November 2021

Elisabeth Schwarzhaupt (1901-1986)

Erste Bundesministerin in Deutschland

Die CDU-Politikerin Elisabeth Schwarzhaupt war in vielerlei Hinsicht „die Erste“: In der Weimarer Republik eine der ersten deutschen Jugendrichterinnen, 1939 die erste Kirchenrätin der Evangelischen Kirche in Deutschland, 1944 erste Oberkirchenrätin, 1957 als erste Frau stellvertretende Vorsitzende der CDU-Bundestagsfraktion und 1961 erste Ministerin in einer Bundesregierung. Zeit ihres Lebens hat Elisabeth Schwarzhaupt manche Türen für Frauen geöffnet, nachhaltige Verbesserungen von Recht und Gesetz (nicht nur) zugunsten von Frauen erreicht und sich für Emanzipation und Gleichberechtigung eingesetzt.
Im November 2021 jährte sich Elisabeth Schwarzhaupts Berufung zur Bundesgesundheitsministerin zum 60. Mal.

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Kindheit und Jugend

Emma Sophie Elisabeth Schwarzhaupt wurde am 7. Januar 1901 in Frankfurt/Main als Tochter des Lehrerehepaars Wilhelm und Frieda Schwarzhaupt geboren. Die Eltern waren überzeugte Protestanten und erzogen ihre Kinder Elisabeth und Adolf im Sinne eines liberalen Christentums. Auch politische Diskussionen prägten das Familienleben, denn Wilhelm Schwarzhaupt war engagiertes Mitglied und nach 1918 Landtagsabgeordneter der nationalliberalen Deutschen Volkspartei (DVP).

Elisabeth besuchte ab 1913 das Schillergymnasium für Mädchen in Frankfurt-Sachsenhausen, das zu dieser Zeit als eine der besten Mädchenschulen in Deutschland galt. In ihrer Schulzeit entwickelte sie ein großes Interesse für Philosophie, Kunstgeschichte und Literatur.

Der erste Weltkrieg prägte Elisabeths Verhältnis zur Emanzipation: Da junge Mädchen nun als Arbeiterinnen in Munitionsfabriken benötigt wurden, konnten die Schwarzhaupts keine Haushaltshilfe mehr beschäftigen. Die Haushaltsführung war nun alleinig Elisabeths Mutter überlassen, die ihre vielfältigen künstlerischen Interessen zurückstellen musste, sich mit der Situation überlastet fühlte und oft gereizt reagierte.

Meine Mutter war in eine Übergangszeit der Entwicklung vom Großfamilien-Haushalt zu der modernen Kleinfamilie geraten, ohne daß der familiäre Lebensstil und das Rollenverständnis der Frau diesen Veränderungen gefolgt waren. (…) Ich selbst wollte diese Rolle, die meine Mutter vorlebte, nicht übernehmen. Zu einem Thema meines Lebens wurde die Frage, wie man die Rolle der Frau an neue Gesellschaftsformen so anpassen könnte, daß sie Kinder haben und doch mit gleichen Entwicklungschancen leben könnte wie der Mann.“
(Elisabeth Schwarzhaupt zit.n. Ille 2003, S.17)

1920 legte Elisabeth Schwarzhaupt die Reifeprüfung ab. Da die Eltern Wert auf eine gute Ausbildung ihrer Kinder legten, war klar, dass auch Elisabeth studieren sollte. Dennoch entwickelte sich zwischen Tochter und Vater eine große Meinungsverschiedenheit über Elisabeths Berufswahl: Sie wollte liebend gerne Theater- und Literaturkritikerin werden, der Vater sah dies aber als brotlose Kunst. Letztendlich lenkte Wilhelm Schwarzhaupt ein und versprach seiner Tochter, sie dürfe alles studieren, wenn sie das Examen als Lehrerin für Volks- und Mittelschulen abgelegt habe. Nach einem Jahr hatte Elisabeth diese Ausbildung bestanden, aber ihr Berufswunsch hatte sich geändert: Sie wollte nun Jugend- oder Vormundschaftsrichterin werden und dafür Jura studieren. Zwar waren Frauen zu diesem Zeitpunkt für Berufe in der Rechtspflege noch nicht zugelassen, aber Wilhelm Schwarzhaupt war optimistisch, dass sich das bald ändern würde und unterstützte seine Tochter in ihrem Vorhaben.

So begann Elisabeth im Sommersemester 1921 ihr Jura-Studium an der Universität Frankfurt. Nach einem zwischenzeitlichen Wechsel nach Berlin legte sie 1925 erfolgreich das erste Staatsexamen in Frankfurt ab. Das Referendariat musste sie aufgrund einer schweren Krankheit unterbrechen und konnte deshalb das zweite Staatsexamen erst fünf Jahre später ablegen – dafür dann aber mit dem Prädikat „gut“.

Im August 1930 trat die 29jährige Juristin eine Stelle bei der Städtischen Rechtsauskunftsstelle für Frauen in Frankfurt an. Die Ratsuchenden kamen aus einfachen Arbeiterverhältnissen und waren häufig den Misshandlungen ihrer (trinkenden) Ehemänner ausgesetzt oder hatten aus Verzweiflung über große Schulden Straftaten begangen. Elisabeth Schwarzhaupt, die Tochter aus gutem Hause, traf nun auf eine ganz andere, harte Lebensrealität.

In der städtischen Rechtsauskunftsstelle in Frankfurt habe ich in meiner Jugend täglich bis zu vierzig abgehärmte Proletarierfrauen beraten, deren Männer Trinker oder Taugenichtse oder beides waren. Das hat einen unauslöschlichen Eindruck auf mich gemacht. Später, in der Rechtsabteilung des Verbandes der Inflationsgeschädigten und Altrentner – die ganze ‚Abteilung‘ bestand aus meinem Schreibtisch – habe ich gesehen, um wieviel schwerer es alternde Frauen haben, wenn sie ihr bißchen Vermögen verlieren – für die ist es aus."
(Elisabeth Schwarzhaupt zit. n. Die Zeit, 8.12.1961)

Gleichzeitig wurden Schwarzhaupt hier die Schwächen des Familienrechts im Blick auf Frauen vor Augen geführt: Das aus dem Jahr 1900 stammende Bürgerliche Gesetzbuch war sehr patriarchalisch geprägt und setzte verheiratete Frauen ihren Ehemännern quasi schutzlos aus. Ehemännern wurde etwa das Vermögensverwaltungs- und Letztentscheidungsrecht eingeräumt, Ehefrauen blieben weitgehend unmündig. Die Erfahrungen aus ihrer zweijährigen Tätigkeit bei der Rechtsauskunftsstelle sollten Elisabeth Schwarzhaupt ihr Leben lang prägen.

1932 ließ sich Elisabeth Schwarzhaupt nach Dortmund versetzen und trat am Amtsgericht eine Stelle als Vertretungsrichterin im Bereich Zivilsachen an. Hintergrund des Ortswechsels war der Wunsch, näher bei ihrem Verlobten, einem Gelsenkirchener Arzt, zu wohnen.

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Zeit des Nationalsozialismus

Ab dem Beginn der 1930er Jahre wurde Elisabeth Schwarzhaupt auch politisch aktiv. Zwar war sie schon als Kind durch ihren Vater mit Politik in Berührung gekommen, doch erst nach der Lektüre der damals höchst populären nationalsozialistischen Schriften von Adolf Hitler („Mein Kampf“) und Alfred Rosenberg („Der Mythus des 20. Jahrhunderts“) beschloss sie, sich politisch zu engagieren. Sie war entsetzt darüber, dass die Ideologie Hitlers und Rosenbergs, zu dem auch ein katastrophal rückwärtsgewandtes Frauenbild gehörte, in Deutschland auf immer mehr Zustimmung stieß. Um dem entgegen zu wirken, unterstützte Elisabeth Schwarzhaupt im Wahljahr 1932 beim Wahlkampf die Deutsche Volkspartei (DVP). Sie veröffentlichte die Schriften „Die Stellung der Frau im Nationalsozialismus“ und „Was hat die deutsche Frau vom Nationalsozialismus zu erwarten?“ und hielt zu diesen Themen Vorträge, die sie auch überregional bekannt machten. Mit ihrem politischen Einsatz wollte sie vor allem Frauen davor warnen, dass ihre Rechte in einem nationalsozialistisch dominierten Staat unweigerlich drastisch eingeschränkt würden. 

Ich schrieb zur Hindenburg-Wahl einige Zeitungsartikel und eine Broschüre für die Deutsche Volkspartei und wurde daraufhin von den Nazis aufgefordert, in eine ihrer Radauversammlungen als Diskussionsrednerin zu kommen. Ich hatte Herzklopfen, aber kneifen wollte ich nicht. Unter ,Bedeckung‘ durch einige Freunde marschierte ich zum Podium und sagte dort mein Sprüchlein auf, wurde niedergeschrien, aber von da ab stand ich im politischen Leben."
(Elisabeth Schwarzhaupt zit. n. Die Zeit vom 8.12.1961)

Zu Recht hatte Elisabeth Schwarzhaupt um die Frauenrechte gefürchtet, denn nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten im Jahr 1933 bekam sie deren Einschränkung selbst zu spüren: Wie andere Juristinnen verlor auch sie ihre Stelle als Richterin, war es in der Ideologie der Nationalsozialisten doch undenkbar, dass Frauen über Männer urteilen bzw. richten konnten.

Schwarzhaupts jüdischer Verlobter emigrierte 1933 aufgrund der bereits in den Anfangsmonaten des NS-Regimes wachsenden antisemitischen Verfolgung in die Schweiz und fand in einer Klinik neue Arbeit. Sie wollte ihm nicht ohne konkrete Aussicht auf eine Anstellung folgen, da es für sie nicht in Frage kam, von einem Mann materiell abhängig zu sein. Nachdem Elisabeth Schwarzhaupts Suche nach einem Arbeitsplatz in der Nähe ihres Verlobten keinen Erfolg zeigte, lösten die beiden 1936 die Verlobung auf. Für ihre Selbständigkeit und die Erfüllung im eigenen Beruf stellte Schwarzhaupt die Idee des Glücks in einer Partnerschaft zurück.

Auch in Deutschland fand die Juristin zunächst keine neue Stelle, so dass sie 1935 mit einer Dissertation zum Thema „Fremdwährungsklauseln im deutschen Schuldrecht“ promovierte.
1934 hatte sie eine Beschäftigung beim Reichsbund der deutschen Kapital- und Kleinrentner e. V. angenommen. Hier wurde sie zwar schlecht bezahlt und geriet in einen ideologischen Konflikt, da der Reichsbund der NSDAP nahestand – sie war aber nicht mehr finanziell von ihren Eltern abhängig. 

Dennoch dürfte es eine große Erleichterung für Elisabeth Schwarzhaupt gewesen sein, als sie 1936 im juristischen Referat der Kanzlei der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD) in Berlin angestellt wurde Auch hier war sie  zunächst nur als unterbezahlt juristische Hilfsarbeiterin tätig Sie prüfte etwa Gesetzesvorlagen des Reichskirchenministeriums zur Reform des Straf- und Scheidungsrechts – und musste erneut feststellen, wie stark die Diskriminierung von Frauen im Bürgerlichen Gesetzbuch gesetzlich festgeschrieben war, ohne dass es einer Verschärfung durch das NS-Regime bedurft hätte. Doch nach und nach zahlte sich ihr hohes Engagement aus. 1939 wurde Elisabeth Schwarzhaupt als erste Frau zur Konsistorialrätin ernannt, 1944 folgte die Beförderung zur Oberkonsistorialrätin. Die Juristin konnte nun zwar einer gesicherten Tätigkeit nachgehen, litt als Anhängerin der NS-kritischen Bekennenden Kirche jedoch unter den Kompromissen der ‚offiziellen‘ Evangelischen Kirche mit der NS-Politik. Dass sie sich nicht stärker gegen die Politik der Kirche auflehnte, belastete sie nach 1945 noch lange.

Nach dem Kriegsende und der Befreiung vom Nationalsozialismus hatte Elisabeth Schwarzhaupt verschiedene Positionen innerhalb der EKD inne: 1945 kehrte sie im Auftrag der Kirchenkanzlei zurück nach Frankfurt und organisierte dort die evangelische Jugend- und Frauenarbeit. 1946 übernahm sie das Referat „Frauenarbeit“ in der Kirchenkanzlei wie auch die ehrenamtliche Geschäftsführung der Evangelischen Frauenarbeit in Deutschland (EFD). In diesem Kontext richtete sie z.B. Mütterheime und Waisenhäuser ein, unterstützte Flüchtlinge und  Kriegsgefangene , plante Vortragsreihen und Seminare.

Beide Positionen behielt Schwarzhaupt bei, als sie 1948 ins Außenamt der EKD in Frankfurt wechselte. In dieser Tätigkeit war sie auch international viel unterwegs, besuchte Kirchengemeinden auf der ganzen Welt und diskutierte die Rolle von Frauen innerhalb der Kirche.

Das Beglückendste an der Arbeit im Kirchlichen Außenamt war, daß sich das Tor zur Welt für uns öffnete. Wieder über die Grenzen des eigenen Landes hinauszusehen, mit Menschen aus aller Welt zusammenzukommen, von ihren Problemen zu hören, war für uns, die wir fast fünfzehn Jahre eingesperrt waren, ein bewegendes Erlebnis.“
(Elisabeth Schwarzhaupt zit. n. Drummer/Zwilling 2001, S. 68)

Neben ihrer Kirchentätigkeit engagierte Schwarzhaupt sich nach 1945 beim Aufbau von Frauenverbänden wie dem überparteilichen und überkonfessionellen Frankfurter Frauenausschuss.
Durch ihre verschiedenen Ämter fiel Schwarzhaupt eine wichtige Vermittlerinnenrolle zu, die sie etwa dafür nutzte, sich für die Beteiligung von Frauen in der Synode der Evangelischen Kirche einzusetzen. Im Verfassungsausschuss der EKD arbeitete sie an der Erstellung einer neuen Grundordnung der evangelischen Kirche mit.

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Der Weg in den Deutschen Bundestag

Mehrere Parteien waren nach Gründung der Bundesrepublik im Jahr 1949 auf Elisabeth Schwarz-haupt aufmerksam geworden und versuchten, sie für sich zu gewinnen. Besonders die CDU um-warb die kompetente Juristin und wollte sie 1949 von einer Kandidatur für den ersten Deutschen Bundestag überzeugen. Dies lehnte Schwarzhaupt ab – wegen „Bedenken gegen das Wort ‚christ-lich’ im Namen“ der CDU (zit. n. Oelze 2018). Ein Jahr später schlug sie auch das Angebot des inzwischen zum Bundestagspräsidenten gewählten Hermann Ehlers, das Frauenreferat im Bun-desministerium des Innern zu übernehmen, aus.
Vor der Wahl zum zweiten Bundestag im Jahr 1953 ließ Schwarzhaupt sich zum Eintritt in die CDU und zur Kandidatur im Wahlkreis Wiesbaden bewegen. Möglicherweise wollte sie damit zur Stärkung des protestantischen Flügels in der stark katholisch geprägten CDU beitragen – sicher vor allem aber am Wiederaufbau Deutschlands mitwirken.

Bei diesem Aufbau (Anm. d. Redaktion: dem moralischen und materiellen Wiederaufbau Deutschlands durch Adenauer und Heuss) mitzuhelfen war eine Aufgabe, die mich so reizte, daß ich bereit war, meine interessante Arbeit im kirchlichen Außenamt und einen großen Teil meiner bisherigen Frauenarbeit aufzugeben.“
(Elisabeth Schwarzhaupt zit. n. Drummer/Zwilling 2001, S. 79)

Nach den Bundestagswahlen 1953 zog Elisabeth Schwarzhaupt über einen Listenplatz das erste Mal in den deutschen Bundestag ein und wurde mehrmals wiedergewählt. 16 Jahre gehörte sie dem Parlament als Abgeordnete an.
Die großen Themen der damaligen Zeit (Westintegration, Sicherheits- und Europapolitik) waren zunächst nicht Schwarzhaupts Schwerpunkte, die froh über das vertrautere Arbeitsgebiet des Rechtsausschusses war, dem sie angehörte. Eine der wichtigsten Aufgaben des Ausschusses war die Anpassung des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) an den 1949 durch den beherzten Einsatz von Elisabeth Selbert ins Grundgesetz aufgenommenen Gleichberechtigungssatz Art. 3, Abs. 2.

Faltblatt „Vier Mütter des Grundgesetzes“

Konkret ging es etwa um den Paragraphen §1354 BGB, den „Gehorsamkeitsparagraphen“. Danach besaßen Ehemänner die Entscheidungshoheit über das eheliche Leben, während sich Ehefrauen dem zu beugen hatten. Auch Paragraph 1628 BGB, der das Letztentscheidungsrecht des Vaters in der Kindererziehung festlegte, musste überarbeitet werden, da er nicht mit dem Grundrecht auf Gleichberechtigung zu vereinen war. Die CDU setzte sich für eine Beibehaltung beider Regelungen ein, um das „Wohl der Familie“ zu schützen.

Anders die CDU-Abgeordnete Elisabeth Schwarzhaupt:
Als der Kabinettsentwurf, der die Beibehaltung vorsah, im Parlamentsplenum debattiert wurde, hielt sie ihre erste Bundestagsrede. Sie plädierte engagiert für eine Streichung von Paragraph 1354 und Änderung von Paragraph 1628. Laut Protokoll der Debatte bekam Schwarzhaupt in dieser Rede deutlich mehr Zuspruch von den Mitte-Links-Parteien als von ihrer eigenen Partei.

Das lange umstrittene Gleichberechtigungsgesetz („Gesetz über die Gleichstellung von Mann und Frau auf dem Gebiet des bürgerlichen Rechts“) wurde auch dank Elisabeth Schwarzhaupts Einsatz im Bundestag im Jahr 1957 knapp durchgesetzt und vom Bundesrat bestätigt. Damit wurde auch der sogenannte Stichentscheid in der Ehe, der es dem Ehemann erlaubte, bei Streitfällen in allen das Ehepaar betreffenden Angelegenheiten seine Ansicht durchzusetzen, abgeschafft. Elisabeth Schwarzhaupt hatte im Vorfeld dieser Entscheidung ihre Überzeugung über die Parteidisziplin gestellt: Anders als die Mehrheit – auch der Frauen – in der Unionsfraktion hatte sie als vehemente Gegnerin des Stichentscheids gemeinsam mit Margot Kalinke (DP) im Rechtsausschuss des Bundestages für den Änderungsantrag der FDP-Fraktion gestimmt und damit für eine Niederlage ihrer eigenen Fraktion der CDU/CSU gesorgt.

Mit dem Gleichberechtigungsgesetz war zwar der „Gehorsamkeitsparagraph“ gestrichen – nicht aber das Letztentscheidungsrecht des Vaters in Erziehungsfragen. Dieses wurde erst 1959 vom Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig und somit nichtig erklärt.

Erste Richterin am Bundesverfassungsgericht, Erna Scheffler: Die Abschaffung des „väterlichen Stichentscheids“ – mehr...

Auch darüber hinaus hatte das Gleichberechtigungsgesetz noch viele ‚Baustellen‘ offengelassen: So blieb verheirateten Frauen etwa nur dann eine Berufstätigkeit gestattet, wenn diese mit der „Erfüllung der Haushalts- und Familienpflichten“ vereinbar war, die quasi automatisch Frauen zugeschreiben wurden. Elisabeth Schwarzhaupt setzte sich aktiv für die Schließung dieser Lücken ein. Motiviert wurde sie dabei durch die Erinnerung an die Frauen, die sie Jahrzehnte zuvor in der Rechtsberatungsstelle in Frankfurt betreut hatte und die schon damals stark unter dem patriarchalischen bürgerlichen Recht zu leiden hatten.

Nach einer Wahlperiode als Abgeordnete hatte Elisabeth Schwarzhaupt sich im Bundestag über die Fraktionen hinweg einen guten Ruf erarbeitet. Sie wurde für ihre fachliche Kompetenz, ihre prägnante Ausdrucksweise und die Fähigkeit, komplexe Sachverhalte verständlich zu machen, geschätzt. Bei den Bundestagswahlen 1957 trat Schwarzhaupt erneut an und erkämpfte sich das Direktmandat im Wahlkreis Wiesbaden.

Bundeskanzler Konrad Adenauer, dem der überragende Wahlerfolg der CDU zugerechnet wurde, hatte vor der Wahl angedeutet, im zukünftigen Kabinett einen Ministerposten an eine Frau zu vergeben, doch nach der Wahl hielt er sich nicht an diese Zusage: Im Oktober 1957 stellte er seine Regierungsmannschaft vor, die tatsächlich nur aus Männern bestand. Um die CDU-Frauen wenigstens etwas zu versöhnen, wurde Elisabeth Schwarzhaupt als stellvertretende Vorsitzende in den Vorstand der CDU-Fraktion gewählt. In dieser Funktion war sie erneut die erste Frau.

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Erste Ministerin in einem Bundeskabinett

1961 fuhr die CDU bei den Bundestagswahlen herbe Verluste ein. Konrad Adenauer, zu diesem Zeitpunkt schon 85 Jahre alt, war erneut als Spitzenkandidat angetreten. Nach der Wahl wurde er verantwortlich für den Stimmenrückgang gemacht. Viele wollten ihn nicht noch einmal als Kanzler sehen, zumindest nicht für eine ganze Wahlperiode. So kam es zu dem Kompromiss, dass Adenauer vor Ende der Legislaturperiode das Kanzleramt an Ludwig Erhard übergeben sollte. Zudem forderten die CDU-Parlamentarierinnen, bei der Regierungsbildung nicht erneut leer auszugehen. Das wäre ohne Zweifel der Fall gewesen, hätten nicht einige weibliche Abgeordnete sich aus Wut über ihre Nichtbeachtung bei den Koalitionsverhandlungen zusammengeschlossen, um eine durchaus unkonventionelle Aktion starten:

Nach einer Strategiesitzung beschlossen einige CDU-Parlamentarierinnen, anlässlich der Koalitionsverhandlungen im Herbst 1961, vor dem Kabinettssaal eine Sitzblockade zu veranstalten. Mit Stühlen und Schnittchen ausgestattet und von der langgedienten, damals 80jährigen Abgeordneten Helene Weber – eine der vier Mütter des Grundgesetzes, die bereits in der Weimarer Republik Reichstagsabgeordnete war – angeführt, postierten sie sich vor dem Saal. Regelmäßig ließen die Parlamentarierinnen die Nachricht in den Saal schicken, dass sie so lange ausharren würden, bis eine Frau – und zwar Elisabeth Schwarzhaupt – einen Ministerposten erhalten würde.

Das „Sit-In“ zeigte Wirkung: Elisabeth Schwarzhaupt wurde für die Übernahme des neu geschaffenen Gesundheitsministeriums vorgeschlagen. Die Juristin hätte das Justiz- oder das Familienministerium vorgezogen und für beide Ämter hervorragende fachliche Qualifikationen mitgebracht. Erneut gereichte ihr hier aber ihr Geschlecht zum Nachteil: Zum einen waren diese Ressorts bereits Männern versprochen worden, um anderen führte Bundeskanzler Adenauer „inhaltliche“ Argumente an, die gegen eine Frau bzw. gegen Elisabeth Schwarzhaupt in diesen Ministerien sprächen:

Im Justizministerium stand die Verschärfung des Strafrechts an, was eine Frau nach Ansicht des Bundeskanzlers nicht streng genug vorantreiben könne – und zudem hätte die DDR, mit der die Bundesrepublik in einer lebhaften System-Konkurrenz stand, das Justizministerium an eine Frau – Hilde Benjamin – vergeben.

Da können wir hier nich eine Frau als Jejenüber brauchen; gerade wo ich meine, dat hier die Justiz strenger werden muss“, so Konrad Adenauer  zu Elisabeths Schwarzhaupts Wunsch, das Justizministerium zu übernehmen.
(zit. Drummer/Jutta Zwilling 2001, S.93)

Neben dem Bundeskanzler verwahrten sich auch die vor allem katholischen Parteikollegen dagegen, das Familienministerium mit Elisabeth Schwarzhaupt zu besetzen. Erklärt wurde dies mit der Tatsache, dass Schwarzhaupt eine (eher liberale) Protestantin und zudem nichtverheiratet und kinderlos war– ein Ausschluss-Kriterium, das bei Männern höchst selten angewendet wurde.
Elisabeth Schwarzhaupt war von dem ‚Angebot‘, das Gesundheitsressort zu übernehmen, nicht begeistert, lehnte es aber aus Loyalität gegenüber den (CDU-)Frauen im Bundestag nicht ab:

Wenn ich abgesagt hätte, wäre es wieder mit einer Frau im Kabinett aus (gewesen), und ich hätte dafür die Verantwortung getragen. Das konnte ich den Frauen nicht antun, diese Möglichkeit zu einem kleinen Schritt vorwärts in ihrer Beteiligung an führenden politischen Aufgaben auszuschlagen.“
(Elisabeth Schwarzhaupt zit. n. Drummer/Zwilling 2001, S.93)

Am 14. November 1961 wurde Elisabeth Schwarzhaupt vor dem Deutschen Bundestag als „Minister für Gesundheitswesen“ vereidigt.

Also übernahm ich ein Ministerium, das es noch gar nicht gab, in dem Bewußtsein, eine von meinen Kolleginnen schwer erkämpfte Alibifrau zu sein“, erinnert sie sich später an diese Zeit."
(zitiert nach Drummer/Zwilling 2001, S.88)

Ihr neues Amt war auch deshalb eine große Herausforderung für Schwarzhaupt, da es sich um ein neu eingerichtetes Ministerium handelte und weder dessen Aufgaben noch Räumlichkeiten oder Personal feststanden. Auch der Bundeskanzler machte es der neuen Ministerin nicht einfach:
Die Kabinettssitzungen eröffnete Konrad Adenauer weiterhin mit der Begrüßung:

Morjen, meine Herren“.

Auf Elisabeth Schwarzhaupts Protest hin soll er geantwortet haben:

In diesem Kreis sind auch Sie ein Herr!“ (zit. n. Drummer/Zwilling 2001, S.93).

Nur wenige Tage nach Schwarzhaupts Amtsantritt erschütterte ein nie dagewesener Pharma-Skandal die Bevölkerung, das politische Bonn und vor allem das Gesundheitsministerium: die Contergan-Krise.
1957 war das Medikament Contergan auf den Markt gekommen. Verschrieben wurde es gegen Schlaflosigkeit, aber auch bei Übelkeit in der Schwangerschaft. Ein folgenschweres Fehlurteil: Allein in der Bundesrepublik kamen in der Folge ca. 5.000 Kinder, deren Mütter in der Schwangerschaft das Medikament eingenommen hatten, mit Fehlbildungen zur Welt. Zumeist hatten sie verkürzte Arme oder Beine oder andere Beeinträchtigungen, die sich oft lebensverkürzend auswirkten. Erst 1961 wurde der Zusammenhang zwischen dem Contergan-Wirkstoff Thalidomid und den Behinderungen von Neugeborenen nachgewiesen. Am 27. November 1961 wurde Contergan vom Markt genommen.

Obwohl das unheilvolle Medikament lange vor Elisabeth Schwarzhaupts Zeit als Ministerin auf den Markt gekommen war, wurde sie nun in der Öffentlichkeit für den Skandal verantwortlich gemacht. Da die Situation im Nachhinein nicht mehr zu ändern war und die betroffenen Kinder mit irreversiblen Schäden leben mussten, setzte sich Schwarzhaupt mit aller Kraft dafür ein, ihnen rasch Hilfe anzubieten. Da ihr Ministerium zunächst über keinen eigenen Etat verfügte, gestaltete sich dies sehr schwierig.

Gleichzeitig machte sich die Juristin Elisabeth Schwarzhaupt an die Reform eines existierenden bzw. den Entwurf eines neuen Gesetzes: Sie sorgte dafür, das Arzneimittelgesetz dahingehend zu verändern, dass Medikamente bereits vor der Zulassung streng auf mögliche vorgeburtliche Schädigungen geprüft werden mussten. Und da die Contergan-Herstellerfirma völlig unreglementiert für das gefährliche Medikament werben durfte, brachte Schwarzhaupt das Arzneimittelwerbegesetz auf den Weg – beides Meilensteine der bundesdeutschen Gesundheitspolitik.

Das neue (und kleine) Ministerium war aber nicht nur für die Gesundheit von Menschen zuständig, sondern mit der Veterinärmedizin auch für die Tiergesundheit und den Schutz der Verbraucher:innen. Auch hier erwarb sich Elisabeth Schwarzhaupt bleibende Verdienste, indem sie etwa das Mindesthaltbarkeitsdatum bei Lebensmitteln und die Pflicht zur Angabe von Zusatzstoffen bei verpackten Lebensmitteln einführte.

Neben Gesundheitsfragen fielen dem neuen Ministerium auch Umweltschutz-Aufgaben zu, die Elisabeth Schwarzhaupt explizit eingefordert hatte. Zu Beginn der 1960er Jahre war Umweltschutz noch ein neues Thema, mit dem die Unionsparteien durchaus fremdelten. Entsprechende Aktivitäten waren jedoch dringend nötig, da in der jungen Bundesrepublik Schadstoffe aus der Industrie ungehindert und ohne Rücksicht auf die Gesundheit der Bürger:innen in Luft, Gewässer und Natur geleitet wurden und großen Schaden anrichteten. Weil Gesundheitspolitik für die Ministerin auch Umweltpolitik war, brachte sie gegen alle Widerstände Maßnahmen und Gesetze auf den Weg, die zu nachhaltigen Verbesserungen führten. Schwarzhaupt verbot etwa Substanzen in Waschmitteln, die in Kläranlagen nicht abbaubar waren, ließ Verkehrslärm einheitlich in Dezibel messen und sorgte mit der „TA Luft“ (Technische Anleitung Luft) für erste Anfänge im Emissionsschutz. Pionierinnenmäßig nutzte die Ministerin bereits in den frühen 1960er Jahren ein Katalysator-Fahrzeug als Dienstwagen.

Nach der Bundestagswahl 1965 hatte Elisabeth Schwarzhaupt die Bereitschaft signalisiert, ihr Amt im Rahmen der Koalitionsverhandlungen von CDU/CSU und FDP abzugeben. Einer der Gründe dafür waren die Kommunikations- und Umgangsformen im Kabinett, die der einzigen Ministerin nicht zusagten. Dies rief jedoch erneute Proteste bei den CDU-Frauen auf den Plan, die ein Kabinett ohne weibliche Beteiligung nicht hinnehmen wollten. So behielt Schwarzhaupt – nun unter Bundeskanzler Ludwig Erhard – ihren Ministerinnen-Posten bis die FDP 1966 die Koalition mit der CDU aufkündigte.

In der folgenden großen Koalition ab 1966 machte sich die SPD für die Sozialdemokratin Käte Strobel als Ministerin – und für ein weiteres Ministerium unter Leitung einer Frau – stark. Letzteres war aber offensichtlich mit dem Koalitionspartner CDU/CSU nicht zu machen. Überraschend (und möglicherweise auch kränkend) für Elisabeth Schwarzhaupt war es, dass der neue Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger (CDU) das Gesundheitsministerin Käte Strobel zusprach, obwohl er Schwarzhaupt wenige Tage zuvor noch zugesichert hatte, sie könne ihr Ministerinnen-Amt behalten. Es ehrt Elisabeth Schwarzhaupt, dass sie Käte Strobel dennoch als würdige Nachfolgerin ansah.

Elisabeth Schwarzhaupt war letztlich in vier Regierungen und unter zwei Bundeskanzlern Gesundheitsministerin und dabei auch für die zukunftsweisenden Themen Verbraucher- und Umweltschutz zuständig.

In ihrer Rolle als nun mehr wieder ‚einfache’ Bundestagsabgeordnete widmete Schwarzhaupt sich der Reform des Nichtehelichenrechts. Als Vorsitzende des Unterausschusses, der sich mit dem Thema beschäftigte, zeichnete sie mitverantwortlich für das „Gesetz über die rechtliche Stellung der nichtehelichen Kinder“, das ab 1970 nichteheliche Kinder etwa bei Unterhalts- und Erban-sprüchen ehelichen Kindern gleichstellte.

1968 hatte die inzwischen 67jährige Elisabeth Schwarzhaupt angekündigt, nicht erneut für ein Bundestagsmandat kandidieren zu wollen. Als sie 1969 aus dem Deutschen Bundestag ausschied, würdigte sie der damalige CDU-Fraktionsvorsitzende Reiner Barzel die Politikerin mit folgenden Worten:

Wir haben uns mit Ihnen stets auf dem richtigen Weg gewusst, der nicht in noch mehr Vermännlichung, sondern in die Vermenschlichung von Staat und Gesellschaft hinein-führt.“
(Reiner Barzel 1969 in der Laudatio anlässlich des Ausscheidens von Elisabeth Schwarz-haupt aus dem Bundestag, zit. n. Drummer/Zwilling 2001, S.103)

„Vermenschlicht“ hat die Juristin und Politikerin Elisabeth Schwarzhaupt sicher so manche Handlungsfelder und Ämter, die sie – oft als erste und lange Zeit einzige Frau – innehatte.

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Erst im Juli 1958 tritt nach heftigen Auseinandersetzungen im Bundestag das sogenannte Gleichberechtigungsgesetz in Kraft, das einige positive Veränderungen im Ehe- und Familienrecht auf den Weg bringt: Es macht Schluss mit dem alleinigen Entscheidungsrecht des Ehemannes und erkennt die Familienarbeit von Ehefrauen gegenüber der Erwerbstätigkeit ihrer Partner rechtlich als gleichwertig an. Allerdings bekräftigt das Gesetz das traditionelle Leitbild der „Hausfrauenehe“.

Gerade in Fragen des Familienrechts bedarf es auch in den Folgejahren oft erst der „Nachhilfe" durch das Bundesverfassungsgericht, um den gesetzlich formulierten Anspruch auf Gleichberechtigung umzusetzen.

Im Januar 1957 erklärt das höchste deutsche Gericht etwa die Zusammenveranlagung von Ehepaaren im Steuerrecht in der damaligen Fassung für verfassungswidrig. Die erwerbswirtschaftliche Tätigkeit der Frau – so das Urteil – „von vornherein als ehezerstörend zu werten“, widerspreche nicht nur dem Grundsatz und Wortlaut von Art. 3 Abs. 2 Grundgesetz.

„Zur Gleichberechtigung der Frau gehört, dass sie die Möglichkeit hat, mit gleichen rechtlichen Chancen marktwirtschaftliches Einkommen zu erzielen wie jeder männliche Staatsbürger“ – so eine Passage des dank Erna Scheffler zustande gekommenen Urteils.
(Urteil BVerfG vom 17.1.1957, zit. n. Maurer 2018).

Die bisherige Rechtsprechung mit der verpflichtenden Zusammenveranlagung von Eheleuten hat deren Freiheit bei der Gestaltung ihres Privatlebens stark eingeschränkt. Das Ziel der Zusammenveranlagung, erwerbstätige Ehefrauen „ins Haus zurückzuführen“, entspreche „einer bestimmten Vorstellung von der besten Art der Ehegestaltung“, so die Urteilsbegründung. Das Gebot des Schutzes von Ehe und Familie gelte aber für jede Ehe und Familie und nicht nur für solche mit erwerbstätigem Ehemann und nichterwerbstätiger Ehefrau (ebd.).    

Zunehmend gelingt es Erna Scheffler, ihre Überzeugungen in die Rechtsprechung des obersten deutschen Gerichtes einzubringen. Allerdings existieren bei der Umsetzung der Gleichberechtigung immer noch große juristische „Baustellen" – so besteht das BGB immer noch auf der alleinigen Vertretungsmacht und Entscheidungsgewalt des Ehemannes und Vaters und dessen Recht, über eine Erwerbstätigkeit seiner Partnerin zu entscheiden.

Tragisch, wenn nicht lächerlich“ nennt Erna Scheffler vor diesem Hintergrund die Bezeichnung „Gleichberechtigungsgesetz“ (zit. n. Darnstädt 2018).

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Nach der Politik

Nach ihrem Abschied aus der Bundespolitik engagierte sich Elisabeth Schwarzhaupt intensiver im CDU-Stadtbezirksverband Frankfurt-Eschersheim und übernahm mehrere politische Ehrenämter: Sie war Mitglied im Ältestenrat der CDU, der jüngere aktive Politiker:innen beriet, in der Eherechtskommission des Justizministeriums, hatte den stellvertretenden Vorsitz im Bundesarbeitskreis Christlich Demokratischer Juristen inne und engagierte sich weiterhin im Evangelischen Arbeitskreis der CDU/CSU. Nicht zuletzt war Schwarzhaupt im Vorstand der CDU-Bundesvereinigung der Frauen (der späteren Frauen-Union) aktiv. Außerhalb ihrer Partei arbeitete Schwarzhaupt von 1968 bis 1970) als zweite und von 1970 bis 1974 als erste Vorsitzende des Deutschen Akademikerinnenbundes, als Präsidentin des Deutschen Frauenrates (1970-1972) sowie im Vorstand des Evangelischen Frauenbundes.

Ich habe von einer Zukunft geträumt, in der Frauen selbstverständlich als Menschen mit bestimmten Fähigkeiten und Kenntnissen neben Männern arbeiten und diskutieren könnten, ohne daß man von ihnen immer wieder eine besondere Stellungnahem in der Eigenschaft als Frau erwartete. Von dieser Selbstverständlichkeit träume ich noch.“
(Elisabeth Schwarzhaupt zit. n. Drummer/Zwilling 2001, S. 14)

1966 wurde Elisabeth Schwarzhaupt anlässlich ihres 65. Geburtstages – wiederum als erste Frau – mit dem Großkreuz des Bundesverdienstordens gewürdigt,

Ab den späten 1970er Jahren zog sich Elisabeth Schwarzhaupt nach und nach aus ihren Aktivitäten in den verschiedenen Verbänden zurück. Sie widmete sich nun ihrer Leidenschaft für Literatur und Musik sowie den zahlreichen Korrespondenzen, die sie über die ganze Welt verteilt unterhielt. Aufgrund einer Augenerkrankung musste sie allerdings auch darauf schließlich verzichten.

Am 29. Oktober 1986 starb Elisabeth Schwarzhaupt im Alter von 85 Jahren in Frankfurt/Main. Ihr Grab auf dem Frankfurter Hauptfriedhof wurde als Ehrengrab ausgezeichnet.

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Wie an Elisabeth Schwarzhaupt erinnert wird

Wie bei so vielen Frauen, die Wichtiges für die Gesellschaft geleistet haben, fällt auch das Gedenken an Elisabeth Schwarzhaupt überaus mager aus. Zwar hatte die Politikerin während ihrer aktiven Zeit mehrere bedeutende Posten inne, immer war es ihr dabei aber wichtiger, ihren Einfluss zu nutzen, um politische Herzensangelegenheiten voranzubringen als ihre eigene Karriere zu befördern. Und so fällt sie bis heute häufig ‚unter den Tisch‘, wenn an die Pionierinnen der Frauenpolitik erinnert wird. Erst langsam erfährt die Tatsache, dass Elisabeth Schwarzhaupt die Tür für Frauen ins Bundeskabinett geöffnet hat – die sich seitdem nicht mehr geschlossen hat – öffentliche Bekanntheit.
1997 nahm die Deutsche Post Elisabeth Schwarzhaupts Porträt in die Briefmarkenserie „Frauen in der deutschen Geschichte“ auf.

In Mainz und Bonn wurden Straßen nach Elisabeth Schwarzhaupt benannt und ihre Heimatstadt Frankfurt würdigte sie mit der „Elisabeth-Schwarzhaupt-Anlage“, einer Grünanlage im Stadtteil Dornbusch. In Berlin Mitte wurde ein kleiner Platz in der Nähe des Nordbahnhofs nach Elisabeth Schwarzhaupt benannt.

Die von ihrer Großnichte Dorothea Schwarzhaupt-Scholz gegründete Elisabeth Schwarzhaupt Stiftung erinnert an das politische und gesellschaftliche Engagement der Namensgeberin und fühlt sich deren Vision von Gleichberechtigung verpflichtet: Schwerpunkt der Stiftungsarbeit ist die Chancengleichheit von Frauen und Männern.

Insgesamt steht die Würdigung der aufrechten Pionierin Elisabeth Schwarzhaupt innerhalb ihrer Partei wie auch in der Gesellschaft in keinem Verhältnis zu ihren Verdiensten für die Bundesrepublik. Die CDU-Politikerin und erste Präsidentin des Berliner Abgeordnetenhauses Hanna-Renate Laurien ärgert sich dann auch in ihrer Elisabeth-Schwarzhaupt-Biografie:

Ich habe leider nicht feststellen können, dass man, von dem großen Bonner Empfang aus Anlass ihres 85.Geburtsgas abgesehen, sich in der Gesellschaft und auch in der CDU bewusst war und ist, was sie für unser Land geleistet hat.“
(Hanna Renate Laurien, 1999, zit. n. Ille 2020, S. 35)

Die spätere Bundeskanzlerin Angela Merkel erkannte dies bereits in ihrer Zeit als CDU-Generalsekretärin:

Die moderne Frauen- und Familienpolitik der CDU baut auf den Errungenschaften von Elisabeth Schwarzhaupt auf, die während ihrer gesamten Mitgliedschaft im Bundestag energisch und erfolgreich für die Interessen von Frauen und Familien kämpfte.“
(Angela Merkel, zit. n. Ille 2020, S. 37)

Höchste Zeit also, sich dieser wichtigen Vorkämpferin zu erinnern.

 

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Autorinnen: Annick Poirot und Beate Dörr | Aufbereitung für das Netz: Internetredaktion der LpB (Stand: Januar 2022)

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Literatur, Retro-Filme und Links

Literatur:

  • Drummer, Heike/ Zwilling, Jutta (2001): Elisabeth Schwarzhaupt. Eine Biografie,
    in: Hessische Landesregierung (Hrsg.): Elisabeth Schwarzhaupt. Freiburg im Breisgau, S.14-115.
  • Ille, Harald (2003): Elisabeth Schwarzhaupt als Bundesgesundheitsministerin (1961-1966).
    Wissenschaftliche Hausarbeit zur Erlangung des Magistergrades am Historischen Institut der Justus-Liebig-Universität Frankfurt
  • Ille, Harald (2020): Die Türöffnerin. Die erste Bundesministerin,
    in: CIVS 02-2020, Frauen an den Start, S. 30-33
  • Körner, Torsten (2020): Männer, beunruhigt euch! Warum die Zukunft der Politik über Frauen führen muss,
    in: CIVS 02-2020, Frauen an den Start, S. 34-37
  • Laurien, Hanna-Renate (1999): Elisabeth Schwarzhaupt (1901-1986),
    in: Hans Sakrowicz (Hrsg.): Sie prägten Deutschland. München, S.69-83.
  • Marquardt, Regine (1999): Das Ja zur Politik. Frauen im Deutschen Bundestag (1949-1961).
    Ausgewählte Biographien. Opladen (Schwarzhaupts Biographie findet sich auf den Seiten 143-173).
  • Die Zeit, 8.12.1961: Der Start der Frau Ministerin.
    Dr. Elisabeth Schwarzhaupt: "Wenn man mir etwas wegnehmen will, raufe ich gern",

Medien: Retro-Filme:

#BR24Zeitreise: "Frau Minister" Schwarzhaupt (Von Sabine Ambros)
Als Gesundheitsministerin übergibt sie 1966 das Hospitalschiff Helgoland an das DRK, um im Vietnamkrieg medizinische Hilfe zu leisten.
www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/br24zeitreise-frau-minister-schwarzhaupt,SoYScNt?UTM_Name=Web-Share&UTM_Source=Link&UTM_Medium=Link

Bundestagung Wasserwirtschaft mit Ministerin Schwarzhaupt in Baden-Baden
31.03.1962 ? SWR Retro - Abendschau – SWR
Anlässlich der Bundestagung "Wasserwirtschaft" in Baden-Baden äußert sich Elisabeth Schwarzhaupt, Bundesministerin für Gesundheitswesen, zur zunehmenden Verschmutzung von Flüssen.
www.ardmediathek.de/video/swr-retro-abendschau/bundestagung-wasserwirtschaft-mit-ministerin-schwarzhaupt-in-baden-baden/swr

Frau Ministerin Schwarzhaupt
07.08.1962 ? SWR Retro - Abendschau – SWR
Bundesgesundheitsministerin Elisabeth Schwarzhaupt zum Thema Medikamentenkontrolle und Vermeidung von Risiken.
www.ardmediathek.de/video/swr-retro-abendschau/frau-ministerin-schwarzhaupt/swr

Bundesministerin Elisabeth Schwarzhaupt in Berlin
16.11.1961 ? rbb Retro - Berliner Abendschau – rbb Fernsehen. Das "Abendschau"-Studio im Deutschlandhaus 1959 (Quelle: rbb)
Die Bundesministerin für Gesundheit, Elisabeth Schwarzhaupt, besuchte im November 1961 als erstes Mitglied des neuen Bundeskabinetts die Berliner Mauer.
www.ardmediathek.de/video/rbb-retro-berliner-abendschau/bundesministerin-elisabeth-schwarzhaupt-in-berlin/rbb-fernsehen


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