...), deren Erledigung auch nicht bis zu einer ohne Frist und formlos einberufenen Gemeinderatssitzung aufgeschoben werden kann“, an Stelle des Gemeinderats zu entscheiden (§ 43,4 GemO). Üblicherweise legt der Gemeinderat eine gewisse Summe fest, bis zu der das Stadtoberhaupt über eine Maßnahme entscheiden kann.

Die Direktwahl durch die Bürgerinnen und Bürgern sowie die Tatsache, dass die Amtszeit unabhängig von der des Gemeinderates ist (der Gemeinderat wird für fünf Jahre gewählt), unterstreicht die starke Stellung des Stadtoberhaupts.

Hintergrund: Die „höhere Weihe“ der Direktwahl

Unabhängig von der Gemeindegröße wird die Stellung des Bürgermeisters als stark eingeschätzt. Dieser Gestaltungsspielraum ergibt sich nicht nur aus den oben aufgeführten Kompetenzen, sondern auch aus der Direktwahl durch das Volk.

Dieses „Plebiszit“ verleiht der Amtsinhaberin bzw. dem Amtsinhaber im allgemeinen Verständnis eine „höhere Weihe“. Die Direktwahl bedeutet nicht nur ein Mehr an bürgerlichen Beteiligungsmöglichkeiten, sondern sie verstärkt auch die Durchsetzungskraft des Bürgermeisters, der als gewählter Repräsentant des Volkes vor den Rat treten und beanspruchen kann, seine Vorstellungen unter Berufung auf den Volkswillen durchzusetzen.

Gleichzeitig wird er von der Bevölkerung als ausgleichendes Element gegenüber dem Gemeinderat angesehen. Und auch wenn er selbst einer Partei angehört (etwa die Hälfte der Bürgermeister in Baden-Württemberg), versucht die Person über den Parteien zu stehen und ausgleichend zu wirken. Deshalb ergänzen sich Volkswahl des Bürgermeisters und getrennte Wahl des Gemeinderats.

Außerdem ist die Volkswahl für den Bürgermeister Verpflichtung, sich auch um Probleme einzelner Bürgerinnen und Bürger zu kümmern, und überhaupt um alles, was sich im Gebiet seiner Kommune ereignet. Dies bietet einen Anreiz für starke, durchsetzungsfähige Persönlichkeiten. Erweist die Person sich dann noch als guter „Innen-, Außen- und Finanzminister“, kann es sein, dass sie bei der Wiederwahl eine Traummehrheit von deutlich über 50 Prozent bekommt.

Machtfülle verschafft dem baden-württembergischen Bürgermeister auch seine Präsenz als Polit-Profi. Die Gemeinderäte als Teilzeitpolitiker geraten da bisweilen in die schwächere Position. Bei den wachsenden Aufgaben der Städte und Gemeinden sind zunehmend aber kommunale Mandatsträgerinnen und -träger mit Fach- und Verwaltungskompetenz gefragt.

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Wie wird man (Ober-)Bürgermeister?

Kandidatur und Wahl

Direktwahl durch die Bürgerinnen und Bürger

Das Stadtoberhaupt wird direkt von den Bürgerinnen und Bürgern in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Dies eröffnet zum einen Beteiligungsmöglichkeiten für die Bürgerschaft und stärkt zum anderen die Position der oder des Gewählten. Die Wahl folgt den Grundsätzen der Mehrheitswahl. Im Durchschnitt lag die Wahlbeteiligung bei Bürgermeisterwahlen in Baden-Württemberg in den Jahren 2010 bis 2017 bei 44,4 Prozent.

Wer im Amt ist, bleibt es meist auch

Die Amtszeit einer Bürgermeisterin bzw. eines Bürgermeisters in Baden-Württemberg ist auf acht Jahre angelegt. Eine Wiederwahl ist möglich, auch eine mehrmalige, sofern die Kandidatin bzw. der Kandidat nicht älter als 68 Jahre ist.

Von den 1.088 Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern, die zwischen 2010 und 2017 eine Wahl gewonnen haben, sind nur etwa 42 Prozent neu im Amt. Es traten durchschnittlich 2,6 Kandidierende pro Stelle an, wobei das Interesse einer Kandidatur in größeren Gemeinden höher ist. Auch bewerben sich neue Kandidierende tendenziell lieber auf Stellen, bei denen die Amtsinhaberin bzw. der Amtsinhaber nicht nochmals zur Wahl antritt. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass ein Amtsinhaber bei nochmaliger Kandidatur abgewählt wird, gilt als eher gering (etwa bei einem von 12 Fällen). Eine vorzeitige Abwahl des Gemeindeoberhaupts ist rechtlich nicht möglich. 

Gestaltungsspielraum, Machtfülle und Wahlmodus haben erheblichen Einfluss darauf, wer Bürgermeister werden will und es auch tatsächlich wird. Das ist das Ergebnis politikwissenschaftlicher Untersuchungen. Die Machtfülle übt eine erhebliche Anziehungskraft auf starke und qualifizierte Persönlichkeiten aus. Und tatsächlich ist ihre Chance, gewählt zu werden, groß.

Wer kann als OB kandidieren?

Wählbar sind Deutsche und Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union, die in der Bundesrepublik wohnen und zwischen 25 und 68 Jahre alt sind. Eine bestimmte Qualifikation ist nicht vorgeschrieben, doch handelt es sich häufig um gelernte Verwaltungsfachleute.

Bis zum Ende der Bewerbungsfrist muss jede Bewerberin und jeder Bewerber folgende Unterlagen einreichen:

  • 100 Unterstützungsunterschriften von Tübinger Wahlberechtigten (§ 10 Abs. 3 KomWG),
  • eine Wählbarkeitsbescheinigung,
  • eine eidesstattliche Versicherung, dass die Bewerberin bzw. der Bewerber nicht vom Wahlrecht ausgeschlossen ist,
  • bei Unionsbürgern zusätzlich eine eidesstattliche Versicherung, dass sie die Staatsangehörigkeit ihres Herkunftsmitgliedsstaats besitzen und dort ihre Wählbarkeit nicht verloren haben (§10 Abs. 4 KomWG).

Der Gemeindewahlausschuss beschließt über die Zulassung der Bewerbungen spätestens am 16. Tag, für die Neuwahl nach § 45 Abs. 2 der Gemeindeordnung spätestens am 9. Tag vor dem Wahltag.

In Baden-Württemberg werden bei neu Kandidierenden eher Bewerberinnen und Bewerber von außerhalb der Gemeinde bevorzugt. Zumeist stammen sie nicht aus dem betreffenden Ort, aber aus der Region. Wählerinnen und Wähler gehen davon aus, dass auswärtige Bewerber um das Amt weniger lokale Abhängigkeiten haben. Das bedeutet auch, dass sie zu den lokalen Parteien Distanz halten.

Wer ist bei der OB-Wahl wahlberechtigt?

Das aktive Wahlrecht

Das aktive Wahlrecht ist das Recht, sich an der Wahl durch Stimmabgabe zu beteiligen. Bei kommunalen Wahlen sind Deutsche im Sinne von Artikel 116 Abs. 1 des Grundgesetzes sowie Unionsbürger wahlberechtigt, wenn sie am Wahltag

  • 16 Jahre alt sind,
  • seit mindestens drei Monaten ihren Hauptwohnsitz in Tübingen haben,
  • nicht vom Wahlrecht ausgeschlossen sind,
  • im Wählerverzeichnis der Kommune geführt sind.

Personen sind vom Wahlrecht ausgeschlossen, wenn sie

  • das Wahlrecht infolge Richterspruchs in der Bundesrepublik Deutschland verloren haben.

Wählerverzeichnis, Wahlbenachrichtigung und Briefwahl

In das Wählerverzeichnis werden nur wahlberechtigte Personen eingetragen. Das Wählerverzeichnis ermöglicht die Kontrolle, dass nur Wahlberechtigte wählen und dass jede bzw. jeder nur einmal wählt. Die Daten für das Wählerverzeichnis stammen aus den Daten der Meldebehörde. Wahlberechtigte werden automatisch in das Wählerverzeichnis der Stadt eingetragen – es sei denn, sie sind erst kürzlich eingebürgert worden oder haben eine europäische Staatsbürgerschaft. In diesem Fall muss sich die Person auf eigene Initiative bei der Stadt melden und einen Antrag auf Eintragung ins Wählerverzeichnis stellen.

Weitere Informationen: Wahlinfos der Stadt Tübingen

Wahlgrundsätze

Wahlgrundsätze zum Nachlesen

Wahlgrundsätze: unmittelbar, frei, geheim und gleich

Wahlen in Deutschland sind allgemein, unmittelbar, frei, gleich und geheim (Art. 38 des Grundgesetzes).

Allgemein sind Wahlen, weil jeder wahlberechtigt und wählbar ist, der gewisse Voraussetzungen erfüllt. Dazu gehört z.B., dass die Wählerinnen und Wähler und die Kandidatinnen und Kandidaten ein gewisses Mindestalter erreicht haben müssen.

Gewählt werden (Ober-)Bürgermeister:innen in direkter Wahl (ebenso wie andere kommunale Wahlämter wie Gemeinde- und Stadträte, Kreistage, Ortsbeiräte etc.). Die Wählerinnen und Wähler bestimmen also kein zwischengeschaltetes Gremium, das dann erst die eigentlichen Vertreter wählt. Dies nennt man eine unmittelbare Wahl. Dem gegenüber werden die Amtsausschüsse und Amtsdirektoren und die Landräte nicht in unmittelbarer Wahl von der Bevölkerung, sondern in mittelbarer Wahl von der Gemeindevertretung, dem Amtsausschuss oder dem Kreistag gewählt.

Frei sind die Wahlen, weil niemand gezwungen werden kann, überhaupt zu wählen. Es gibt keine Wahlpflicht. Frei sind die Wahlen auch, weil niemand Druck auf die Wähler ausüben darf. Niemand darf einen Wähler zwingen, für einen bestimmten Kandidaten oder eine bestimmte Partei seine Stimme abzugeben. Selbstverständlich dürfen Kandidierende, Wählergruppen, politische Vereinigungen und Parteien um Stimmen werben.

Das Prinzip der geheimen Wahl ist eng mit dem Grundsatz der freien Wahl verbunden. Es ist sicherzustellen, dass die Wähler ihre Stimmen unbeobachtet abgeben können und auch niemand erfährt, für wen sie gestimmt haben.

Die Wahlen sind gleich, weil alle Wähler die gleiche Anzahl an Stimmen abgeben können (Gleichheit des Zählwerts) und jede Wählerstimme das gleiche Gewicht bei der Auszählung hat.

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Wo finde ich weitere Informationen zur OB-Wahl?

Die Bürgermeister•wahl

Jeder kann bei Politik mitmachen.
Zum Beispiel bei der Bürgermeister•wahl.
Sie können mitbestimmen:
Wer wird Bürgermeister in meinem Ort?

Bürgermeister•wahl in Leichter Sprache

Weiterführende Informationen und Quellen

Tuebingen.de: Infos zur OB-Wahl

Tuebingen.de: Boris Palmer

Kommunalwahl-Portal: Die Bürgermeisterin/Der Bürgermeister

Gemeindeordnung BW: Bürgermeister

Statistisches Landesamt: Fakten zur Bürgermeisterwahl

Das Landesamt für Statistik liefert Daten, Fakten sowie eine Analyse zu den (Ober-)Bürgermeister:innen-Wahlen in Baden-Württemberg zwischen den Jahren 2010 und 2017.

Statistisches Monatsheft 2/2019: Teil 1 Grundsätze und Entwicklungen 
Statistisches Monatsheft 3/2019: Teil 2 Fortsetzung der Analyse

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Lesen Sie weiter: Die OB-Wahl in Tübingen

Autor: Internetredaktion LpB BW | letzte Aktualisierung: Oktober 2022

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