Maßnahmen gegen Gentrifizierung

Durch welche Instrumente kann die Politik in den Wohnungsmarkt eingreifen? Welche Mittel gibt es gegen explodierende Mietpreise, Wohnungsnot und Gentrifizierung?

Im Folgenden werden die Möglichkeiten am Beispiel der Stadt Stuttgart aufgezeigt.

Bestandsorientierte Instrumente

Mietpreisbremse

Das wohl bekannteste Instrument zur Gegenwirkung von übermäßig steigenden Mietpreisen und Gentrifizierungsprozessen ist die sogenannte Mietpreisbremse. Sie soll Mieterinnen und Mieter vor überhöhten Mieten schützen und den Anstieg der Mieten dämpfen. Verstößt ein Vermieter gegen die Mietpreisbremse, kann der Mieter den Aufpreis zurückfordern. Die Mietpreisbremse besagt, dass Mieten bei Neuvermietung nicht mehr als zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen dürfen. Seit 1. November 2015 gilt die Mietpreisbremse in 68 Städten in Baden-Württemberg, darunter auch in Stuttgart. In dem Gesetz sind allerdings Ausnahmen vorgesehen: für Neubauten, für umfassende Modernisierungen und für bereits bestehende Miethöhen.

Zweckentfremdungsverbot

Durch dieses Verbot wird Wohnraum geschützt, indem untersagt wird, Wohnungen beispielsweise in Gewerberaum oder Ferienwohnungen umzuwandeln. Auch eine Wohnung leerstehen zu lassen, ist laut dieser Regelung nicht gestattet. Städte und Gemeinden erhielten 2013 durch die Landesregierung Baden-Württembergs die gesetzliche Ermächtigung, in kommunalen Satzungen von dieser Einschränkung Gebrauch zu machen. Die Stadt Stuttgart macht sich diese Regelung seit 2015 zunutze. Die Satzung soll zunächst fünf Jahre gültig bleiben.

Umwandlungsverordnung („Milieuschutz“)

Umwandlungsverordnungen dienen dazu, die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung in einem Bezirk zu schützen. Sie wird nicht auf die ganze Stadt angewandt, sondern nur auf bestimmte Gebiete der Stadt. Man bezeichnet die Umwandlungsverordnung auch als „Milieuschutz“. Durch diese Verordnung ist die Umwandlung einer Mietwohnung in eine Eigentumswohnung genehmigungspflichtig. Diese Regelung gilt im gesamten Bundesland seit Ende 2013. Dies kommt besonders schwächeren sozialen Schichten zugute.  

Kündigungssperrfristverordnung

2015 beschloss die baden-württembergische Landesregierung die Kündigungssperrfristverordnung für 44 Städte, „in denen die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen […] besonders gefährdet ist“ (§577a BGB). Zu diesen 44 Städten gehört auch Stuttgart. Die Verordnung besagt, dass Mieterinnen und Mieter, deren Wohnung in eine Eigentumswohnung umgewandelt wird, bereits fünf Jahre zuvor eine Kündigung des Mietvertrags erhalten sollen.

Kappungsgrenzenverordnung

In Gemeinden oder Teilgebieten, in denen ein angespannter Wohnungsmarkt festgestellt wurde, wird die reguläre Kappungsgrenze gesenkt. Normalerweise dürfen innerhalb von drei Jahren Mieten gesetzlich lediglich um höchstens zwanzig Prozent angehoben werden. In Städten wie Stuttgart wird diese Grenze auf 15 Prozent reduziert. Die Verordnung ist in Stuttgart am 1. Juli 2015 in Kraft getreten und gilt für fünf Jahre.

Neubauorientierte Instrumente

Stuttgarter Innenentwicklungsmodell (SIM)

Das „Stuttgarter Innenentwicklungsmodell“ (SIM) ist Teil des Konzepts „Wohnen in Stuttgart“. Es trat im Jahr 2011 in Kraft.
Ziel des SIM ist es, Boden in Stuttgart sozial ausgewogen und für eine Stadt angemessen zu nutzen. Konkret verpflichtet das Modell Bauherren dazu, zwanzig Prozent neugeschaffener Geschossflächen für Wohnungen und geförderten Wohnraum einzuplanen. Ab 450 m² zu Wohnzwecken genutzter Fläche muss die erste geförderte Wohnung entstehen. Bei einer Größe von 1.350 m² folgt die erste Sozialwohnung. Ist es nicht möglich, die geförderte Wohnung im Bauvorhaben selbst unterzubringen, müssen in einem Umkreis von 1.000 Meter Ersatzmaßnahmen getroffen werden. Durch diesen Umstand werden die eigentlich benötigten zwanzig Prozent der Gesamtfläche auf dreißig Prozent angehoben.
 

Förderung von Baugemeinschaften

Baugemeinschaften sind Zusammenschlüsse von Personen oder Haushalten. Diese erwerben gemeinsam ein Grundstück, um darauf ihr eigenes Wohnprojekt zu planen, durchzuführen und in diesem selbst zu wohnen. Diese Gruppen schaffen die Möglichkeit, Kosten gegenüber dem vorherrschenden Wohnungsmarkt zu sparen sowie das Stadtbild aktiv mitzuprägen.
In Stuttgart wurde 2012 der Grundsatzbeschluss gefasst, gemeinschaftliche Baugruppen und deren Vorhaben durch Vergabe von kommunalen Grundstücken an diese zu unterstützen.
 

Konzeptverfahren

Der Grundsatzbeschluss zum Konzeptverfahren wurde in Stuttgart 2015 getroffen. Er besagt, dass bei der Vergabe von städtischen Grundstücken das Konzept des Bauvorhabens vorrangig sein soll, nicht der gebotene Kaufpreis. Für das Vergabeverfahren soll zu siebzig Prozent die Konzeptqualität berücksichtigt werden. Nur zu dreißig Prozent soll der Kaufpreis in die Entscheidung einfließen.
Das Konzept soll Vielfalt im Wohnungsbau fördern sowie eine innovative und effiziente Wohnflächengestaltung herbeiführen.
 

Nach oben

Stimmen aus der Politik

Was sagen Akteure aus der Politik zum Thema bezahlbarer Wohnraum und Gentrifizierung, auch in Stuttgart? Was sind ihre Lösungsansätze?

Interview mit Rolf Gassmann, Vorsitzender des Mietervereins Stuttgart e. V. 

Interview mit Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut, Ministerin für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau

Nach oben

Quellen

Homepage Stadt Stuttgart: Pressemitteilung „Gemeinderat beschließt Stuttgarter Konzeptverfahren“, 26.03.2015, www.stuttgart.de/item/show/273273/1/9/563469? (zuletzt aufgerufen: 11.12.2017)

Homepage Stadt Stuttgart: „Baugemeinschaften: Bürger bauen mit“, www.stuttgart.de/item/show/546864 (zuletzt aufgerufen: 11.12.2017 )

Homepage Stadt Stuttgart: „SIM – Das Stuttgarter Stadtentwicklungsmodell“, www.stuttgart.de/SIM (zuletzt aufgerufen: 11.12.2017)

Homepage Mieterverein Stuttgart: „Die Herabsetzung der Kappungsgrenze ist in Stuttgart in Kraft getreten“, mieterverein-stuttgart.de/de/news/die-herabsetzung-der-kappungsgrenze-ist-in-stuttgart-in-kraft-getreten.html, 01.07.2015 (zuletzt aufgerufen: 11.12.2017)

Deutsches Institut für Urbanistik (Hrsg.): Kommunaler Umgang mit Gentrifizierung. Praxiserfahrung aus acht Kommunen. Deutsches Institut für Urbanistik gGmbh, Berlin 2017

Stand: Januar 2018

Cookieeinstellungen
X

Wir verwenden Cookies

Wir nutzen auf unseren Websites Cookies. Einige sind notwendig, während andere uns helfen, eine komfortable Nutzung diese Website zu ermöglichen. Einige Cookies werden ggf. für den Abruf eingebetteter Dienste und Inhalte Dritter (z.B. YouTube) von den jeweiligen Anbietern vorausgesetzt und von diesen gesetzt. Gegebenenfalls werden in diesen Fällen auch personenbezogene Informationen an Dritte übertragen. Bitte entscheiden Sie, welche Kategorien Sie zulassen möchten.