Stellungnahme der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg zu den Reaktionen auf die Veröffentlichung der aktuellen Sonderausgabe der Unterrichtsreihe „Mach’s klar! – Politik einfach erklärt“ zum Krieg in der Ukraine Seit der Veröffentlichung der aktuellen Sonderausgabe von „Mach’s klar! – Politik einfach erklärt“ am 7. April 2022 erreichen uns kritische Zuschriften. Zu den Reaktionen nehmen wir wie folgt Stellung: Die Handreichung „Krieg in der Ukraine – Putins Angriff auf den Frieden“ ist für den Einsatz im Unterricht an Haupt-, Werkreal-, Real- und Gemeinschaftsschulen erstellt worden. Sie bündelt altersgerecht aufbereitete Materialien zu den Gründen und Ursachen von Kriegen, zu unterschiedlichen Formen des Kriegs und zum Krieg in der Ukraine. Thematisiert werden zudem die Positionen der jeweiligen Kriegsparteien. Die Sonderausgabe ist angesichts der großen Nachfrage von Lehrkräften aufgelegt worden. Viele sehen sich seit Beginn des völkerrechtswidrigen Angriffskriegs Russlands auf die Ukraine gefordert, auf den Diskussionsbedarf ihrer Schülerinnen und Schüler zu reagieren. Die Publikation bietet Lehrkräften und anderen Multiplikatoren eine Möglichkeit, das Geschehen im Unterricht aufzugreifen. Zielsetzung der Handreichung ist es, junge Menschen zur Auseinandersetzung mit dem Krieg anzuregen sowie Feindbilder und die Folgen entmenschlichender Indoktrination zu hinterfragen. Die Karikatur auf der Titelseite gibt dazu auf zugespitzte Weise unterschiedliche Anstöße: Sie zeigt einen militärischen Anführer auf russischer Seite, der seine Soldaten mit pauschalen und abwertenden Aussagen über den Gegner in den Kampf führt: Diese seien keine Menschen, sondern „Monster“. Diese Zuspitzung verdeutlicht, wie sich Konflikte mit Feindbildern anheizen lassen. Sie zeigt darüber hinaus, dass auch die Adressaten der Indoktrination als Opfer begriffen werden können, in diesem Fall die russischen Soldaten auf dem Lastwagen, die in den Krieg geschickt werden. Dem Genre der Karikatur gemäß stellt auch diese Karikatur den Sachverhalt pointiert und zugespitzt dar – bis hin zur übertrieben langen „Lügennase“ des Befehlshabers. Er ist – im Gegensatz zu seinen Soldaten – karikiert dargestellt. In Zuschriften, die uns erreichen, wird die Karikatur als menschenverachtender Angriff auf russische Soldaten und/oder auf die russische Bevölkerung interpretiert. Mit der Karikatur würden die Gefühle von russischen und russischsprachigen Bürgerinnen und Bürgern auch in Deutschland verletzt. Es wird der Vorwurf der Volksverhetzung erhoben. Die Handreichung wird als Beleg für „Meinungsmache“ bewertet. Diese richte sich, so ein weiterer Vorwurf, „gegen Kinder“. Dieser Kritik möchten wir entschieden entgegentreten. Die Handreichung stellt Materialien zur Verfügung, die zum eigenständigen Nachdenken über einen gewaltsamen Konflikt anregen. Die Publikation richtet sich nicht an Kinder, sondern an junge Menschen im Alter von etwa 15 Jahren an weiterführenden Schulen, die von Lehrkräften anhand der elementarisiert und stark visualisierten Materialien in der Auseinandersetzung über den Krieg in der Ukraine begleitet werden. Dazu gehört auch die Auseinandersetzung mit Karikaturen und deren stilistischen Möglichkeiten, kontroverse Themen aufzugreifen. Das Format Karikatur ist eine eingeführte Methode im Politikunterricht. Eine kritische Auseinandersetzung mit Krieg, zumal mit einem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg, ist eine elementare Voraussetzung für die Meinungs- und Urteilsbildung in einer freiheitlichen Demokratie. Dazu gehört gerade auch die kritische Auseinandersetzung mit menschenverachtenden Feindbildern. Genau dazu regt die Sonderausgabe von „Mach’s klar! – Politik einfach erklärt“ an. Offenbare Einschüchterungsversuche nehmen wir zur Kenntnis, richten uns aber nicht danach. Vorwürfe, die Karikatur erfülle den Straftatbestand der Volksverhetzung, entbehren auch nach rechtlicher Prüfung jeglicher Grundlage. Die Anregung zur Auseinandersetzung mit dem Krieg stellt keinesfalls eine Beschimpfung oder Verächtlichmachung oder einen sonstigen Angriff auf die Menschenwürde im Rechtssinne dar. 13.04.2022 Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg |