Wissen über Auschwitz

"Millionen Menschen wurden umgebracht, und nur knapp ein halbes Jahrhundert nach diesem Massenmord können nur 70 Prozent eines repräsentativen Bevölkerungsquerschnitts die Gründe dafür benennen."

Mit diesen Worten beklagten sich Wissenschaftler schon 1997.
Wie sieht es heute mit dem Wissen über Auschwitz und den Holocaust in der Bevölkerung aus?

2023: Erschreckend geringes Wissen, aber verstärtes Interesse mehr zu erfahren.

Aktuelle Studien zeigen: Das Wissen um den Holocaust und die NS-Zeit ist unter den Millennials und der Generation Z teilweise erschreckend gering. Gleichzeitig haben sie ein großes Interesse daran, mehr darüber zu erfahren. Die Generation Z interessiert sich deutlich mehr für die NS-Zeit als die Generation ihrer Eltern (75 Prozent bei den Jüngeren/66 Prozent bei den Eltern).


Quelle: Gedenktag - Was Jüngere über den Holocaust wissen (Deutschlandfunk)

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2017: Schülerinnen und Schüler haben Wissenslücken

47 Prozent der befragten 14-16-Jährigen können den Begriff "Auschwitz" nicht einordnen. Das zeigen die Ergebnisse einer repräsentativen Forsa-Umfrage von 2017. Im Bundesdurchschnitt sind die Ergebnisse seit 2006 jedoch ungefähr gleich geblieben. Die überwiegende Mehrheit der Befragten - rund 9 von 10 Personen -  weiß, dass Auschwitz ein Konzentrationslager war.

Trotzdem bleiben insbesondere bei den Schülerinnen und Schülern Wissenslücken. »Mit Sorge beobachten wir, dass es in der Mittelstufe in immer weniger Bundesländern Geschichte als eigenständiges Schulfach gibt. Dies ist für mich einer der Gründe, warum erschreckend viele Schüler das Konzentrationslager nicht kennen«, äußert sich die Körber-Stiftung, die die Umfrage in Auftrag gab.

Ein positives Fazit: Die Studie kommt zu dem Ergebniss, dass Deutsche grundsätzlich aus der Geschichte Lehren ziehen möchten. Der Wille ist da. 


Quelle: Umfrage der Körber-Stiftung

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2015: Der Wunsch nach einem "Schlussstrich" nimmt ab

"Es gibt keine deutsche Identität ohne Auschwitz. Die Erinnerung an den Holocaust bleibt eine Sache aller Bürger, die in Deutschland leben."
Joachim Gauck, 2015

In einer repräsentativen Studie der Bertelsmannstiftung von 2015 zu den deutsch-israelischen Beziehungen stimmt mehr als die Hälfte (55 %) der Befragten Deutschen der Aussage zu: „Heute, beinahe 70 Jahre nach Kriegsende, sollten wir nicht mehr so viel

über die Judenverfolgung reden, sondern endlich einen Schlussstrich unter die Vergangenheit ziehen“. Anders sieht es in Israel aus: Dort wollen nur 22 Prozent mit der Vergangenheit abschließen.

Grundsetzlich lehnt die Mehrheit eine andauernde Aufarbeitung der Geschichte damit zwar ab, aber es bleibt Hoffnung:  Die Anzahl derer, die einen Schlussstrich ziehen möchten, sinkt seit Jahren. Das Bewusstsein für die Relevanz der Aufarbeitung kommt langsam zurück.

Eine Gefahr bleibt: Die Jugend möchte nicht gedenken.  „Ich ärgere mich darüber, dass den Deutschen auch heute noch die Verbrechen an den Juden vorgehaltenwerden" - dieser Aussage stimmen 79 Prozent der befragten 18-29 Jährigen im Jahr 2015 zu.


Quelle: Studie der Bertelsmannstiftung von 2015

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2012: Jeder Fünfte unter 30 kennt Auschwitz nicht

Jeder fünfte junge Erwachsene unter den Befragten weiß nicht, dass Auschwitz für ein Konzentrations- und Vernichtungslager der Nationalsozialisten steht. 21 Prozent der 18- bis 30-jährigen Bundesbürger konnten in einer Forsa-Umfrage für das Magazin Stern von 2012 den Begriff Auschwitz nicht einordnen.

Von den über 30-Jährigen wissen 95 Prozent etwas mit dem Namen anzufangen. Insgesamt kannten 90 Prozent der befragten 1.002 Bundesbürger das Konzentrations- und Vernichtungslager. Etwa jeder Dritte konnte korrekt sagen, daß das Lager in Polen gebaut worden war. Knapp die Hälfte der Befragten hat noch nie eine KZ-Gedenkstätte besucht. Dies waren überdurchschnittlich oft Personen (46 Prozent) aus Westdeutschland. Bei den Ostdeutschen waren es nur 27 Prozent.

Eine Entwicklung zeigt sich bei der Frage, ob ein Schlussstrich unter die nationalsozialistische Vergangenheit gezogen werden sollte. 1994 sprach sich noch die Mehrheit der Befragten (53 Prozent) dafür aus. Mittlerweile sind es nur noch 40 Prozent. 56 Prozent sind dagegen, mit der Vergangenheit abzuschließen. Bei den 18- bis 29-Jährigen sind es sogar 65 Prozent.

Dass die Deutschen aufgrund ihrer Geschichte eine besondere Verantwortung haben, sagen 31 Prozent. Knapp zwei Drittel der Befragten sehen die Deutschen gegenüber anderen Völkern hingegen nicht in einer besonderen Verantwortung.


Quelle: Stern-Umfrage 2012

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Jahrtausendwende: Wissen über Auschwitz ist gering

Schon Alphons Silbermann und Manfred Stoffers stellten 1997 in ihrer Untersuchung "Auschwitz: Nie davon gehört? Erinnern und Vergessen in Deutschland" fest:

"Millionen Menschen wurden umgebracht, und nur knapp ein halbes Jahrhundert nach diesem Massenmord können nur 70 Prozent eines repräsentativen Bevölkerungsquerschnitts die Gründe dafür benennen."

In einer Emnid-Studie, für die im Mai Mai 1997 im gesamten Bundesgebiet 2.200 Interviews durchgeführt wurden, waren die Ergebnisse teilweise erschreckend. Zwei Fragen bezogen sich auf das Konzentrationslager Auschwitz, sechzehn Fragen galten dem KZ-System im Allgemeinen.

Was war nochmal "Auschwitz"?

7,4 Prozent der 14-50jährigen und 3,6 Prozent der über 50jährigen wissen ohne Antwortvorgabe nicht, "wer oder was Auschwitz ist".  Bei den 14-17jährigen waren es sogar 23 Prozent. Dass unter allen Befragten 5,8 Prozent nichts mit dem Begriff "Auschwitz’ verbinden können, bedeutet hochgerechnet auf die deutsche Gesamtbevölkerung etwa drei Millionen Menschen ab 14 Jahren.

Auf die weitere Frage, wo sich das Konzentrationslager Auschwitz geographisch konkret befand, konnten 25 Prozent keine Antwort geben; auch hier sind die Älteren etwas besser informiert als die Jüngeren. 2,1 Prozent der Befragten (aber 7,9 Prozent der 14-17jaehrigen) waren überzeugt, es habe außer Auschwitz keine anderen Konzentrationslager gegeben.

Rund 20 Prozent konnten keinen anderen Ort eines Konzentrationslagers selbständig nennen. Etwas besser war das Ergebnis bei der Frage nach der zeitlichen Einordnung: 82,3 Prozent der 14-50jährigen und 85,4 Prozent der über 50jährigen konnten korrekt einschätzen, wann es Konzentrationslager gab.

Die Anzahl der Ermordeten wird falsch eingeschätzt

Auffallend waren die Vorstellungen darüber, welche Personengruppen inhaftiert wurden. 88 Prozent der Befragten insgesamt nannten die Juden; mit großem Abstand wurde auf Oppositionelle (22 Prozent) sowie auf Sinti und Roma (19 Prozent) verwiesen. Dabei konnten 15,1 Prozent aller Befragten (26,1 Prozent der 14-17jährigen) keine Gründe für die KZ-Haft ausmachen.

Bei der Frage, wie viele Menschen in Konzentrationslagern umgekommen waren antworteten 21,8 Prozent mit "Weiß nicht", 8,4 Prozent schätzten "10 Millionen und mehr", 30 Prozent waren in der Lage, eine halbwegs realistische Größenordnung zwischen vier und sieben Millionen Ermordeten anzugeben. Immerhin 88,2 Prozent wussten hingegen, dass die Ermordung in den Lagern nicht auf der Grundlage von Gerichtsurteilen stattfanden.


Quelle: Silbermann, Alphons / Stoffers, Manfred, Auschwitz: Nie davon gehört? Erinnern und Vergessen in Deutschland, Berlin 2000.
Rezension: Kirsch, Jan-Holger, in H-Soz-u-Kult, 28.02.2000

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Stand der Überarbeitung: Januar 2024.

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