Was ist ein Rechtsstaat?

Das Rechtsstaatsprinzip

Die Bundesrepublik Deutschland ist ein Rechtsstaat. Aber was bedeutet das? Diese Seite erklärt das Rechtsstaatsprinzip und die Merkmale eines Rechtsstaats. Sie geht auch der Frage nach, was eigentlich das Gegenteil eines Rechtsstaats ist. 
 

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Was ist ein Rechtsstaat?

Abgeordnete in den Parlamenten, Mitarbeitende im Polizeidienst oder Richterinnen und Richter können in unserem Rechtsstaat nicht tun, was sie wollen. Sie müssen sich an die Vorgaben halten, die ihnen das Recht macht.

Mit dem Begriff „Recht“ sind in diesem Fall die Gesetze gemeint, die in Deutschland gelten. Besonders wichtig ist das Grundgesetz, das unsere Staatsform definiert und allen Menschen in Deutschland ihre Grundrechte zusichert. Weitere Informationen zum Grundgesetz und den Grundrechten sind hier gesammelt. Auch das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) oder das Strafgesetzbuch (StGB) sind relevant, aber es gibt natürlich noch viele weitere Gesetze, die in Deutschland gelten. 

Alle müssen sich in einem Rechtsstaat darauf verlassen können, dass die geltenden Gesetze vom Staat und von anderen Mitbürgern eingehalten werden. Alle wissen, welche Rechte und welche Pflichten jede und jeder hat. Das ist vergleichbar mit einem Vertrag. Beide Seiten, also der Staat und seine Bürgerinnen und Bürger, müssen den Vertrag, also das Gesetz, beachten und einhalten. Ein Rechtsstaat ist demnach ein Staat, in dem man sich auf die Gesetze und deren Einhaltung verlassen kann.

Ein Rechtsstaat erkennt außerdem die Menschenwürde und das Selbstbestimmungsrecht der Bürgerinnen und Bürger an. Er garantiert die Grundrechte sowie die Freiheit aller. Jede Freiheitseinschränkung des Menschen braucht eine rechtliche Begründung. Die Menschen sind in einem Rechtsstaat zum Beispiel vor willkürlicher Verhaftung geschützt.

Zusammengefasst bedeutet das: 
Das Rechtsstaatsprinzip bindet die Staatsgewalt an das geltende Recht. Es schützt und sichert dadurch die Freiheit der Bürgerinnen und Bürger vor Eingriffen des Staates.

 

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Merkmale eines Rechtsstaats

„Wo steht, dass der Staat das darf?“

Die beiden wichtigsten Merkmale eines Rechtsstaats sind die Rechtssicherheit und Rechtsgleichheit:

  • Rechtssicherheit:
    Alle staatlichen Maßnahmen brauchen eine Grundlage. Das lässt sich gut mit der Frage ausdrücken: „Wo steht, dass der Staat das darf?“  Die Gesetzgebung ist dabei an die Verfassung gebunden. Verwaltung und Justiz sind an Recht und Gesetz gebunden. Das dient dem Schutz vor staatlicher Willkür. Die Grundrechte sind garantiert und die Verfassung sichert die staatliche Ordnung.
     
  • Rechtsgleichheit
    Das Rechtsstaatsprinzip besagt auch, dass für alle Bürgerinnen und Bürger die gleichen Gesetze gelten und sie vor Gericht auch gleich behandelt werden (Art. 3 GG).

Weitere Merkmale sind:

  • Rechtskontrolle:
    Allen steht der Rechtsweg offen. Jede und jeder kann vor Gericht ziehen, aber nicht nur gegen andere Menschen oder Unternehmen. Es muss in einem Rechtsstaat auch die Möglichkeit geben, das Handeln des Staates überprüfen zu lassen. Art. 19 Abs. 4 GG bestimmt: „Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen.“ Das bedeutet, dass man in einem Rechtsstaat auch gegen den Staat klagen können muss. Unabhängige Gerichte wachen in einem Rechtsstaat über die Einhaltung der Gesetze.
  • Gewaltenteilung:
    Die gesetzgebende Gewalt (z. B. das Parlament), die ausführende Gewalt (die Regierung) und die richterliche Gewalt (z. B. das Verfassungsgericht) werden von unterschiedlichen Menschen ausgeübt. 
  • Freiheitssicherung
    Die Bürgerschaft hat bestimmte Rechte, die ihr niemand nehmen kann. Eine Freiheitsbegrenzung ist nur ausnahmsweise durch Gesetz möglich. Die Grund- und Menschenrechte sind Abwehrrechte gegen staatliche Willkür und schützen die Privatperson. In bestimmte private Bereiche darf sich der Staat nicht einmischen. Grundrechte sichern dadurch den Freiraum vor dem Staat, aber auch gegenüber anderen Bürgerinnen und Bürgern. 

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Was ist das Gegenteil eines Rechtsstaats?

Das Gegenteil eines Rechtsstaats ist ein Unrechtsstaat? Wir wissen aus unserer eigenen historischen Erfahrung, was ein Unrechtsstaat bedeutet. Die NS-Willkürherrschaft war das genaue Gegenteil eines Rechtsstaats. Auch das Regime in der DDR trat viele rechtsstaatliche Grundsätze mit Füßen.


Weitere Informationen: www.ddr-im-unterricht.de


Der Rechtsstaatsbegriff hat sich aus der Abgrenzung zu willkürlich handelnden Staaten, Diktaturen oder Polizeistaaten heraus entwickelt, die das Gegenteil eines Rechtsstaats sind. Diktaturen und Polizeistaaten stellen Staats- und Machtinteressen an erste Stelle, ohne sich an Gesetze zu halten – oder ändern diese nach ihrem Gutdünken. Gesetze, die den Einzelnen vor der Willkür des Staats schützen, gibt es in einer Diktatur nicht.

Was bedeutet eigentlich der Begriff „Willkür“? Das lässt sich gut an einem Beispiel erklären. Willkür ist, wenn jemand ohne Begründung oder richterlichen Beschluss verhaftet und ins Gefängnis gesteckt wird – ohne zu wissen warum oder ohne überhaupt etwas Falsches getan zu haben. Willkür wäre auch, wenn ein Gericht jemanden härter bestraft, weil er einen roten Pulli anhat und die Richter diese Farbe nicht mögen. Willkür ist also ein Handeln ohne gesetzliche Grundlage oder einen sachlichen Grund. Wenn die Staatsmacht wie beispielsweise Polizei oder Gerichte willkürlich handelt, können sich die Menschen nicht darauf verlassen, dass ihre Rechte geschützt werden. 

In einem Rechtsstaat geht man davon aus, dass alles, was nicht verboten ist, erlaubt ist. Ein Polizeistaat oder eine Diktatur geht eher von dem Prinzip aus, dass alles, was nicht erlaubt ist, verboten ist.

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Ist ein Rechtsstaat automatisch eine Demokratie?

In der Bundesrepublik fallen Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zwar zusammen, aber es kann auch Rechtsstaaten ohne Demokratie geben, zum Beispiel eine rechtsstaatliche Monarchie.

Anders herum ist das schwerer vorstellbar. Funktioniert eine Demokratie ohne Rechtsstaatlichkeit? Auf dieser Seite sind die Merkmale einer Demokratie aufgelistet. Einige Merkmale zwischen einer Demokratie und einem Rechtsstaat ähneln sich, wie beispielsweise das Prinzip der Gewaltenteilung. Auch das Rechtsstaatsprinzip gehört zu den Merkmalen einer Demokratie. Warum ist das so? Demokratie kennzeichnet sich durch die Macht des Volkes. Dazu muss dem Volk dieses demokratische Recht der Mitbestimmung allerdings langfristig garantiert sein. Einfacher gesagt: Eine Demokratie braucht Rechtsstaatlichkeit.

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Rechtsstaat und Demokratie in der Bundesrepublik Deutschland

Hintergrund: Das Rechtsstaatsprinzip im Grundgesetz

Einschlägige Bestimmungen des Grundgesetzes, die den Rechtsstaat garantieren sollen:

  • Art. 1 Abs. 3: Bindung aller staatlichen Gewalt an die Grundrechte als unmittelbar geltendes Recht
  • Art. 20 Abs. 3: Bindung des Gesetzgebers an die Verfassung
  • Art. 3: Rechtsgleichheit
  • Art. 19 Abs. 4: Rechtswegegarantie
  • Art. 20 Abs. 2: Gewaltenteilung
  • Art. 20 Abs. 3: Verwaltung und Rechtsprechung sind an Recht und Gesetz gebunden
  • Art. 19 Abs. 4: Verwaltungsgerichtsbarkeit
  • Rechtssicherheit findet in folgenden Artikeln Ausdruck:
    · Art. 97: Unabhängigkeit der Richter
    · Art. 101: Verbot von Ausnahmegerichten
    · Art. 103 Abs. 2: Keine Strafe ohne Gesetz
    · Art. 103 Abs. 3: Bestrafung einer Tat nur ein einziges Mal
    · Art. 23 Abs. 1: Rechtsstaatliche Mitwirkung an der Europäischen Union

Nach Art. 79 Abs. 3 GG gehört das Rechtsstaatsprinzip zum Wesensgehalt des Grundgesetzes. Es kann auch nicht durch eine verfassungsändernde Zweidrittelmehrheit aus den Angeln gehoben werden.

Aber welches Prinzip ist denn nun wichtiger in Deutschland: Demokratie oder Rechtsstaat? Grundsätzlich stehen beide Prinzipien gleichwertig nebeneinander. Doch die Frage ist nicht unberechtigt. Denn das Bundesverfassungsgericht kann demokratisch zustande gekommene und in Gesetze gegossene Entscheidungen wieder rückgängig machen. Die Richterinnen und Richter müssen sich dafür vor niemandem verantworten. Es gibt also durchaus Argumente dafür zu sagen: Das Rechtsstaatsprinzip ist das Sicherheitsnetz der Demokratie. 

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Rechtsstaat und Demokratie in Osteuropa

Demokratie und Pressefreiheit in manchen östlichen EU-Ländern sind in den vergangenen Jahren immer stärker in den Fokus der Öffentlichkeit geraten. Dabei standen Ungarn und Polen im Mittelpunkt des Interesses. Aber auch in weiteren Ländern wie Bulgarien und Rumänien sind Demokratie und Rechtsstaat zunehmend bedroht. Hier findet sich eine ausführliche Analyse über die Lage von Rechtsstaatlichleit und Demokratie in Polen, Ungarn und Bulgarien.

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Letzte Aktualisierung: Juli 2023, Internetredaktion LpB BW

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